Nach der Frage, was sie sonst noch einnimmt, zeigt sie Ihnen einen Zettel, auf dem ihre Dauermedikamente notiert sind:
Das Rivaroxaban wurde ihr nach einer Lungenembolie vor fünf Monaten verschrieben, und sie nimmt seither jeden Tag 20 mg ein. Laut der ESC-Leitlinie 2019 „Management der akuten Lungenembolie“ sollte die Initialbehandlung einer akuten Lungenembolie mit 2 × 15 mg Rivaroxaban für die ersten drei Wochen erfolgen, danach stellt man die Patient:innen zur Prophylaxe einer rezidivierenden Lungenembolie auf 1 × 20 mg um. Nach drei bis sechs Monaten soll eine Entscheidung über die Beendigung oder Fortführung der Antikoagulation getroffen werden. Ist eine verlängerte Prophylaxe angezeigt, beträgt die empfohlene Dosis 10 mg einmal täglich. Die Dosis kann bei Patient:innen mit hohem Rezidivrisiko bei 1 x 20 mg belassen werden.1
Wichtig ist, dass man die Patientin bei der Einnahme von Rivaroxaban auf den korrekten Einnahmezeitpunkt hinweist!
Durch die so plötzlich aufgetretene Lungenembolie verfiel Frau A. in eine Depression, weshalb sie von ihrem Neurologen Escitalopram 10 mg verschrieben bekam. Sie ist seit der Einnahme wieder besser gelaunt und auch aktiver, sodass sie mit ihrem Hund gerne Waldspaziergänge unternimmt.
Rivaroxaban und auch SSRI wie Escitalopram erhöhen das Blutungsrisiko. Laut der S2k-Leitlinie „Helicobacter pylori und gastroduodenale Ulkuskrankheit“ soll bei der Kombination von zwei gerinnungsaktiven Substanzen zusätzlich ein Protonenpumpeninhibitor (PPI) zur Prävention einer möglichen gastrointestinalen Blutung oder einer anderen Ulkuskomplikation eingenommen werden.2 Sehr wichtig ist die Betrachtung aller Medikamente für Frau A. vor allem jetzt, wo sie den Knöchel verstauchte und auch noch ein Schmerzmittel braucht. Von der Einnahme des von ihr vorgelegten Medikaments mit Diclofenac sollte ihr dringend abgeraten werden.
Am besten wäre es, den behandelnden Arzt anzurufen und ihn auf das erhöhte Blutungsrisiko bei der Kombination der Medikamente, die Frau A. nimmt, hinzuweisen. Man kann ihm die Einnahme eines PPI und den Wechsel auf ein anderes Schmerzmedikament vorschlagen, welches das Blutungsrisiko nicht beeinflusst. Gegebenenfalls kann man gleich ein e-Rezept ausstellen lassen, sodass Frau A. sich einen weiteren Weg zum Arzt und wieder in die Apotheke zurück ersparen kann. Um dem Wunsch von Frau A. zu entsprechen, kann man ihr zwei unterschiedliche Salben anbieten. Möglich ist eine Salbe mit dem Wirkstoff Mucopolysaccharidpolyschwefelsäureester zur Förderung der Rückbildung des Hämatoms; diese kann sie bis zu 3-mal täglich anwenden. Weiters bietet sich hier wegen der schmerzstillenden und entzündungshemmenden Wirkung auch eine Salbe mit einem NSAR an.