Therapie der Refluxerkrankung – wann, was, wie?

Seit der Erstbeschreibung der Refluxerkrankung durch Heinrich Quincke im Jahr 1879 hat sich unser Verständnis der Krankheitsentstehung stets weiterentwickelt. Die Pathogenese der Refluxerkrankung ist multifaktoriell: der häufigste Mechanismus für eine GERD ist das Auftreten transienter (schluckunabhängiger vagal vermittelter) Relaxationen des unteren Ösophagus­sphinkters (sog. TLOSRs). Auch eine gestörte Antirefluxbarriere (z. B. durch eine Hiatushernie) kann einen gastroösophagealen Reflux begünstigen. Weiters ist die Adipositas zu nennen, die durch eine Erhöhung des intraabdominellen Drucks nachweislich mit einer GERD assoziiert ist. Auch eine zu schwache Ösophagusmotilität kann durch eine gestörte Clearance-Funktion zu einer GERD beitragen.

Rolle der Mahlzeiten: Die meisten Mahlzeiten führen über einen puffernden Effekt zu einem Anstieg des Magen-pHs. Dennoch treten Refluxbeschwerden sehr häufig postprandial auf, weil die „acid pocket“ – eine Schicht ungepufferter Magensäure, die durch eine unzureichende Durchmischung der Nahrung mit der Magensäure entsteht – cardianahe auf dem Chymus schwimmt.

Typische und atypische Symptome

Die GERD ist mit einer Vielzahl von Symptomen verbunden, die sich in typische und atypische Refluxsymptome unterteilen lassen.

Typische Symptome sind Sodbrennen, Luftaufstoßen und Regurgitation, während atypische Symptome beispielsweise thorakale Schmerzen, Heiserkeit, chronischer Husten und Globusgefühl beinhalten. Allerdings ist eine Refluxerkrankung bei typischen Refluxbeschwerden nur in 30–50 % tatsächlich Auslöser der Symptome. Bei extraösophagealen Beschwerden scheint ein kausaler Zusammenhang noch viel seltener zu sein. Somit lässt sich die Diagnose nicht anhand der Klinik stellen, und auch das Ansprechen auf eine Therapie mit einem Protonenpumpenhemmer (PPI) hat keine Relevanz für die Diagnosestellung. Die Sensitivität und Spezifität dieses „PPI-Tests“ liegt bei typischen Symptomen nur bei 70 bzw. 44 %.

Was empfehlen die Leitlinien bei Verdacht auf GERD?

Refluxbeschwerden sollen nicht automatisch eine Gastroskopie und Funktionsdiagnostik nach sich ziehen. Bei typischen Refluxbeschwerden ohne Alarmsymptome und Risikofaktoren für einen Barrett-Ösophagus sollte zunächst eine empirische PPI-Therapie in Standarddosis für 8 Wochen eingeleitet werden. Bei Therapieansprechen sollte diese auf die niedrigste wirksame Dosis reduziert werden oder eine Bedarfstherapie erfolgen. Bei Vorliegen von Alarmsymptomen oder mindestens 2 Risikofaktoren für einen Barrett-Ösophagus oder bei fehlendem Ansprechen auf eine PPI-Therapie sollte weiterführend eine Gastroskopie durchgeführt werden.

Therapieentscheidung nach Gastroskopie

Durch die Endoskopie sollten folgende Fragen beantwortet werden: Sind Zeichen einer Reflux-Ösophagitis vorhanden? Finden sich refluxassoziierte Komplikationen wie eine Barrett-Schleimhaut oder eine peptische Stenose? Liegt eine Hiatushernie vor, oder gibt es Hinweise auf eine Differenzialdiagnose (z. B. eosinophile Ösophagitis)?
Zeigt sich in der Gastroskopie eine leichte Refluxösophagitis (Stadium A oder B laut Tabelle), sollte eine PPI-Therapie in Standarddosis über 4 Wochen eingeleitet werden.

