Die Gründe für die herausragende Rolle der Phyto-Urologika sind zum einen deren breites pharmakologisches Wirkungsprofil und die zwischenzeitlich vorhandenen klinischen Wirksamkeitsnachweise. Wichtig ist allerdings, die Grenzen der phytotherapeutischen Möglichkeiten und die Notwendigkeit eines Einsatzes von chemisch-synthetischen Arzneimitteln nach Krankheitsgrad zu beachten. So können eine Prostatitis, ein fiebriger Harnwegsinfekt, eine Nephritis, eine Reizblase im Stadium III mit Tenesmen und eine Reihe weiterer urologischer Erkrankungen nicht mit Phyto-Urologika allein therapiert werden.
Als Darreichungsform kommt die gesamte Palette der galenischen Möglichkeiten infrage. Dies beginnt bei der Einnahme ganzer oder granulierter Kürbissamen und reicht bis zu Weichteilgelatinekapseln, die konzentrierte Spissum- oder Trockenextrakte enthalten. Die Teezubereitungen als Blasen- oder Nierentees sind im Rahmen der Durchspülungstherapie bei Harnwegsinfekten, dysurischen Beschwerden, Nephrolithiasis etc. eine gängige Applikationsform. Blasen- und Nierentees können außerdem durch ethanolisch-wässrige Auszüge (Tinkturen) in ihrer Wirksamkeit verstärkt werden.
Der Harnwegsinfekt ist eine akute Entzündung von Harnröhre oder Blase (Zystitis), die sich durch Brennen bzw. Schmerzen beim Wasserlassen und durch häufigen Harndrang äußert. Leichte Formen können gut mithilfe der Phytotherapie behandelt werden. Bei ausgeprägterem Befund oder Risikokonstellation (Immunsuppression, Niereninsuffizienz, Anomalien der Harnwege etc.) sind aber Antibiotika erforderlich.
Die Hauptursache für unkomplizierte Harnwegsinfekte sind uropathogene Escherichia coli (UPEC) (80–90 %). Begünstigt werden sie durch Unterkühlung, häufigen Geschlechtsverkehr oder Hormonveränderungen, z. B. nach einer Schwangerschaft oder der Menopause.
Die deutsche S3-Leitlinie gibt ein durchaus positives Votum für einige pflanzliche Arzneimittel bei unkomplizierten Harnwegsinfekten ab.1
Zum Einsatz in der phytotherapeutischen Differenzialtherapie bei unkomplizierten Harnwegsinfekten kommen besonders die Aquaretika. Diese eignen sich zur Durchspülungstherapie, z. B. Birkenblätter, Brennnesselkraut und -blätter, Liebstöckelwurzel und Petersilienkraut; einige haben auch spasmolytische und analgetische Wirkung, z. B. Goldrutenkraut oder Schachtelhalmkraut.
Bärentraube (Arctostaphylos uva-ursi): Bärentraubenblätter wirken antimikrobiell gegen die häufigsten Erreger von Harnwegsinfekten; der Wirkstoff ist ein hochdosierter Extrakt aus Bärentraubenblättern mit dem aktiven Inhaltsstoff Arbutin. Studien belegen, dass der Wirkstoff den Wirkort schon nach vier Stunden erreicht. Eine schnelle Beschwerdelinderung sollte bereits in den ersten Tagen spürbar sein; nach durchschnittlich sechs bis sieben Tagen sollte die Blasenentzündung vollständig ausgeheilt sein.
Birke (Betula pendula): Birkenblätterextrakte wirken leicht diuretisch und antientzündlich, sie haben sich neben Goldrutenblättern zur Durchspülungsbehandlung bewährt und sind gut mit antimikrobiellen Therapien kombinierbar.
Cranberry (Vaccinium macrocarpon): Verhindert die Anheftung von E. coli an die Schleimhäute des Harntraktes, hierdurch sind sie zur Therapie und Prophylaxe bei durch E. coli bedingten rezidivierenden Harnwegsinfekten wirksam.
Echte Goldrute (Solidago virgaurea): Wirkt leicht diuretisch, krampflösend und antientzündlich; wichtigstes Mittel zur Durchspülung bei akuten und rezidivierenden Harnwegsinfekten, gut mit anderen antimikrobiellen Therapien kombinierbar.
Meerrettich (Armoracia rusticana) und Kapuzinerkresse (Tropaeolum majus)
Wirkt leicht antimikrobiell, Pseudomonas und Klebsiella sind resistent, die Wirkstoffe sind Vorstufen von Senfölen, die über die Nieren ausgeschieden werden, wo sie ihre volle Wirkung entfalten.
Wirkungen Phyto-Urologika3