Erythrozytenindizes sind ein wesentlicher Bestandteil des Blutbefundes zur Differenzialdiagnostik einer Anämie. Nach Kriterien der WHO ist eine Anämie für Männer, Frauen und Schwangere mit den Hämoglobin-Grenzwerten < 13 g/dl, < 12 g/dl und < 11 g/dl definiert. Die absolute Zahl der Erythrozyten wird dabei nicht berücksichtigt. Interessant ist, dass der Hämoglobingehalt einer Probe von Messung zu Messung nur sehr geringen Schwankungen unterliegt. Zur Plausibilitätskontrolle kann man überschlagsmäßig die Dreier-Regel anwenden: die Erythrozytenzahl in Millionen pro Mikroliter × 3 sollte annähernd dem Hämoglobinwert in g/dl entsprechen, der Hämoglobinwert × 3 sollte annähernd dem Hämatokritwert in % entsprechen. Der Hämatokrit wird zwar meist in l/l angegeben, kann aber durch Multiplikation × 100 leicht in % umgerechnet werden.
Die häufigste Form der Anämie ist die Eisenmangel-Anämie. Sie kann durch Feststellung eines verminderten Ferritin-Wertes bestätigt werden. Ein normaler beziehungsweise erhöhter Ferritinwert schließt eine Eisenmangelanämie jedoch nicht aus. Ferritin ist ein Akute-Phase-Protein und kann beispielsweise im Rahmen von entzündlichen Erkrankungen erhöht sein. Der lösliche Transferrinrezeptor kann bei der Diagnose weiterhelfen, da er bei Eisenmangelanämien in der Regel erhöht ist.
Eine weitere Form der mikrozytären Anämie ist das meist in heterozygoter Form vorliegende Thalassämie-Syndrom. Es finden sich hier erhöhte Erythrozytenzahlen mit gesenktem MCV. Ferritin und der lösliche Transferrinrezeptor sind meist im Normbereich. Der sogenannte Mentzer-Index kann hier einen Anhaltspunkt liefern und orientierend zwischen einer Eisenmangelanämie und einem Thalassämie-Syndrom unterscheiden. Er berechnet sich aus MCV (in fl) geteilt durch die Erythrozytenzahl (in Millionen pro Mikroliter). Mentzer-Index-Werte größer 13 sprechen für eine Eisenmangel-Anämie, Werte von kleiner 13 für ein Thalassämie-Syndrom.
Makrozytäre Anämien (MCV erhöht) sind meist durch einen Vitamin-B12– oder Folsäuremangel bedingt. Ein Vitamin-B12-Mangel kann sich bei vegetarischer oder veganer Diät manifestieren oder Ausdruck einer Malabsorption beziehungsweise einer perniziösen Anämie sein. Dabei kommt es im Magen zu einer gestörten Produktion des Intrinsic Factor aufgrund der Anwesenheit von Autoantikörpern. Alkoholismus und Zöliakie sind weitere Ursachen für einen Folsäuremangel. Dabei ist zu beachten, dass ein Folsäuremangel in weiterer Folge zu einem Vitamin-B12-Mangel führen kann. In diesem Fall ist die alleinige Substitution von Vitamin B12 nicht ausreichend und daher die kombinierte Gabe von Vitamin B12 und Folsäure empfehlenswert.
Die MCHC (mittlere korpuskuläre Hämoglobinkonzentration) ist ein errechneter Wert und beschreibt die Konzentration des Hämoglobins in den Erythrozyten. Da die MCHC ein sehr stabiler Wert ist und bis auf seltene Ausnahmen (z. B. Verminderung bei schwerer Eisenmangel-Anämie, Erhöhung bei hereditärer Sphärozytose) kaum Veränderungen zeigt, kann die MCHC als Plausibilitätskontrolle für die Messung verwendet werden. Falsch hohe MCHC-Werte können beim Vorhandensein von Kälteagglutininen vorliegen; diese Werte normalisieren sich jedoch nach Anwärmen der Blutprobe auf etwa 37 Grad Celsius im Labor.
Bei der Beurteilung von Leukozytosen ist neben der absoluten Zellzahl auch das Alter von Patient:innen wichtig. Lymphatische Leukozytosen bei Patient:innen über 50 Jahre sind meist klonal bedingt. Dabei ist eine absolute Erhöhung der Lymphozytenzahl über 5.000 pro Mikroliter zumindest verdächtig auf eine Erkrankung des lymphatischen Systems und sollte im Verlauf kontrolliert werden. Hinweise auf eine reaktive versus neoplastische Leukozytose können sein: ein erhöhtes CRP, ein viraler Infekt oder regelmäßiger Zigarettenkonsum (neutrophile Leukozytose).
Die Thrombozytose kann oft (sekundär) als Folge einer Anämie entstehen. Ursächlich ist hier eine kompensatorische Steigerung der Erythropoese, die sich auch auf eine gesteigerte Proliferation der Blutplättchen auswirkt. Daneben können auch Entzündungen oder Operationen als Ursache einer reaktiven (sekundären) Thrombozytose vorkommen.
Bei andauernden sehr hohen Plättchenzahlen von über 800.000 pro Mikroliter kann als Ursache eine myeloproliferative Neoplasie, zum Beispiel eine Polycythaemia vera, oder eine essenzielle Thrombozythämie vorliegen.
Die Gamma GT (GGT) ist ein empfindlicher Marker für Zellschäden des Leberparenchyms. Zusammen mit der AST, ALT und der alkalischen Phosphatase (AP) zählt sie zu den wichtigsten Markern in der Labordiagnostik von Lebererkrankungen. Die isolierte Erhöhung der GGT stellt immer wieder Probleme in der Abklärung dar. Seltenere Ursachen wie eine primär biliäre Zirrhose können mittels antimitochondrialer Antikörper (AMA) gesucht werden. Eine Zöliakie, die sich durch die Bestimmung der Transglutaminase beziehungsweise Gliadin-Antikörper ausschließen lässt, kann auch zu isoliert erhöhten GGT-Werten führen. Weiters kann eine isolierte GGT-Erhöhung durch einen Alpha-1-Antitrypsin-Mangel oder im Rahmen von Morbus Wilson (Diagnose mittels Coeruloplasmin-Bestimmung und Kupferausscheidung im Harn) bedingt sein.
Kreatinin ist eine physiologisch vorkommende Substanz, die in der Muskulatur gebildet wird. Da es sehr gleichmäßig anfällt und renal eliminiert wird, ist es ein bevorzugter Marker zur Überwachung der Nierenfunktion. Dies ist bedeutsam für die Anpassung von Medikamenten, da eine Vielzahl von Substanzen bei eingeschränkter Nierenfunktion nicht oder nur dosisreduziert gegeben werden dürfen.
Thrombozytosen
Thrombozytosen sind oft Folgeerscheinungen von Anämien und können mit einer Hyperkaliämie verbunden sein. Bei dieser (Pseudo-)Hyperkaliämie wird Kalium während der physiologischen Gerinnung in vitro (im Probenröhrchen) aus den Plättchen in das Serum abgegeben und der Laborwert so fälschlicherweise erhöht.