So treten Sie „Dr. Google“ wirksam entgegen

Donald Trump, seit kurzem neuer US-Präsident, gilt als absoluter Meister in dieser Disziplin: dem Verbreiten von Fake News. Während der Coronakrise twitterte er über die damalige Sprecherin der Demokraten im Repräsentantenhaus: „Crazy Nancy Pelosi“. Diese sei „verantwortlich für viele Tote“, meinte er. Das war zwar falsch, aber seine Fans scherte das wenig. Trumps „alternative Wahrheiten“ sind vielen von ihnen in Fleisch und Blut übergegangen. Da nutzte auch nichts, dass die renommierte Washington Post in einer eigens zusammengestellten Fakten-Checker-Datenbank nachgewiesen hat, dass Trump in den 1.461 Tagen seiner ersten Amtszeit insgesamt 30.573 falsche oder irreführende Behauptungen aufgestellt hat, wie das Magazin Spiegel Geschichte jüngst berichtete.

Fake News gehören längst zu unserem Alltag – auch und vor allem im Gesundheitsbereich. Verbreitet werden sie über verschiedene pseudowissenschaftliche Seiten im Internet, soziale Medien und diverse Ratgeberseiten unter eifriger Mithilfe von „Dr. Google“, der allzu oft als erste Informationsquelle herangezogen wird und auf jede Frage unzählige Antworten liefert. Sie glauben das nicht? Nun wagen wir die Probe aufs Exempel und stellen der allgegenwärtigen Suchmaschine die simple Frage: „Was tun bei Diarrhö?“ Binnen nicht einmal einer Sekunde liefert Dr. Google an die 1.600 Links – ganz oben natürlich jene, für die bezahlt wurde. Wie wichtig Dr. Google und seine „Kumpanen“ mittlerweile geworden sind, zeigt ein Factsheet der Gesundheit Österreich GmbH. Demnach suchen bei gesundheitlichen und medizinischen Fragen 76 % der Befragten Rat im Internet, und 44 % greifen auf soziale Medien zurück. Das Problem dabei: „Circa 1,76 Millionen Österreicher:innen, die das Internet in Bezug auf medizinische und gesundheitliche Fragen nutzen (rund 30 %), haben im Durchschnitt Schwierigkeiten im Umgang mit digitalen Gesundheitsinformationen“, wie es im Factsheet heißt.

Was tun bei Fake-News-Überzeugten

Doch zurück zu den 1.600 Antworten von Dr. Google: Mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit werden sich unter diesen Links auch einige Tipps finden, die den gesunden Menschenverstand außer Acht lassen, wissenschaftlich betrachtet ein vollkommener Blödsinn sind und trotzdem vom/von der einen oder anderen geglaubt werden. Bleibt letztlich die Frage, wie man als Apotheker:in gegensteuern kann, wenn Kund:innen mancher dieser Fake News aufgesessen sind.

Eines vorweg: Kühle Rationalität und der Verweis auf wissenschaftliche Fakten können sehr schnell zum Gesprächsabbruch führen. Laut dem Vertrauensbarometer der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (2024) haben 73% der Befragten sehr starkes bzw. starkes Vertrauen in die Wissenschaft, 23 % geben sich indifferent bzw. sind skeptisch (Note 3), ganze 5 % vertrauen der Wissenschaft nicht oder gar nicht. Diese Werte sind zwar besser als in unserem Nachbarland Deutschland, wo satte 9%Wissenschaft und Forschung negativ beurteilen und 34 % „teils, teils “als Antwort geben. Die Mehrheit ist also durchaus positiv eingestellt; allein, das hilft wenig, wenn man im Gespräch genau auf einen an der Wissenschaft zweifelnden oder die Wissenschaft ablehnenden Menschen trifft.

Erfolgreiche Kommunikationsstrategien im Umgang mit Menschen, die von Fake News überzeugt sind, sind vor allem für Fachkräfte aus dem Gesundheitswesen ein schmaler Grat, den man trotzdem beschreiten sollte – auch wenn der Erfolg manchmal ausbleibt. Im Folgenden eine paar Tipps, die helfen können, um ein solches Gespräch erfolgreich zu führen.

