Univ.-Prof. Dr. Bernhard Schwarz, Präsident der Karl Landsteiner Gesellschaft und Leiter des Instituts für Gesundheitsökonomie, erklärte in seiner Einleitung: „Wir können bei Long COVID von einer hohen Prävalenz ausgehen mit entsprechenden Produktivitätsverlusten. Daher braucht es Maßnahmen wie bei anderen chronischen Erkrankungen, einschließlich Wiedereingliederungsmanagement.“Anschließend widmete sich a. o. Univ.-Prof.in Dr.in Marion Rauner, Fakultät für Wirtschaftswissenschaften, Universität Wien, in ihrem Impulsreferat den Public-Health-Herausforderungen, die durch Long COVID sowie durch die Energie- und Wirtschaftskrise entstehen. Sie betonte, dass es dringend notwendig sei, das Gesundheitssystem resilient zu gestalten.
Mag.a Karin Zajec vom Institut für psychosoziale Medizin, Psychotherapie und Kindheitsforschung betonte in ihrem Vortrag: „Im Zuge der Pandemie und vor dem Hintergrund multipler, gleichzeitig wirksamer Krisen zeigt sich eine deutliche Zunahme von psychiatrischen Belastungen von Kindern und Jugendlichen, u. a. äußert sich dies in depressiven Symptomen bis hin zu Selbstverletzungen und Suizidgedanken, Angstsymptomen, Schlaflosigkeit und gestörtem Essverhalten.“ Daher braucht es im Bereich der kinder- und jugendpsychiatrischen Versorgung einen Ausbau an stationären Betten und Tageskliniken sowie vermehrte Angebote im extramuralen Bereich inkl. Home-Treatment, so Zajec.
Prim. Univ.-Prof. Dr. Heinrich Resch, Institut für Gastroenterologie und Rheumatologie, erklärte, dass es bisher hinsichtlich Long und Post COVID (Definition siehe Kasten) nur Schätzungen gebe. Bei den COVID-Patient:innen ohne Hospitalisierung liege die Prävalenz für Long COVID zwischen 7,5 und 41 %, bei jenen mit Hospitalisierung bei 37,6 %, so Resch. Die Häufigkeit von gesundheitlichen Langzeitfolgen sei je nach Virusvariante unterschiedlich. „Die Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung eines Long/Post-COVID-Syndroms ist nach einer Infektion mit der Omikron-Variante nur etwa halb so hoch wie nach einer Infektion mit der Delta-Variante (4,5 % vs. 10,8 %). Bekannte Pathomechanismen seien: multifaktoriell, nicht bei allen Personen ident, langdauernde Gefäßschäden, Persistenz von Viren oder zumindest Virenbestandteilen, chronische (Hyper-/Auto-)Inflammation. „Das Behandlungskonzept muss individuell geplant werden, entsprechend den Ergebnissen der Abklärung und in Zusammenschau mit dem subjektiven Leidensdruck der Betroffenen“, so Resch. Dr. Stephan Szegedi, Institut für Prozessoptimierung und Qualitätsmanagement in der Katarakt-Chirurgie, fasste die Auswirkungen von COVID-19 auf das Auge zusammen: „Es kommt zu Entzündungen der Augenoberfläche im Sinne einer selbstlimitierenden Virus-Konjunktivitis, auch retinale Gefäßveränderungen sind möglich, die aber asymptomatisch verlaufen.“
Prim. Univ.-Prof. Dr. Mag. Eugen Trinka, FRCP, Institut für Neurorehabilitation und Raumfahrt-Neurologie, betonte, dass Long COVID eine Erkrankung des Gehirns sei und auch als solche betrachtet werden müsse. Er erklärte, dass ein Drittel der COVID-Pa-tient:innen neurologische Symptome aufweise und es zu massiven Entzündungsreaktionen im Zentralnervensystem kommen könne. „Bei Long COVID sei die diagnostische Einordnung oftmals schwierig – es gibt über 60 Symptome, die auftreten können“, so Trinka. Bei der Behandlung empfiehlt er eine symptomorientierte Therapie, da bisher keine spezifischen Behandlungsmöglichkeiten etabliert sind. Eine interdisziplinäre Abklärung und Behandlung ist laut Trinka notwendig.