Es ist schon verlockend: der Griff zum duftenden Kaffee oder zur silber-glänzenden Energydrink-Dose verheißt energiegeladene (beflügelte?) Glückseligkeit. Zumindest für ein paar Stunden. Und dann verlangt der Körper Zinsen für die kurzfristig bereitgestellte Extraleistung. Häufig fällt man einige Zeit nach dem Koffeinstoß in ein noch tieferes Loch als jenes, aus dem man sich mit Hilfe des Kaffee- oder Zuckersuds hochgezogen hat.
Wer häufig unter Energielosigkeit leidet, ist daher gut beraten, an der grundlegenden Energieproduktion seines Körpers zu schrauben. Und das erfolgt nicht mittels schnell aufputschender Stoffe wie Koffein oder Guaraná, sondern durch eine gute Pflege der Mitochondrien.
So ziemlich jede:r Mittelschulabsolvent:in kann mit dem Begriff „Mitochondrien“ etwas anfangen. „Klar, das sind die Kraftwerke der Zelle“, kommt bei den meisten ganz schnell als Antwort. Fragt man aber nach, wie dieses Kraftwerk betrieben wird, ist die Spontanantwortrate bereits dürftiger. Und wenn dann doch irgendwo der Begriff „ATP“ fällt, hat man in den meisten Fällen das Ende der Fahnenstange erreicht.
Und das ist schade. Die Mitochondrien hätten sich nämlich angesichts ihrer Wichtigkeit für unseren Organismus viel mehr Aufmerksamkeit seitens der Zellproduzenten verdient.
Die Medizin wiederum rückt aktuell die mitochondriale Medizin sehr in den Fokus. Spannend ist dabei bereits die Genese der Energielieferanten. Die aktuell präferierte Theorie besagt nämlich, dass die Körperzellbestandteile aus Bakterien hervorgingen, die eine Symbiose mit Eukaryoten eingegangen sind („Endosymbiontentheorie“). Sie besitzen eine eigene ATP-Produktion, sind aber nicht alleine lebensfähig.
In Organen mit besonders hohem Energiebedarf ist die Zahl der Mitochondrien auch besonders groß. Die meisten finden wir in Muskelzellen, Nervenzellen, Sinneszellen und Herzmuskelzellen. Sie erreichen dort einen Volumenanteil von 36 %. Die Anzahl der Mitochondrien je Zelle variiert zwischen 1.000 und 6.000.
Für die Energiegewinnung werden Kohlehydrate (Zucker) und Fettsäuren im Citratzyklus zu den Metaboliten NADH und FADH umgebaut. Diese wiederum werden in der Atmungskette unter Einfluss von Sauerstoff zu ATP verbrannt. Man erinnert sich dunkel (vermutlich noch aus dem Studium) an den Begriff „oxidative Phosphorylierung“.
That’s where the magic happens.
Aber jeder gute Zauberer braucht für seine Transformationen Zaubersalz. Für unseren Körper sind das eine ganze Liste an Kofaktoren, die für die ATP-Gewinnung unumgänglich sind: Vitamin B1 (Thiamin), Vitamin B2 (Riboflavin), Vitamin B3 (Niacin), Vitamin B12 (Cobalamin), Kalzium, Magnesium, Coenzym-Q10 (Q10), Vitamin D, Chrom, Eisen, Kupfer, Selen und Zink sowie die Aminosäuren Carnitin, Glutamin, Kreatin und Taurin.
Bei normaler Belastung reicht eine ausgewogene Ernährung in der Regel aus, um den Bedarf an diesen Mikronährstoffen zu decken. Wobei in diesem Satz zwei Stolpersteine versteckt sind: die „ausgewogene Ernährung“ und die „normale Belastung“.
Bei jedweder Form von erhöhter Anstrengung steigt der Energiebedarf und bringt die körpereigene Vorratskammer an ihre Grenzen. Deshalb ist es vor allem bei regelmäßigen oder länger andauernden Belastungen (Sport, körperliche Arbeit, Stress, Schwangerschaft) wichtig, auf eine geeignete Supplementierung zu achten.
Aber nicht nur die Bereitstellung der richtigen „Brennstoffe“ ist für unsere Leistungsfähigkeit entscheidend, sondern auch der maßvolle Umgang mit den Ressourcen. Mitochondrien sind nämlich kleine Powermaschinen, aber auch sehr empfindlich.
Deshalb ist neben der vollwertigen Ernährung bzw. einer spezifischen Supplementierung auch ein entsprechender Lebensstil für das Energieglück ausschlaggebend. Was das bedeutet? Im Grunde nichts, was man nicht schon wüsste – und trotzdem so selten beachtet. Alkohol schadet, Nikotin auch. Chronische Entzündungen und Stress sind besonders perfide. Sie veranlassen die Mitochondrien nämlich zu vermehrter Aktivität – was als finale Konsequenz dazu führt, dass die Mitochondrien nach dem Überstrapazieren selbst zu Radikalschleudern mutieren.
Auch eine zu hohe bzw. extrem fordernde sportliche/körperliche Aktivität „stresst“ die Mitochondrien. Deshalb sind Erholungsphasen nach starken Belastungen für die Energiebereitstellung extrem wichtig. Andererseits wiederum ist es gerade der Sport und die Bewegung des Körpers, was unsere kleinen Kraftwerke zu freiwilligen Höchstleistungen motiviert.
Mittlerweile werden auch viele Krankheiten als Folge einer Mitochondrien-Fehlfunktion angesehen. Dazu zählen etwa Erschöpfungserkrankungen, Allergien, Autoimmunerkrankungen, Krebs und neurodegenerative Erkrankungen. Bei Depression fanden Wissenschafter:innen vermehrt Bestandteile zerstörter Mitochondrien im Blut. Und neuere Untersuchungen haben ergeben, dass die Zellzerstörung nicht nur durch mechanische, sondern auch psychische Einflüsse hervorgerufen werden kann.
Für eine gute Mitochondrien-Aktivität und damit einhergehend einen energiegeladenen Alltag ist also die richtige Nährstoffversorgung ebenso entscheidend wie der Lebensstil und die Einhaltung von Regenerationsphasen nach körperlicher oder psychischer Belastung.