Rhinitis, Sinusitisund „Männerschnupfen“

Männerschnupfen – Mythos oder Fakt?

Mit der Frage, ob der „Männerschnupfen“ auch tatsächlich wissenschaftlich belegbar ist oder auf reine „männliche Verweichlichung“ zurückzuführen ist, hat sich die österreichische Wissenschafterin Dr.in Beatrix Grubeck-Loebenstein befasst. Ihren Ausführungen zufolge ist die Antwort im geschlechtsspezifischen Hormonsystem und der daraus resultierenden Immunantwort zu finden. Östrogen fördert die Bildung von Immunzellen und hat überdies eine aktivierende Wirkung auf das spezifische, adaptive Immunsystem. Testosteron hingegen hat einen hemmenden Effekt auf das Immunsystem, wodurch Erkältungskrankheiten bei Männern verglichen mit Frauen tatsächlich länger andauern können und eventuell mit stärkerer Symptomatik einhergehen. Der evolutionäre Hintergrund ruht möglicherweise auf der Tatsache, dass Frauen von Anbeginn an möglichst lange gesund und gebärfähig bleiben und den Nachwuchs bis zu dessen Selbsterhaltung versorgen mussten, wobei ein intaktes, starkes Immunsystem eine zentrale Rolle spielt. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der sogenannte „Männerschnupfen“ somit auch tatsächlich eine Begründung in der Wissenschaft findet.

Regio respiratoria, Muzine und NALT

Die menschliche Nase erfüllt im Wesentlichen 3 wichtige Aufgaben:

  • Sie erwärmt, reinigt und befeuchtet die Atemluft.
  • Sie dient als Resonanzraum für Klang- und Stimmbildung.
  • Sie ist der Sitz des Geruchssinns.

Funktionell betrachtet werden alle zur Nase gehörenden Hohlräume wie Nasennebenhöhlen und Stirnhöhlen zu den oberen Atemwegen gezählt. Die Nasenhöhle ist, bis auf den Nasenvorhof, von einer dünnen Gewebs- bzw. Schleimschicht überzogen. Die Nasenschleimhaut wird in zwei verschiedene Bereiche unterteilt: in die respiratorische und die olfaktorische Nasenschleimhaut. Bedeutend für die Entstehung und die Therapie der Sinusitis ist in erster Linie die Regio respiratoria – die respiratorische Schleimhaut. Sie besteht aus 3 Gewebsschichten, zu denen eine Bindegewebsschicht, die Basalmembran und abschließend ein mehrreihiges Flimmerepithel mit Becherzellen zählen. Das Gewebe ist durch ein dichtes Netz an Blutkapillaren gut versorgt, und eine große Anzahl an seromukösen (schleimbildenden) Drüsen sorgt für die Bildung des Nasensekrets. Das Flimmerepithel sorgt durch die konstant schlagenden Zilien für eine automatische Reinigung der Nase durch Filtration der Atemluft.

Somit werden Staub, Krankheitserreger und andere Partikel mit dem Nasensekret ausgeschieden. Diese Reinigung wird auch als mukoziliäre Clearance bezeichnet. Der Nasenschleim besteht aus einer dünnflüssigen Sol-Schicht, in der die Zilien schlagen. Auf der Sol-Schicht befindet sich Surfactant, eine Art Transportschicht, auf der wiederum die Gel-Schicht aufliegt, eine dickflüssigere Schicht, die durch den Zilienschlag abtransportiert wird. Als essenzieller Bestandteil des Nasenschleims gelten die Muzine, die für die optimale Viskosität sorgen und für die Immunantwort verantwortlich sind. Das NALT (Nasal-associated lymphoid Tissue) ist ein spezielles lymphatisches Gewebe, das unterhalb der Nasenschleimhaut lokalisiert ist und als Teil des Immunsystems anzusehen ist. Die hier vorkommenden B-Lymphozyten bilden nach Antigenkontakt IgA und IgM und verhindern so die Anhaftung von Krankheitserregern an das Epithel.

Die Nasenschleimhaut ist nicht nur ein wesentlicher Faktor in der körpereigenen Immunabwehr, sondern wird auch zur Applikation bzw. zur Resorption für diverse Arzneistoffe, wie zum Beispiel Kalzitonin, Desmopressin, Oxytocin und Estradiol genutzt, neben der Anwendung von Rhinologika zur Therapie der Sinusitis.

