Für ÖVP-Gesundheitssprecherin Gabriela Schwarz ist klar: „Die Möglichkeit der Abholung von Medikamenten mittels elektronischen Rezeptes und die entsprechende Lösung durch die ÖGK waren sehr hilfreich. Das zeigt uns auch, wie flexibel und unkompliziert das Gesundheitswesen sein kann“, zieht sie eine Bilanz des Lockdowns. Das sehen auch die anderen Gesundheitssprecher der Parlamentsparteien so. Man brauche dringend einen Ausbau der Telemedizin, sagen alle. Grünen-Gesundheitssprecher Ralph Schallmeiner will aber noch weiter gehen: Er will darüber diskutieren, „wie wir die einzelnen Teile unseres Gesundheitswesens besser ineinander verzahnen – also niedergelassener Bereich, Ambulanzen, Krankenhäuser und Apotheken“. Wie das konkret aussehen soll, ist aber noch in Diskussion.
Einigkeit herrscht bei allen Parteien darüber, dass es auch im Fall einer Coronaimpfung keine generelle Impfpflicht geben soll. „Wir werden notorische Impfgegner nicht überzeugen können, aber insgesamt ist in der Bevölkerung die Bereitschaft zur Impfung – auch durch Corona – sicher höher als noch im Vorjahr“, sagt Schwarz. Sie selbst lasse sich auch gegen Grippe impfen und hofft, „dass genügend Impfstoff bestellt wurde“. Davon abgesehen sollte man aber ein verpflichtendes Impfgespräch in den Eltern- Kind-Pass aufnehmen, „weil wir sehen, dass bei vielen Kindern zwar erstgeimpft, aber dann nicht aufgefrischt wird“.
Auch darüber herrscht im Grunde Einigkeit unter den Parteien. Schallmeiner will wie sein Parteikollege, Gesundheitsminister Rudolf Anschober, über Impfen aufklären, um „diese wichtige Präventionsmaßnahme“ verstärkt in den öffentlichen Fokus zu rücken. Und sie denken da auch an die Apotheken. Schallmeiner: „Impfen wirkt, und Impfen sollte niederschwelliger angeboten, leichter verfügbar und als Teil einer allgemeinen Präventionsstrategie zumindest für all jene, die finanziell nicht gut dastehen, gratis angeboten werden.“ Ob dies bedeute, dass künftig auch Apotheken impfen dürfen, wie diese das fordern, will Schallmeiner nicht sagen. Die Oppositionsparteien sind hier klarer: Sie alle fordern eine Impfmöglichkeit in den Apotheken. Kommen dürfte sie dennoch nicht. Denn die ÖVP ist dagegen.
Nicht geben dürfte es auch die Wirkstoffverschreibung, die Anschober vor dem Sommer in die Diskussion gebracht hat. Das würde sonst teurer für die Krankenkassen, sagt Schwarz: „Die Therapieentscheidung liegt beim Arzt. Wenn es aktuelle Lieferschwierigkeiten gibt, muss der Arzt bereits bei der Ausstellung des ReEinblicke zeptes in Echtzeit informiert werden.“ NEOS-Sprecher Loacker sieht das ähnlich: „Hier haben Einflüsterer dem Minister einen Zusammenhang eingeredet, der wohl nur in einzelnen Fällen besteht.“ Vielmehr gehe es um die Frage, wer den Entscheidungsspielraum bekommen soll: „Die Ärzte, die wie bisher ein Produkt verschreiben und unter mehreren Produkten desselben Wirkstoffes auswählen, oder die Apotheker, die künftig ein Rezept mit Wirkstoffverschreibung bekommen und nunmehr diese Auswahlmöglichkeit bekommen würden.“ Auch FPÖ-Sprecher Kaniak, selbst Apotheker, ist skeptisch. „Ziel der Wirkstoffverschreibung ist es ja von Seiten der Krankenkassen, dass vermehrt günstige Generika oder überhaupt das günstigste Arzneimittel abgegeben werden soll. Dadurch reduzieren sich aber die Anbieter auf dem Markt, und das wiederum kann schneller zu Engpässen führen.“ Sinnvoller sei seiner Meinung nach eine Erweiterung des Notfallparagrafen im Rezeptpflichtgesetz. „Es sollte den Apothekern erlaubt sein, (nur) bei Nichtverfügbarkeit eines verordneten Arzneimittels sofort eine vorhandene Alternative anbieten und mit der Krankenkasse verrechnen zu dürfen.“
Einig sind sich die Gesundheitssprecher über die Leistungen der Apotheken in der Krise und ihre Bedeutung für das Gesundheitswesen. „Die Apotheken waren massiv gefordert. Als man die Begrenzungen bei den Rezepten aufgemacht hat, mussten sie etwa schauen, dass sie die Medikamente herbringen. Das war nicht einfach. Die meisten Apotheken haben zudem einen großen Anteil an der allgemeinen Aufklärung über COVID-19 beigetragen, waren also ein wichtiger Gesundheitskommunikator“, sagt Schallmeiner. Man habe gesehen, dass „eine Apotheke mehr ist als ,Packerln zu schupfen‘“. Man sollte sie daher als Gesundheitsdienstleister im besten Sinne betrachten, fordert er. Hier ist er sich mit der FPÖ einig. Kaniak fordert aber auch eine angemessene Entlohnung. Die anfängliche Aufforderung zur Verordnung eines Dreimonatsbedarfs habe die Apotheken- und Großhandelslager rasch leergeräumt. „Das Problem war aber nach zwei Wochen behoben. Danach war es eher so, dass viele Apotheken unter massiven Rückgängen bei den Umsätzen litten, die sich erst langsam wieder normalisieren“, sagt Kaniak. Gleichzeitig sei der Aufwand durch Schutzmaßnahmen, telefonische Bestellungen, elektronische Verordnungen und geänderte Abrechnungsmodalitäten deutlich gestiegen. „Das alles gefährdet die verlässliche Versorgungsstruktur, welche die Apotheken auch und gerade in der Krise gewesen sind. Es braucht also dringend eine angemessene Entlohnung der vielfältigen Leistungen der Apotheken, damit unser hochqualitatives Versorgungssystem aufrechterhalten werden kann.“
Elementar für alle Gesundheitssprecher ist die generelle Frage der finanziellen Ausstattung des Gesundheitswesens. Erste Gespräche zwischen der Regierung und der Österreichischen Gesundheitskasse haben zuletzt ergeben, dass man der ÖGK zumindest mit einem dreistelligen Millionenbetrag aushelfen will, um coronabedingte Ausfälle abzufangen. Für SPÖ-Gesundheitssprecher Philip Kucher ist das aber noch nicht genug. „Der – durch falsche Reformen der schwarz-blauen Regierung geschwächte – Patient Gesundheitssystem leidet an Geldmangel, weil die Regierung kein Geld nachschießt und auch keine Garantien abgibt“, sagt er. Das schade enorm und zwinge alle Akteure im Gesundheitssystem zum Sparen beim Patienten. Kucher: „Die Regierung muss eine Geldinfusion geben.“ Man müsse den „Sparwahn der ÖVP“ im öffentlichen Gesundheitssystem beenden, fordert er.