Asymmetrisches Zittern, Trippelgang, Freezing oder Dyskinesien: Schlecht eingestellte Motorik erhöht die Sturzneigung und senkt die Lebensqualität der Betroffenen. Während der Bedarf an dopamimetischer Medikation mit zunehmendem Krankheitsfortschritt steigt, wird das Austarieren der richtigen Dosis immer schwieriger. Bei häufigem Freezing wird leicht erhöht, bei Dyskinesien wird die Dosierung gesenkt. Ab einem gewissen Stadium treten beide Probleme parallel auf, und man muss sich für ein Übel entscheiden. Das ist häufig die Dyskinesie, denn das Freezing wird subjektiv als sehr belastend empfunden. Als Medikation kommen in Frage:
Bei Patient:innen in hohem Alter oder mit nur geringer noch verbleibender Lebenserwartung beginnt man die Therapie häufig mit Levodopa, demjenigen Wirkstoff mit der subjektiv am besten empfundenen Wirkung. Nach einigen Jahren kommt es dann meist zu Fluktuationen. Man trifft das enger werdende therapeutische Fenster nicht mehr, und es kommt zu Ober- oder Unterdosierungen. In jungen Jahren beginnt man die Therapie hingegen eher mit Dopaminagonisten oder MAO-B-Hemmern. Hier gibt es auch Arzneiformen, die über 24 Stunden wirksam sind, was besonders nachts von Vorteil ist. Im Verlauf addiert man dann alle 3 Wirkstoffklassen (Abb. 1). Wichtig ist, dass man nur an einem Wirkstoff die Dosierung geringfügig ändert. Andernfalls drohen viele Patient:innen zu dekompensieren.
Während sich im Idealfall spezialisierte Neurolog:innen ein Bild von der Motorik verschaffen, bleiben die nichtmotorischen Symptome häufig unbehandelt. Das sind z.B. Depressionen, Halluzinationen, Obstipation, Riechstörung, Schlafstörung, Dysphagie oder Schmerzen. Diese Symptome belasten die Lebensqualität häufig in gleichem Maße wie die motorischen Beeinträchtigungen. Macrogol hat sich als Standard für Patient:innen mit Parkinson und Obstipation etabliert. Citalopram ist bei Parkinson-Krankheit das Antidepressivum der Wahl und jedenfalls mit Rasagilin und Safinamid trotz der serotonergen Effekte kombinierbar. Halluzinationen sind typischerweise optischer Natur und können ein Symptom der Parkinson-Krankheit sein. Ein anderer Grund sind hohe Dosierungen dopamimetischer oder anticholinerger Wirkstoffe. Man kann versuchen, die Dosierungen zu senken, dabei werden sich die motorischen Symptome dann verstärken. Alternativ werden Quetiapin und Clozapin eingesetzt. Als Dopamingegenspieler verbieten sich alle anderen Antipsychotika ausnahmslos. In einer eigenen Studie konnten wir jetzt allerdings zeigen, dass das in Österreich in diesem Kontext am häufigsten eingesetzte Quetiapin weitgehend nutzlos ist.1 Somit rückt Clozapin vermehrt in den Fokus, die Leukozyten müssen in den ersten 18 Woche wöchentlich, danach mindestens alle 4 Wochen gemessen werden, um eine Agranulozytose erkennen zu können. Dieser hohe Aufwand ist leider ebenso wenig wie die damit verbundene Belastung vermeidbar. Die Alternative Pimavanserin ist in Europa leider bisher nicht zugelassen.
Die Patient:innen sind auf die Wirkung ihrer Medikamente angewiesen, gleichzeitig mit der Einnahme fast immer überfordert. Bei Levodopa sind 30 Minuten Abstand vor oder 2 Stunden Absatz nach dem Essen möglichst einzuhalten. Dazu sollen die Abstände immer möglichst gleichmäßig sein. Lösliche Tabletten helfen, morgens einen schnelleren Wirkeintritt zu verspüren, retardierte Formen wirken in der Nacht länger. Da ist es mit dem guten Rat nicht getan: Apotheker:innen sollen vielmehr einen dezidierten Medikationsplan für ihre Patient:innen erstellen und Tipps geben, wie man z. B. an Wochenenden davon abweichen kann. Bei bis zu 10 Einnahmezeitpunkten am Tag muss man dann abwägen, eine perfekte Therapie ist nahezu unmöglich.
Im Medikationsmanagement kann darüber hinaus auch auf die Therapieoptimierung hingewirkt werden. Dopamingegenspieler (ungeeignete Antipsychotika, MCP) gehören verbannt und ausgetauscht, stattdessen fehlen häufig Medikamente gegen die beschriebenen nichtmotorischen Symptome. Auch die Schmerztherapie ist nicht immer optimal. Durch unterschiedliche Verschreiber:innen und Lieferengpässe kommt es häufig zu Umstellungen auf andere Generika. Bei Parkinson ist dies aus mehreren Gründen besonders ungünstig. Die häufig bestehende Dysphagie führt dazu, dass die Betroffenen nicht alle Arzneiformen gleich gut schlucken können. Bei den zahlreichen verschiedenen Tabletten führt eine Änderung häufig zu einem Durch- und Nebeneinander gleicher Wirkstoffe. Zudem konnten wir zeigen, dass sich der Generikawechsel negativ auf die Therapie auswirkt, möglicherweise durch eine sehr geringe und unterschiedliche Stabilität (Abb.2) der Decarboxylasehemmer.2, 3, 4
Die Behandlung der Parkinson-Krankheit bedarf also einiger Expertise. Dies gilt sowohl für die Apotheker:innen, Neurolog:innen, Hausärzt:innen als auch für die Ergo-, Logo- und Physiotherapeut:innen. Aus dieser Überlegung heraus wurden Parkinson-Netzwerke gegründet. In den meisten Fällen fokussieren sich die Netzwerke auf die ärztliche und therapeutische Seite. Dass die apothekerliche Perspektive hierbei kaum berücksichtigt wird, sollte uns stark zu denken geben, zumal wir in einem ersten Netzwerk jetzt zeigen konnten, an wie vielen Stellen sich die Apothekerschaft erfolgreich einbringen kann, ja muss.5
Die interdisziplinäre Zusammenarbeit stößt bei der Parkinson-Krankheit kaum auf Barrieren, da alle Parkinson-Spezialist:innen wissen, dass ein hoher Bedarf an Expertise und Zeit besteht. So kann man strenggenommen die Einstellung der Pharmakotherapie nur durch lange Beobachtung einschätzen. Punktuell mag es den Betroffenen im Moment der Konsultation gerade sehr gut oder eben sehr schlecht gehen. Dieser Zufallsbefund ist aber nicht hilfreich. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, wie Apotheker:innen die Therapie ihrer Patient:innen mit Parkinson-Krankheit verbessern können. Selbsthilfegruppen fordern seit Jahren eine Unterstützung – gerade auch durch Apotheken.