Bei einer reisemedizinischen Beratung ist das individuelle Risiko des Reisenden immer miteinzubeziehen (Schwangere, Kinder, Vorerkrankungen, Medikation) sowie die Situation im jeweiligen Zielland. Viele Risiken lassen sich durch Prophylaxe minimieren: Wasser nur abgekocht, filtriert oder aus der Flasche trinken, nichtpasteurisierte Lebensmittel und ungenügend gekochte Gerichte vermeiden, lange Kleidung, Insektenschutz, Safer Sex, unbekannte Gewässer meiden, Abstand zu Tieren sowie ein angepasster Impfschutz sind Empfehlungen, die für zahlreiche Länder gelten.
Bis vor einigen Jahren galt die Faustregel, dass es über 1.000 Meter Seehöhe keine Zecken gäbe und man daher beim Urlaub in den Bergen vor ihnen sicher sei. Doch das ist längst nicht mehr gültig, Zecken können in Österreich beinahe überall unterwegs sein. Auch die Zecken-Saison hat sich verlängert: Im Jahr 2024 wurden ungewöhnlich viele Zeckenmeldungen schon sehr früh von der Bevölkerung an die AGES geschickt, einige davon bereits im Jänner. Analog dazu wurde Mitte März der erste FSME-Fall gemeldet, mit Erkrankungsdatum Mitte Feber.
Die FSME-Impfung ist nicht neu, sie gewinnt aber an Bedeutung. Sie besteht aus einer Grundimmunisierung durch 3 Dosen, gefolgt von einer ersten Auffrischungsimpfung nach 3 Jahren. Anschließend sollen bis zum vollendeten 60. Lebensjahr alle 5 Jahre Auffrischungsimpfungen durchgeführt werden, ab dem vollendeten 60. Lebensjahr alle 3 Jahre. Die Impfung zeigt eine Wirksamkeit von über 90 %. Die Viren werden bei einem Stich instantan übertragen. Anders ist es mit den Borreliose-Erregern. Hier kann das Erkrankungsrisiko durch eine rasche Entfernung der Zecke vermindert werden. Bekanntlich gibt es keine Impfung gegen Borreliose. Hier hilft nur, Stiche mit langer, geschlossener Kleidung und dem regelmäßigen Absuchen des Körpers auf Zecken zu vermeiden.
Im Zuge des Klimawandels ändern sich die Verbreitungsgebiete von invasiven Stechmücken und Zecken. Diese Vektoren können Erreger im Gepäck haben, und so rücken vormals eher exotische Erkrankungen wie das Dengue-Fieber auch näher an Österreich heran.
In unserem südlichen Nachbarland Italien gab es beispielsweise im Jahr 2023 mehr als 80 lokal erworbene Dengue-Infektionen. Reisende sollten daher nicht nur beim Übersee-Urlaub an ausreichenden Insektenschutz denken, sondern auch bei näheren Zielen wie Italien, Frankreich oder Griechenland. Trotz der veränderten Situation wird Reisenden derzeit die Dengue-Impfung nicht allgemein empfohlen, da die Datenlage noch limitiert ist. Personen mit gesicherter Infektion kann vor Reisen in ein (Hoch-)Risikogebiet eine Impfung angeboten werden.
In Österreich ist die terrestrische Tollwut nicht existent, allerdings wurde im Jahr 2023 erstmals die Fledermaustollwut nachgewiesen. In vielen Teilen Asiens und Afrikas ist Tollwut weiterhin verbreitet. Reisenden in Ländern mit hohem Tollwutrisiko wird eine prophylaktische Schutzimpfung empfohlen. Bei Biss durch ein verdächtiges Tier werden eine postexpositionelle Prophylaxe mit Verabreichung von Immunglobulinen sowie eine aktive Immunisierung durchgeführt. Das konventionelle Impfschema besteht aus je einer vollen Impfdosis i. m. an den Tagen 0, 7 und 21. Daneben sind inzwischen zwei Schnellschemata möglich, bei denen jedoch nicht ganz klar ist, inwieweit eine jahrelange Boosterbarkeit besteht.
In den USA hat die FDA im November 2023 den Impfstoff IXCHIQ® von Valneva als ersten Impfstoff gegen das Chikungunya-Virus für Personen ab 18 Jahren zugelassen, ein entsprechender Antrag bei der EMA wurde gestellt. Ein Totimpfstoff von Bavarian Nordic soll ebenfalls in naher Zukunft folgen. Seit Oktober 2023 sind 2 Impfstoffe gegen Malaria im Einsatz, allerdings sind sie nur in malariaendemischen Ländern zugelassen und nicht für Reisende. Prophylaxe, Reiseapotheke und vor allem der Schutz vor Stechmücken bleiben hier die einzigen Möglichkeiten. Für die Malariaprophylaxe kann man sich an das englische ABCD-Schema halten: Awareness (Risikobewusstsein), Bite Avoidance (Kleidung, Insektenschutz), Chemoprophylaxis (Risikolandkarten beachten), Diagnosis (bei Malariasymptomen im Risikogebiet bzw. nach Rückkehr unverzüglich ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen).
Der Schutz vor Masern und anderen heimischen Infektionskrankheiten fällt nicht direkt unter Reisemedizin. Bei Masern hat sich die Situation weltweit, gerade aber auch in Europa verschärft. Die Impflücken sind in den letzten Jahren größer geworden, was das Risiko für Epidemien erhöht und dafür sorgt, dass die Ausbrüche größere Kreise ziehen können. Das betrifft Österreich, besonders aber auch Länder wie Rumänien, Kasachstan und Russland. Viele kennen ihren Impfstatus bezüglich Masern nicht, und die Reisevorbereitung kann genutzt werden, hier für ausreichenden Schutz zu sorgen.