Heutzutage sieht die Sache anders aus: Die Nahrungssuche löst keine Stresssituation mehr in unserem Körper aus (außer der Discounter des Vertrauens hat Luxusküchenmaschinen-Nachbauten in Aktion), aber dafür so ziemlich das ganze restliche Leben – die Mehrfachbelastung von Familie und Job, die ungeplanten Überstunden, Termine, die fristgerecht eingehalten werden müssen, dauernde Erreichbarkeit über Smartphone und E-Mail, der gesellschaftliche Druck, die Freizeit „sinnvoll und aktiv“ zu gestalten, und nicht zuletzt alles, was man unter „Technikstress“ zusammenfassen darf. Und Letzterer trifft nicht nur „die Jungen“. Auch Personen jenseits der 60 verfallen zunehmend den Lockungen der digitalen Welt – allerdings nicht immer mit dem Bedürfnis, nichts versäumen zu dürfen, sondern vielmehr, um mit dem schnellen Leben mithalten zu können.
Das führt in unserem Körper zu dauerhaften Stressreaktionen. Was im Kampf gegen den Säbelzahntiger von Vorteil war, bringt uns heute im schlimmsten Fall um. Schuld daran sind die fehlenden Entspannungspausen, um den erhöhten Blutdruck, den schnelleren Puls, die freien Radikale, die verminderte Libido, die reduzierte Durchblutung im Verdauungstrakt und alles, was unserem Körper sonst noch im Gefechtsmodus dienlich ist, wieder auf ein normales Level zu bringen. Bereits vor einigen Jahren hat die WHO Stress als die große Gesundheitsgefahr des 21. Jahrhunderts bezeichnet.
Die gesundheitlichen Auswirkungen sind teilweise sehr schnell, oftmals aber auch erst nach Jahren spürbar. Ziemlich rasch bemerken wir eine Minderung der Schlafqualität – und alles, was damit einhergeht: Wir sind weniger leistungsfähig, anfälliger für Fehler, unaufmerksamer im Straßenverkehr, psychisch weniger belastbar, unausgeglichen und leicht reizbar. Außerdem streiken relativ bald Verdauung und Libido: Was auch dem Säbelzahntiger geschuldet ist – in dem Moment des Kampfes oder der Flucht sind weder die Nährstoffverdauung noch die Harnausscheidung und schon gar nicht ein erotischer Gedanke besonders hilfreich.Nach einigen Monaten spürt man eine grundlegende Energie- und Antriebslosigkeit. Die Neigung zu depressiven Verstimmungen steigt. Und in weiterer Folge kann es (nicht zuletzt durch das chronische Entzündungsgeschehen im Körper) zu einer Veränderung im Kohlehydrat- und Fettstoffwechsel kommen. Die Wahrscheinlichkeit für Diabetes, Übergewicht und kardiovaskuläre Erkrankungen nimmt zu.
Wir haben nun drei Möglichkeiten, dem Gesundheits-Crash infolge der übermäßigen Stressbelastung Einhalt zu gebieten:
Dazu müssen erst die Stressoren gefunden werden – und dann Pläne, diese entweder komplett zu meiden oder besser zu handhaben. Das kann zum Beispiel in Form einer überlegteren Planung gelingen. Oder indem man gewisse Tätigkeiten auch einfach einmal anderen überantwortet.
Der Körper braucht Zeit, um die erhöhten Hormonspiegel aus den Stressphasen wieder zu normalisieren. Finden Sie Inseln im Alltag, die Ihnen bei der Regeneration helfen. Diese können von Person zu Person unterschiedlich aussehen. Wir regenerieren nämlich nicht nur, indem wir entspannt ein Buch lesen oder den Wolken beim Vorbeiziehen zuschauen. Unser Körper baut Stresshormone auch durch Bewegung ab. Das Spektrum reicht dabei vom gemütlichen Spazierengehen bis hin zum schweißtreibenden Eindreschen auf den Sandsack. Wichtig ist, das individuelle Ventil zur Regeneration zu finden. Für viele funktionieren auch Meditation, aktive Muskelrelaxation oder andere Formen von Entspannungsübungen sehr gut.
„Resilienz“ ist vermutlich eines der großen Schlagwörter unserer Zeit. Es bedeutet, Widerstandsfähigkeit gegen die Anforderungen des Lebens aufzubauen. Hier kann die Phytotherapie sehr gut eingesetzt werden. Adaptogene Pflanzen helfen dem Körper, sich an die fordernden Lebensumstände besser anzupassen. Was den Asiat:innen der Ginseng, ist uns Europäer:innen in diesem Fall die Rosenwurz (Rhodiola rosea). Sie verbessert nachweislich die Stresstoleranz.1 Auch in Zeiten vorübergehender höherer Belastung ist die in Nordeuropa heimische Pflanze mit dem charakteristischen Rosenduft hilfreich. In einer Studie2 an jungen Student:innen konnte bereits bei einer Einnahmedauer von 20 Tagen eine signifikante Reduktion des Pulses gegenüber der Placebogruppe festgestellt werden. Die psychomotorischen Fähigkeiten waren ebenso gesteigert wie die Schlafqualität und das allgemeine Wohlbefinden. Darüber hinaus erzielte die Rhodiola-Gruppe bessere Testergebnisse und zeichnete sich durch eine geringere Fehlerquote aus.
In Zeiten erhöhter stressbedingter Belastung ist auch der Einsatz von Passionsblume eine gute Empfehlung. Sie wirkt beruhigend bei nervösen Unruhe- und Spannungszuständen und kann das Einschlafen erleichtern, ohne dabei ein Abhängigkeitspotenzial aufzuweisen3. Darüber hinaus ist auch der symptombezogene Einsatz von Melisse, Lavendel, Ashwagandha und Taigawurzel eine probate Option.
Grundsätzlich gilt aber als oberste Maxime:
Raus aus der Stress-Falle! Für die Gesundheit.