Erkältungsschnupfen

Rhinitis, also der „klassische“ Erkältungsschnupfen wird hauptsächlich durch Rhino-, Influenza- und Parainfluenzaviren ausgelöst. Die Erkrankung dauert durchschnittlich 10 Tage an, wobei in rund 10 % der Fälle die Rhinitis in eine Sinusitis, also eine Entzündung der Nebenhöhlenschleimhaut mit Symptomen wie Kopf- und Gesichtsschmerz, v. a. im Bereich der Stirn und der Augen, starkem Krankheitsgefühl und eventuell erhöhter Temperatur übergeht. Treten innerhalb eines Jahres mehr als vier Erkrankungen in diesem Bereich auf, spricht man von einer chronischen Sinusitis. Oftmals liegt die Ursache hier in anatomischen Veränderungen der Nase, wie Nasenscheidewandverkrümmung oder Polypen. Begünstigt wird die Entstehung von Rhinitis und Sinusitis u. a. von trockener Raumluft, hormonellen Schwankungen, Immunschwäche, Medikamenteneinnahme (orale Kontrazeptiva, ACE-Hemmer etc.), Zigarettenrauch und missbräuchlicher Anwendung von abschwellenden Nasensprays.

Therapeutische Maßnahmen bei Schnupfen

Die S2k-Leitlinie „Rhinosinusitis“ (2017) empfiehlt Nasenspülungen und Inhalation von heißem Wasserdampf (38–42 °C) als nichtmedikamentöse Maßnahmen. Bei salzhaltigen Nasensprays und -spülungen haben sich hypertone Lösungen als besser abschwellend und befeuchtend herausgestellt. Zusätze wie Hyaluronsäure und Dexpanthenol hatten eine intensivere Befeuchtung und eine beschleunigte Regeneration der Schleimhaut zur Folge. Ätherische Öle, z. B. aus Eukalyptus oder Thymian, erleichtern die Nasenatmung und lösen zähen Schleim. Um eine Keimverschleppung bzw. das Einbringen neuer Keime bei mehrfach verwendbaren Nasenspülflaschen zu verhindern, ist die gründliche regelmäßige Reinigung mit z. B. kochendem Wasser unerlässlich. Einreibungen, die ätherische Öle wie Menthol, Kampfer, Thymian etc. enthalten, werden vorzugsweise vor dem Schlafen auf Brust und Rücken aufgetragen und erleichtern die Atmung, lösen zähen Schleim und sorgen für besseren Schlaf. Vorsicht ist bei Säuglingen und Kleinkindern geboten, hier ist die Anwendung von Menthol und Kampfer aufgrund der Gefahr eines Stimmritzenkrampfs (Kratschmer-Reflex) nicht indiziert!

Im Rahmen der medikamentösen Behandlung kommt sicherlich den topischen α-Sympathomimetika die größte Bedeutung zu. Die beiden modernen Wirkstoffe Xylometazolin und Oxymetazolin können kurzfristig (bis zu 10 Tage) zur Abschwellung der Nasenschleimhaut und zu einer damit verbesserten Nasenatmung eingesetzt werden. Konservierungsmittelfreie Formulierungen sind empfehlenswert, um die Zilienaktivität nicht zu beeinträchtigen und die mukoziliäre Clearance aufrechtzuerhalten. Missbräuchliche Verwendung führt zu einer dauerhaften Anschwellung der Nasenschleimhaut, auch als Rhinitis medicamentosa bezeichnet, deren Therapie oft langwierig und unangenehm für die Betroffenen ist. Systemische α-Sympathomimetika wie Pseudoephedrin und Phenylephrin wirken vasokonstriktorisch und somit schleimhautabschwellend. Vorsicht ist hier bei Patient:innen mit Hypertonie sowie eingeschränkter Leber- und Nierenfunktion geboten.

Im verschreibungspflichtigen Bereich kommen v. a. topische Glukokortikoide wie Mometason aufgrund ihrer antiinflammatorischen und abschwellenden Wirkung zur Anwendung. NSARs wie Ibuprofen, ASS und Diclofenac wirken antiinflammatorisch, analgetisch und antipyretisch und kommen im Rahmen von Erkältungskrankheiten häufig zum Einsatz. Obwohl sich die Patient:innen durch die Einnahme von NSARs kurzfristig besser fühlen, ist dennoch auf ausreichende Schonung und Ruhe zu achten, um ein Verschleppen der Erkältung zu vermeiden.

Besonders bei Erkältungskrankheiten rückt die Phytotherapie in den zentralen Fokus der Therapie. Um zähen Schleim zu lösen, werden einerseits Cineol und Myrtol angewendet, andererseits Mischungen aus Schlüsselblume, Ampfer, Eisenkraut, Enzian und Holunder. Salben mit Majoran, z. B. Engelwurzbalsam, werden auf und rund um die Nase aufgetragen, wobei die darin enthaltenen Öle schleimlösend und antibakteriell wirken und die Nasenatmung erleichtern. Bei Erkrankungen der Atemwege werden zur Stärkung des Immunsystems Extrakte der Kapland-Pelargonie und des Roten Sonnenhutes verwendet. Ersteres soll zusätzlich die Schlagfrequenz des Flimmerepithels erhöhen und somit positive Effekte auf die mukoziliäre Clearance ausüben.