Nehmen Sie zuallererst eine positive Grundhaltung ein:

  • Treten Sie Ihrem Gegenüber mit Respekt und Empathie entgegen.
  • Vermeiden Sie eine belehrende oder herablassende Haltung.
  • Zeigen Sie Verständnis für die Sorgen und Ängste Ihres/Ihrer Gesprächspartner:in.
  • Bleiben Sie ruhig und sachlich, auch wenn es Ihnen mitunter schwerfällt, weil Sie provoziert werden.

Besonders wichtig ist das aktive Zuhören. Diese „Kunst“ sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, gerät aber leider allzu oft in Vergessenheit. Was versteht man darunter?

  • Lassen Sie Ihr Gegenüber ausreden.
  • Fassen Sie das Gesagte in eigenen Worten zusammen.
  • Stellen Sie offene Fragen zum besseren Verständnis.
  • Bestätigen Sie berechtigte Sorgen und Zweifel.

Statt im Gespräch Mauern zu errichten, welche die Fronten verhärten und leicht in einem Streit enden, sollten Sie versuchen, Brücken zu bauen:

  • Suchen Sie nach gemeinsamen Werten und Zielen. Dies wird vielleicht nicht immer gelingen, aber allein der Versuch wird in den meisten Fällen vom Gegenüber positiv wahrgenommen.
  • Betonen Sie Gemeinsamkeiten statt Unterschiede.
  • Nutzen Sie Formulierungen wie „Ja, und…“ statt „Ja, aber …“, weil Letztere rasch den Eindruck von Besserwisserei hinterlassen können.
  • Schaffen Sie eine vertrauensvolle Gesprächsatmosphäre.

Fakten statt Fake – Erfahrung wirkt manchmal besser

Besonders heikel wird es, wenn Sie versuchen, Ihr vom Fake überzeugtes Gegenüber mit Fakten zu überzeugen. Folgende Tipps können dazu beitragen, das Gespräch in eine geordnete Bahn zu lenken:

  • Führen Sie wissenschaftliche Erkenntnisse behutsam ein. In puncto Vertrauen in die Wissenschaft hat die Coronapandemie leider negative Folgen gezeitigt (siehe auch oben). Deshalb kann es mitunter hilfreicher sein, wenn Sie im Gespräch Ihre Erfahrung als Apotheker:in einbringen. So könnten Sie zum Beispiel auf eine Formulierung wie „vielen meiner Kund:innen hat das gut geholfen“ zurückgreifen. Sollten Sie das Medikament selbst schon einmal benutzt haben, kommen Aussagen wie „ich habe selbst manchmal das Problem, mir hat das sehr gut geholfen“ noch besser an.
  • Nutzen Sie eine verständliche Sprache, und vermeiden Sie so weit wie möglich Fachjargon.
  • Versuchen Sie, mit konkreten Beispielen und Analogien zu argumentieren.
  • Vermeiden Sie eine Informationsüberflutung, dies könnte zu einer noch größeren Verunsicherung führen.

Zum Abschluss noch ein paar Tipps dazu, was Sie im Gespräch unbedingt vermeiden sollten:

  • Vermeiden Sie eine direkte Konfrontation: Versuchen Sie nicht, Ihr Gegenüber bloßzustellen oder als uninformiert darzustellen.
  • Es geht nicht ums Überzeugenwollen um jeden Preis: Akzeptieren Sie, dass Sie nicht jede:n überzeugen können. Säen Sie stattdessen Samen des Zweifels an den Fake-Behauptungen.
  • Kein Faktenbombardement: Eine Flut von Fakten führt oft zu Abwehrreaktionen und verstärkt bestehende Überzeugungen.
  • Lassen Sie sich nicht in erhitzte Diskussionen verwickeln – vermeiden Sie eine emotionale Eskalation.
  • Vermeiden Sie es, alle alternativen Ansichten als Unsinn abzutun. Machen Sie keine pauschale Abwertung.

Fakten oder Fake – letztlich ist alles eine Frage der Gesprächskultur, Empathie, des Zuhörens und der richten Präsentation.