Die Kundin wünscht ein Präparat mit dem Wirkstoff Loperamid und zusätzlich ein Pulver zur Herstellung einer Elektrolytlösung. Nach der Frage der Dauermedikamente, erzählt sie Ihnen, dass sie die „Pille“ zur Kontrazeption und Lisinopril 5 mg zur Blutdrucksenkung einnehme.
In Ländern mit feucht-heißem Klima kann es durch ungewohntes Essen, niedrige Hygienestandards und unzureichende Kühlung von Lebensmitteln oft zu Durchfällen kommen. Dabei werden die Patienten von ungewöhnlich häufigem, flüssigem Stuhlgang geplagt, der meist Folge einer Infektion mit Viren, Bakterien oder Parasiten ist. In 50 % der Fälle handelt es sich um eine Infektion mit E. coli, aber auch Infektionen mit Shigella, Salmonella und Campylobacter können auftreten. Übertragen werden diese meist über kontaminierte Nahrungsmittel, daher gilt der Grundsatz: „Cook it, peel it or leave it!“ Begleitend können Symptome wie Bauchkrämpfe, Übelkeit oder Erbrechen auftreten. In schlimmen Fällen kommt es zu Fieber und Blut im Stuhl. Daher ist die Mitnahme eines Durchfallmittels in ferne Länder von Vorteil.
Oft dauern diese Durchfälle einige Tage. Es kann daher zu erheblichem Flüssigkeits- und Elektrolytmangel kommen. Jedem Patienten ist daher ein Mittel zur Flüssigkeits- und Elektrolytergänzung geraten. Weiters sollte der Patient an Stelle von exotischen Speisen für ein bis zwei Tage nur Schonkost verzehren.
Peristaltikhemmer wie Loperamid sind vor allem bei Reisedurchfall nicht ratsam. Durch die Verlangsamung der Darmmotilität kann es zur übermäßigen Vermehrung von Krankheitserregern im Darm kommen. In weiterer Folge werden Krankheitserreger langsamer ausgeschieden; die Reisediarrhö kann sich verschlimmern und länger andauern. Auch bei Durchfall, der von Fieber begleitet wird, ist die Anwendung von Loperamid kontraproduktiv. Alternativ könnte man Frau A. ein Präparat mit dem Wirkstoff Racecadotril anbieten. Nachdem Frau A. jedoch ein Präparat mit dem ACE-Hemmer Lisinopril zur Blutdrucksenkung einnimmt, ist hier Vorsicht geboten, da die gleichzeitige Einnahme von Racecadotril und ACE-Hemmern das Risiko der Bildung eines Angioödems erhöhen kann. Dies kann potenziell lebensbedrohlich sein. In der Selbstmedikation darf Racecadotril daher bei Patienten, bei denen unter Therapie mit ACE-Hemmern diese Nebenwirkung bereits aufgetreten ist, nicht angewendet werden.
Grundsätzlich könnte zur Behandlung von Reisedurchfall ein Präparat mit Carbo medicinalis angeboten werden. Dieser Wirkstoff ist bei akuten unspezifischen Durchfällen vor allem auf Reisen indiziert. Dabei werden dreimal täglich 4 Tabletten eingenommen. Nachdem Frau A. aber die Pille zur Verhütung anwendet, muss man sie hier darauf aufmerksam machen, dass die kontrazeptive Wirkung der Pille durch die Einnahme von Carbo medicinalis vermindert sein kann und sie zusätzlich verhüten sollte. Durch die Einnahme von medizinischer Kohle kann es bei allen oral eingenommenen Arzneimitteln zur Verringerung der Wirkung kommen. Daher empfiehlt sich die Einnahme anderer Arzneimittel mindestens eine Stunde vor der Einnahme der medizinischen Kohle. Demzufolge sollte man Frau A. auch raten, bei der Einnahme von Lisinopril darauf zu achten.
Möglich ist die Behandlung mit Probiotika – präventiv und auch akut. Als zusätzlichen Service kann Frau A. angeboten werden, einen Blick in ihren Impfpass zu werfen, denn für Reisen in ferne Länder bedarf es oft zusätzlicher Impfungen.
Dauert der Reisedurchfall länger als drei Tage oder ist er von Fieber begleitet, so werden Antibiotika wie Azithromycin oder Rifaximin verschrieben.