Under Pressure: Venöse Hypertonie

Die ersten Anzeichen einer Veneninsuffizienz (VI), schwere Beine und geschwollene Knöchel nach längerem Stehen oder Sitzen, sind oft nicht Grund genug, gleich die Apotheke oder den/die Ärzt:in aufzusuchen. Doch auch diese anfänglich leichten Beschwerden dürfen nicht bagatellisiert werden. Folgende Beratungsaspekte helfen, Awareness zu schaffen und bei der Therapiewahl eine höchstmögliche Adhärenz der Patient:innen zu erzielen.

Schwachstelle Venenwand

Neben der genetischen Disposition gelten weibliches Geschlecht, Schwangerschaft und fortgeschrittenes Alter als wesentliche Risikofaktoren, aber auch Bewegungsmangel, Übergewicht und hormonelle Einflüsse (Hormonpräparate). Da Venen eine vergleichsweise dünne Wand mit wenig glatter Muskulatur aufweisen, können sie erhöhter orthostatischer Belastung langfristig kaum standhalten, zusätzlich fördern Entzündungen das „Ausleiern“ der Gefäße – die Venenklappen schließen nicht mehr vollständig. Dadurch entsteht ein Stau mit steigendem hydrostatischem Druck (venöse Hypertonie), der weitere Klappen schädigt, zuerst in der Peripherie, danach bis auf Herzebene und in die oberflächlichen Beinvenen, die sich aufweiten und Krampfadern (Varizen) bilden. Der erhöhte Filtrationsdruck in den Kapillaren verursacht Ödeme und eine Mangelversorgung mit Sauerstoff und Nährstoffen, die schließlich zu Gewebsdefekten führen können.

Unspezifische Symptome

Das Spektrum der Symptome reicht von den oben genannten ersten Anzeichen über Spannungsgefühl, ziehende Schmerzen, trockene, juckende Haut, Phlebödeme an den Knöcheln, geschwollene Beine und bräunliche Hautverfärbungen durch Eisenpigmente bis hin zum Ulcus cruris venosum („offenes Bein“). Die häufigste Form zur Selbstmedikation stellt die primäre Varikose mit den typischen Besenreisern (Teleangiektasien) bzw. im fortgeschrittenen Stadium Krampfadern dar. Allerdings können den teils unspezifischen Symptomen auch viele andere Ursachen zugrunde liegen und sollten erfragt werden: die Einnahme bestimmter Medikamente (Amlodipin, Lercanidipin, Glukokortikoide), Herzinsuffizienz, rheumatische Erkrankungen, Neuropathien, Diabetes mellitus oder Thrombophlebitis.

Kombinationstherapie

Je früher therapeutische Maßnahmen gesetzt werden, desto eher lässt sich das Fortschreiten einer VI aufhalten. Schon die Basistherapie mit Hochlagerung, Aktivierung der Muskelpumpe sowie das Tragen von Stütz- oder Kompressionsstrümpfen ver­bessert die Hämodynamik; Hilfsmittel wie Gummihandschuhe oder Abrollhilfen erleichtern die Anwendung. In Kombination mit der medikamentösen Therapie können die Effekte synergistisch verstärkt werden. Topische Venensalben und Gele mit antiphlogistischer, gefäßabdichtender (Rotes Weinlaub, Rosskastanie, Troxerutin), abschwellender (Heparin), kühlender (Methylsalicylat, Menthol, Kampfer) und pflegender (Dexpanthenol) Wirkung lindern die subjektiven Symptome, beim Einmassieren in Richtung zum Herzen werden außerdem der venöse Rückfluss und der Abtransport der Lymphe unterstützt. An oralen Venenmedikamenten sind in Österreich Präparate mit Rotem-Weinlaub-Extrakt (Quercetin-Glucuronid, Kämpferol-Glukosid), Rosskastanien­extrakt (Aescin) und Flavonoiden wie ­Oxerutin, Diosmin sowie Rutosid erhältlich, die Patient:innen sind aber darauf hinzuweisen, dass die volle Wirkung erst nach einer steten Einnahme von 2–4 Wochen erzielt werden kann. Ein:e Ärzt:in sollte aber bereits dann aufgesucht werden, wenn nach 3 Tagen Selbstmedikation keine ­Besserung aufgetreten ist oder wenn ­Komplikationen wie strangartige subkutane Verhärtungen (oberflächliche Venenthrombosen), Venenentzündungen oder Varizenblutungen vorliegen.