Anschließend sollte ein Auslassversuch erfolgen, da diese Patient:innen nur ein geringes Risiko aufweisen, im weiteren Verlauf Komplikationen zu entwickeln. Bei einer schweren Refluxösophagitis (Los-Angeles-Stadium C oder D) sollte die PPI-Therapie in Standarddosis über 8 Wochen erfolgen. Diese Patient:innen wie auch diejenigen mit peptischer Striktur benötigen meist eine dauerhafte Säuresuppression.

Therapieauswahl

Eine Lifestylemodifikation stellt die Basis der Refluxtherapie dar und alle betroffenen Patient:innen sollten diesbezüglich aufgeklärt werden. Hierzu zählen vor allem die Gewichtsreduktion bei adipösen Patient:innen sowie das Erhöhen des Kopfteils des Bettes bei Patient:innen mit nächtlichen Refluxbeschwerden. Zudem sollten spätabendliche Mahlzeiten sowie Lebensmittel, die nach Angaben des/der Patient:in GERD-Symptome auslösen, vermieden werden.

Die PPIs stellen die wirksamste Medikamentengruppe in der GERD-Behandlung dar. Diese halten am effektivsten den Magen-pH über 4, indem sie irreversibel die Wasserstoff-Kalium-ATPase in den Parietalzellen des Magens hemmen. Die PPIs wirken nicht sofort, sondern müssen erst über das Duodenum in den Blutkreislauf absorbiert werden. Sie sollten daher vorzugsweise 30 Minuten vor einer Mahlzeit eingenommen werden.

Abseits der PPIs: Die kaliumkompetitiven Säureblocker (P-CABs) stellen eine neue Medikamentengruppe dar, welche die Protonenpumpe durch die Kompetition mit Kalium um die Bindungsstelle an der H+/K+-ATPase blockieren. Die mahlzeitenunabhängige Einnahme sowie das schnelle Einsetzen der Säurehemmung könnten sich als Vorteil im Vergleich zu den PPIs erweisen.
Des Weiteren stehen uns andere Wirkstoffe wie Alginate oder H2-Blocker zur Verfügung. Diese können als Add-on-Therapie eingesetzt werden oder stellen bei Patient:innen mit leichten bis moderaten Refluxbeschwerden ohne höhergradige endoskopische Refluxzeichen eine Therapiealternative dar. In ihrer Wirksamkeit zur Säuresuppression sind die H2-Blocker den PPIs unterlegen. In den vergangenen Jahren wurden sie vor allem bei nächtlichen Beschwerden als Add-On-Therapie empfohlen. Die Evidenz hierfür ist jedoch begrenzt.

Was tun bei mangelndem Therapieansprechen?

Zwischen 10 und 40 % aller Patient:innen mit Refluxbeschwerden sprechen nicht oder nur unzureichend auf eine säuresupprimierende Therapie an. Hier gilt es, zunächst zu klären, wie sicher die Diagnose einer GERD ist. Bei verifizierter Diagnose sollten die Compliance, eine falsche Medikamenteneinnahme sowie das Vorliegen funktioneller Störungen überprüft werden. Differenzialdiagnostisch sollte bei therapierefraktären Beschwerden auch an eine eosinophile Ösophagitis gedacht werden, die für ca. 4 % aller therapierefraktären Refluxbeschwerden verantwortlich ist.

Wann eine Antirefluxoperation erwägen?

Die Indikation für eine Antirefluxoperation sollte nur bei gut abgeklärten Patient:innen mit gesicherter GERD-Diagnose gestellt werden. Patient:innen, die von einer Antireflux­operation profitieren, leiden insbesondere unter typischen Refluxbeschwerden, zeigen ein zumindest teilweises Ansprechen auf eine PPI-Therapie, besitzen eine inkompetente Antirefluxbarriere und/oder zeigen in der Endoskopie trotz PPI-Einnahme eine höhergradige Refluxösophagitis.