Überblick aus psychiatrischer Sicht

Unter dem Syndrom „BPSD“ werden verschiedene Symptome zusammengefasst (Agitation, Aggression, Depression, Dysphorie, Angst, Euphorie, Apathie, Enthemmung, Reizbarkeit, Labilität).
Weiters zählen motorische Auffälligkeiten, nächtliche Verhaltensänderungen und Veränderungen im Essverhalten dazu. Man kann die einzelnen Symptome zudem nach Häufigkeit und Schweregrad bewerten. Das Auftreten solcher Symptome variiert in Häufigkeit, Dauer und Intensität über die verschiedenen Krankheitsstadien bei einzelnen Erkrankten. Bei erhöhter Vulnerabilität sind verschiedene Auslöser für die Symptomatik verantwortlich.

Neurobiologische Veränderungen

Die Vulnerabilität erklärt sich auf Basis neurobiologischer Veränderungen (veränderte Gehirnstruktur, veränderte kognitive Fähigkeiten), auf einer psychosozialen Ebene (Persönlichkeitsmerkmale, Lebensgewohnheiten), durch Faktoren der Umgebung (Über-, Unterstimulierung, soziale, infrastrukturelle und Beziehungsfaktoren) sowie auf einer bedürfnisorientierten Ebene (unbefriedigte und unerfüllte Bedürfnisse). Als Auslöser können Infektionen, Schmerzen, Hunger, Durst, Seh-/Hörstörung, Veränderungen der Umgebung und in den Beziehungen sowie Medikamente wirken.

AD-Patient:innen weisen zu Beginn der Erkrankung wenige ausgeprägte Symptome auf, am ehesten depressive, es steht die kognitive Symptomatik im Vordergrund. Im weiteren Verlauf kann es oft zu psychiatrischen Symptomen und Verhaltensstörungen wie Wahnentwicklungen, Angst, Schreiattacken, Agitation/Aggressionen sowie Tag-Nacht-Umkehr kommen. BPSD stellen besondere Herausforderungen dar, einerseits für die Versorgung zu Hause und in Pflegeheimen, andererseits in der medizinischen Behandlung bei Hausärzt:innen, im Allgemeinkrankenhaus, bei den niedergelassenen Fachärzt:innen und zuletzt natürlich in der psychiatrischen/neurologischen Behandlungseinrichtung.

Therapie der BPSD

Als therapeutische Strategien sollen präventive und nichtpharmakologische Ansätze bevorzugt werden, pharmakologische als Ultima Ratio.

Nichtpharmakologische Therapieansätze

Es empfehlen sich eine Angehörigeninformation und -schulung, das Ausgleichen der sensorischen Defizite, regelmäßige körperliche und geistige Aktivitäten, Verbesserung der medizinischen Versorgung, psychotherapeutische Interventionen (z. B. Validation, Formen der Familien- oder Paartherapie, Gruppensetting mit Betroffenen und Angehörigen, verhaltensmodifizierende Zugänge, Musiktherapie, Tiertherapie) sowie aktivierende Pflege. Studien haben nachgewiesen, dass Musiktherapie effektiv in der Reduktion von Agitation und Angst ist. Betreuung zu Hause, personenzentrierte Behandlung, Schulung und Supervision von Angehörigen konnten ebenso Agitation und Aggression reduzieren.

Pharmakologische Therapieansätze

Die Medikation in der Akutbehandlung richtet sich nach den vorhandenen Symptomen und Verhaltensstörungen. Die meisten Empfehlungen sind off-label, randomisiert kontrollierte Studien fehlen überwiegend (Tab.). Im klinischen Alltag sollten Antipsychotika und Benzodiazepine vorsichtig eingesetzt werden, regelmäßig sollten Dosisreduktionen und auch Absetzversuche unternommen werden.

Delir

Das subjektive Erleben eines Delirs ist überwiegend negativ, die Betroffenen fühlen sich hilflos und unfähig zu kommunizieren. Das Delir ist bei bis zu 40 % der Fälle vermeidbar und bei rechtzeitiger Diagnose auch gut behandelbar. Laut ICD-10-Klassifikation (F05) werden folgende diagnostische Kriterien gefordert: Störungen des Bewusstseins, der Aufmerksamkeit, der Wahrnehmung, des Denkens, des Gedächtnisses, der Psychomotorik (hyperaktiv, hypoaktiv, gemischt), der Emotionalität sowie des Schlaf-wach-Rhythmus. Der Beginn ist gewöhnlich akut, im Tagesverlauf wechselnd, die Gesamtdauer der Störung beträgt weniger als 6 Monate. Das Delir kann in jedem Alter auftreten, am häufigsten jenseits des 60. Lebensjahrs. Es wird ein Delir ohne und mit Demenz unterschieden.

Aus neuropsychologischer Sicht stellt das Delir vordergründig eine globale Aufmerksamkeitsstörung dar, bedingt durch eine individuelle Vulnerabilität (z. B. hohes Lebensalter, schwere Grunderkrankung, Alkoholismus etc.), die auf auslösende Faktoren/Noxen trifft (z. B. Schlafdeprivation, psychoaktive Medikamente, Entzugssyndrom etc.). Pathophysiologisch werden verschiedene Hypothesen diskutiert, wie ein Ungleichgewicht der Neurotransmitter Acetylcholin und Dopamin mit einem cholinergen Defizit und einem relativen dopaminergen Überschuss, weiters ein Vorliegen einer Dysregulation der Hypothalamus-Hypophysen-Achse, resultierend in erhöhten Kortisolspiegeln, und schließlich das Vorliegen einer Neuroinflammation und Aktivierung der Mikroglia als Antwort zerebraler Immunzellen auf periphere Entzündungsprozesse. Auch das Vorliegen einer direkten Hirnschädigung durch Hypoxie und Ischämie kann seine Auswirkungen zeigen.

Therapie des Delirs

Auch beim Delir sind in erster Linie präventive Maßnahmen entscheidend, um die Entstehung zu verhindern, dann die Behandlung und Beseitigung der auslösenden Faktoren und bei ausgeprägten Fällen eine unterstützende psychopharmakologische Behandlung, die so kurz wie möglich verabreicht werden soll. Aus der Identifizierung der auslösenden Faktoren ergibt sich die Behandlung: fremde Umgebung sowie Beschränkungen und Fixierungen vermeiden; Behandlung von Flüssigkeitsdefiziten, Schmerzen und Schlafstörungen, Elektrolytstörungen und anderer somatischer Erkrankungen; Überprüfung der laufenden Medikation.

Eine psychopharmakologische Behandlung ist erforderlich bei einem hyperaktiven Delir mit Angst und Agitation, das zu einer selbst- und/oder fremdgefährdenden Situation geführt hat. Auf Nebenwirkungen bei einer antipsychotischen Therapie ist zu achten. Die Diagnostik und Behandlung des Delirs sind von immenser Bedeutung, unbehandelt kommt es zu erhöhter Morbidität und Mortalität sowie zu vermehrten Einweisungen in Pflegeheime.