Bei manifesten Krankheitsbildern im Bereich Kardiologie ist die Bedeutung von Phytotherapeutika bzw. pflanzlichen Nahrungsergänzungsmitteln heute sicher begrenzt bzw. nahm stark ab; sie werden hauptsächlich unterstützend oder vorbeugend angewandt. Viele Pflanzen(auszüge) zeigen zwar einen biologischen Effekt auf Mechanismen im Zusammenhang mit dem kardiovaskulären System, jedoch fehlen weitgehend Daten zur klinischen Relevanz dieser Effekte. Eine potenzielle antiarteriosklerotische Wirkung lässt sich beispielsweise aufgrund des langsamen Geschehens schwer nachweisen.Bei funktionellen Herzbeschwerden oder leichter arterieller Hypertonie lassen sich die Allgemeinmaßnahmen (Stressreduktion, Gewichtsabnahme, Ausdauertraining etc.) gut mit Phytotherapie unterstützen; hierbei kommen etwa sedierende (Melisse, Passionsblume etc.) oder auf das Herz regulierend wirkende Pflanzen (Weißdorn) zum Einsatz. Bei der Behandlung von Herzinsuffizienz und Rhythmusstörungen spielt die Phytotherapie eine geringe Rolle, gegebenenfalls lässt sich die konventionelle Therapie mit Weißdorn unterstützen.
Der Pflanze werden u. a. neuroprotektive, antioxidative, durchblutungsfördernde und thrombozytenaggregationshemmende Eigenschaften zugeschrieben. Für Ginkgoblätter existiert sowohl eine EU-Monografie nach „well-established use“ in der Indikation Verbesserung altersbedingter kognitiver Beeinträchtigungen und der Lebensqualität von Erwachsenen mit leichter Demenz. Auf Basis langjähriger Verwendung („traditional use“) wurde das Anwendungsgebiet Linderung eines Schweregefühls in den Beinen und eines Kältegefühls in Händen und Füßen aufgrund von leichten Durchblutungsstörungen anerkannt. Ginkgo-Extrakt verbessert die schmerzfreie Gehstrecke bei PAVK im Rahmen eines physikalischen Gesamtkonzepts; weitere Einsatzgebiete sind Schwindel und Tinnitus. Als Nebenwirkungen wurden Kopfschmerzen, gastrointestinale Beschwerden, aber auch Blutungen beobachtet. Patienten, die zu Blutungen neigen oder blutverdünnende Arzneimittel anwenden, sollten Ginkgoblätter-Trockenextrakt enthaltende Arzneimittel nur nach Konsultation eines Arztes anwenden, zudem sollten Ginkgo-Präparate vor einer geplanten Operation abgesetzt werden.
Knoblauch ist eine pleiotrope Arzneipflanze – die Literatur listet Eigenschaften von antimikrobiell über antiarteriosklerotisch bis gerinnungshemmend und lipidsenkend, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Das HMPC stufte unterschiedliche Extrakt-Dosierungen als traditionelles pflanzliches Arzneimittel für zwei Anwendungsgebiete ein: als Adjuvans zur Prävention arteriosklerotischer Ereignisse und zur Linderung von Beschwerden im Rahmen von Erkältungen. Ein Absetzen solcher Zubereitungen eine Woche vor einer geplanten Operation aufgrund des postoperativen Blutungsrisikos wird empfohlen. Vorsicht ist auch geboten bei der gleichzeitigen Einnahme von Antikoagulanzien und Thrombozytenaggregationshemmern. Knoblauchpräparate dürfen nicht gleichzeitig mit Ritonavir oder Saquinavir eingenommen werden, da sie deren Wirkung abschwächen können.
Weißdornextrakte haben u. a. antioxidative, kardioprotektive, gefäßerweiternde, positiv inotrope und dromotrope sowie negativ bathmotrope Eigenschaften. Basierend auf langjähriger Erfahrung können der HMPC-Monografie entsprechende Zubereitungen zur Linderung vorübergehender nervöser Herzbeschwerden (wie Herzklopfen) angewendet werden, nachdem schwere Erkrankungen durch einen Arzt ausgeschlossen wurden. Derartige Präparate können ebenfalls zur Besserung des Befindens bei nervlicher Belastung und zur Schlafunterstützung eingenommen werden. Nebenwirkungen bzw. Interaktionen werden keine speziellen gelistet (HMPC). Studien zeigten eine klinische Wirksamkeit von standardisierten Weißdornextrakten bei Herzinsuffizienz bis mind. NYHA II.
Mistelkraut wird zytotoxische, immunmodulierende und blutdrucksenkende Wirkung zugeschrieben. Die Pflanze wird volksmedizinisch bei Bluthochdruck eingesetzt sowie anthroposophisch bei malignen Tumoren. Das HMPC erstellte einen Bewertungsbericht, demzufolge keine Monografie erstellt werden kann, da gewisse Voraussetzungen nicht gegeben sind (u. a., weil Misteln an verschiedenen Wirtsbäumen wachsen).