Refluxkrankheit

Die 1. Leitlinie („Epidemiologie und Diagnostik“) weist auf die Montreal-Klassifikation hin, bei welcher der Term „Refluxkrankheit“ alle Symptome oder Komplikationen durch Rückfluss des Mageninhaltes umfasst. Aufgrund der strukturellen, mechanischen, biochemischen und physiologischen Einflussfaktoren auf die Pathogenese gibt es dementsprechende Unterschiede im Symptombild der GERD. Die Diagnostik erfolgt symptombasiert, hierfür ist keine Endoskopie notwendig (70 % der Endoskopien von GERD-Patient:innen sind unauffällig). Erst bei etwaigen Red Flags wie ungewolltem Gewichtsverlust, Anorexie, rezidivierendem Erbrechen, Dysphagie sowie Odynophagie, v. a. gastrointestinalen Blutungen und einer familiären Anamnese für gastrointestinale Tumoren wird eine Endoskopie angeordnet. Bei der symptombasierten Diagnostik ist auf typische Refluxsymptome laut Leitlinien kein Verlass, da weder Sodbrennen noch Regurgitation sensitiv und/oder spezifisch sind.1, 2, 3

Formen der GERD

In den Leitlinien ist eine Unterscheidung der GERD in weitere Subgruppen zu finden. Bei der erosiven Refluxösophagitis (ERD) sind verschieden schwere Läsionen inklusive peptischer Stenosen endoskopisch sichtbar. Der Begriff „nichterosive Refluxerkrankungen“ (NERD) bezeichnet hingegen Krankheitsverläufe mit den typischen Refluxsymptomen ohne endoskopisch nachweisbare Läsionen. NERD-Patient:innen klagen trotz intakter Speiseröhrenwand öfter über Sodbrennen als Patient:innen mit Barrett-Ösophagus oder Ösophagitis. Das könnte an einer Überempfindlichkeit der Speiseröhrenneurone liegen. Dieser Verdacht wird durch Studien unterstützt, die bei Patient:innen mit NERD oberflächlicher positionierte sensorische Neuronen im Ösophagusepithel beobachtet haben.4 Die GERD kann darüber hinaus Ursache für nichtkardiale thorakale Schmerzen ohne ösophageale Begleitsymptome sein. Auch kann es zu extraösophagealen Manifestationen etwa im Mundraum oder in der Lunge kommen. Als Komplikation der GERD wird in den Leitlinien der Verdacht auf Blutungen und Stenosen genannt. Beim oben genannten Barrett-Ösophagus handelt es sich um eine Metaplasie vom intestinalen Typ im distalen Ösophagus. Dabei verändert sich das Epithel der Speiseröhre und nimmt Eigenschaften von Darmzellen an, was wiederum eine präkanzeröse Läsion darstellt, da die Zellveränderung in eine Dysplasie übergehen kann.

Nicht jedes Sodbrennen ist automatisch auf eine übermäßige Säureproduktion zurückzuführen. Ein sogenannter hypersensitiver Ösophagus beschreibt eine gesteigerte Empfindlichkeit der Speiseröhre gegenüber Reflux, obwohl die Menge der aufsteigenden Magensäure im Normbereich liegt. Wichtig zu wissen ist, dass die Schwere der Symptome im Laufe des Lebens trotz Zunahme der ösophagealen Läsionen abnehmen kann.1

Therapien

Die Leitlinien fixieren sich vor allem auf die Verwendung von Protonenpumpeninhibitoren (PPI) oder H2-Antagonisten.1 Diese medikamentöse Therapie ist beim Vorliegen einer ERD hilfreich, jedoch konnte bei Patient:innen mit NERD eine reduzierte Wirkung beobachtet werden. Alginate hingegen konnten einen besseren Effekt erzielen. Die Derivate der Alginsäure bilden in Verbindung mit der Magensäure eine mechanische Barriere, oft „raft“ oder Floss genannt. Diese Barriere in Form eines Gels setzt sich in der Säuretasche des proximalen Magens fest und behindert somit den Reflux des Mageninhaltes. Oft werden Alginate in OTC-Produkten mit Antazida kombiniert, um eine Zweifachwirkung zu erzielen.4 Ebenso kann die Einnahme von Gastroprotektiva wie Misoprostol oder Sucralfat unterstützend wirken.

Die Wirkung der Antazida liegt auf der Hand. Sie neutralisieren die überschüssige Magensäure im Magensaft und inhibieren zusätzlich die Umwandlung von Pepsinogen in das proteolytisch wirkende Enzym Pepsin. Auch Gallensäuren werden von den Salzen/Basen der Antazida gebunden. Sie können bei übermäßigem Vorkommen genauso wie Magensäure und Pepsin die Schleimhaut schädigen. Die Wirkung der Antazida setzt schnell ein und hält je nach Wirkstoff über einen Zeitraum von einigen Stunden an. Sie werden entweder als Einzeltherapie oder als Begleittherapie bei einer Behandlung mit PPI oder H2-Antagonisten eingenommen. Natriumbikarbonat, Kalziumkarbonat, Aluminiumhydroxid und Magnesiumhydroxid/-karbonat zeigten eine signifikante Wirkung bei Sodbrennen. An sich erfolgt die Einnahme ohne Komplikationen, jedoch kann bei zu hohen Dosen oder einer langzeitigen Anwendung durch Gastrinfreisetzung oder direkte Wirkung auf die Parietalzellen ein Säure-Rebound einsetzen.5

Alternative Behandlungsmöglichkeiten

Die Verwendung der Süßholzwurzel (Liquiritiae radix) wird vom HMPC als „traditional use“ eingestuft, wenn es um den Einsatz bei dyspeptischen Beschwerden wie Sodbrennen geht. Dabei spielen die darin enthaltenen Flavonoide und Polysaccharide eine wichtige Rolle. Letztere benetzen das Epithel und wirken somit protektiv. Auch wirkt die Wurzel antiulzerogen, antiinflammatorisch und sowohl hepatoprotektiv als auch schützend auf den Gastrointestinaltrakt (GIT). Diese Wirkungen beruhen vorrangig auf den beinhalteten Flavonoiden.6 Eine weitere vom HMPC als „traditional use“ eingestufte Arzneidroge ist das Salbeiblatt (Salviae officinalis folium).7 Die innerliche Anwendung hilft bei leichten dyspeptischen Beschwerden. Salbei wirkt des weiteren antimikrobiell und aufgrund der enthaltenen Rosmarinsäure auch antiinflammatorisch. Darüber hinaus können Extrakte der Pflanze eine hemmende Wirkung auf die LDL-Oxidation aufweisen.8

Es gibt mittlerweile auch eine Vielzahl an OTC-Kombipräparaten, die mehrere Wirkstoffe und Angriffspunkte vereinen. So können in einem Präparat sowohl Antazida als auch Polysaccharide und/oder Hyaluronsäure zur Benetzung des Ösophagus enthalten sein. Polysaccharide sind meist pflanzlichen Ursprungs und werden aus Extrakten der Malve/Käsepappel (Malva sylvestris) oder des Eibisch (Althaea officinalis) gewonnen. Als zusätzliche Wirkung können Kombipräparate mit Flavonoiden aus den Extrakten der Kamille (Matricaria recutita) und der Süßholzwurzel oder Hyaluronsäure angereichert sein.