Vaginalbeschwerden individuell behandeln

Die mikrobielle Besiedelung der Vagina bildet eine wichtige Barriere gegen diverse Keime. Die physiologische Vaginalflora besteht hauptsächlich aus verschiedenen Arten von Laktobazillen, wodurch sich ein saures Milieu mit einem pH-Wert zwischen 3,8 und 4,4 ergibt. Einige Keime produzieren zusätzlich gegenüber Anaerobiern bakterizides Wasserstoffperoxid.

Die Hauptvertreter sind Lactobacillus acidophilus, L. gasseri, L. crispatus, L. iners und L. jensenii. Veränderungen des pH-Wertes sind unter anderem durch hormonelle Schwankungen möglich, beispielsweise während der Schwangerschaft, der Menopause oder der Einnahme oraler Kontrazeptiva. Dadurch kann in bestimmten Lebensphasen das Infektionsrisiko erhöht sein. Auch im Rahmen einer Antibiotika- oder Kortikoidtherapie bzw. bei immungeschwächten Personen sowie bei Diabetikern ist die Vaginalflora beeinträchtigt. Aggressive Intimreinigungsprodukte können das Vaginalmilieu ebenfalls negativ beeinflussen und Infektionen begünstigen.

Genitalmykosen

Einer der häufigsten Erreger einer Genitalmykose ist Candida albicans. Typische Symptome einer Vaginalmykose sind weißlich krümeliger Fluor vaginalis, Juckreiz, Brennen und veränderter Geruch. Der häufigste Übertragungsweg ist ungeschützter Geschlechtsverkehr mit einem – häufig sogar symptomlosen – infizierten Partner. Auch Schwimmbäder, Sauna und öffentliche Toiletten sind mögliche Infektionsquellen. Mykosen sind grundsätzlich gut behandelbar. Rezeptfreie antimykotisch wirkende Vaginaltabletten werden am besten abends vor dem Schlafengehen lokal appliziert und können mit Cremen kombiniert werden. Ist nach drei Tagen keine Besserung eingetreten, so sollte der Arzt aufgesucht werden. Bei Infektionen in der Schwangerschaft ist generell zum sofortigen Arztbesuch zu raten, da Vaginalinfektionen mit einem erhöhten Risiko für Frühgeburten assoziiert sind. Auch kurz vor der Geburt ist die Kontrolle der Vaginalschleimhaut wichtig. Eine bestehende Candidose kann durch den Geburtsvorgang auf das Kind übertragen werden und beim Neugeborenen eine Soorinfektion verursachen. Auch in der Stillzeit ist eine rasche ärztliche Abklärung zu empfehlen.

Bakterielle Vaginosen

Nicht immer ist jedoch eine Mykose die Ursache für Beschwerden. Oftmals liegen Mischinfektionen aus Bakterien und Pilzen vor. Die häufigsten Erreger einer bakterielle Vaginose sind Escherichia coli und Gardnerella vaginalis. Dabei ist der Ausfluss meist wässrig und grau bis weiß und fällt durch unangenehmen Geruch auf. Eine genaue Diagnose sollte jeden-falls durch den Arzt erfolgen, auch um andere Infektionen – beispielsweise durch Chlamydien, Trichomonaden, HI- oder Herpes-Viren – auszuschließen. Auch bakterielle Vaginosen während der Schwangerschaft erhöhen das Risiko einer Frühgeburtlichkeit immerhin um den Faktor 1,5 bis 21. Regelmäßige gynäkologische Kontrollen sind daher von besonderer Bedeutung. Auch die regelmäßige Selbstmessung des vaginalen pH-Wertes während der Schwangerschaft stellt eine wirksame Prophylaxe dar.

Bakterielle Infektionen werden mit lokal antiseptisch wirksamen Arzneimitteln wie beispielsweise Octenidin, Dequaliniumchlorid oder Benzydaminhydrochlorid behandelt. Vaginalspülungen werden am besten in der Badewanne oder Dusche durchgeführt. In einigen Fällen ist eine ­lokale oder orale Antibiotikagabe erfor­derlich.

Hygiene und Prophylaxe

Neben der medikamentösen Therapie ist auch die Hygiene von besonderer Bedeutung. So sollten Handtücher und Unterwäsche möglichst bei mindestens 60 °C gewaschen werden. Baumwollwäsche ist Kunstfaser vorzuziehen, um vermehrtes Schwitzen zu vermeiden. Außerdem sollte die Kleidung nicht zu eng sitzen, um eine ausreichende Luftzirkulation zu ermöglichen. Wichtig ist weiters, Slipeinlagen, Binden und Tampons spätestens dann zu wechseln, wenn diese feucht sind. Bei den Slipeinlagen sind luftdurchlässige Fabrikate zu bevorzugen. Für die Intimreinigung sind milde alkalifreie Reinigungsprodukte empfehlenswert, um die Vaginalflora nicht aus dem Gleichgewicht zu bringen. Sehr effektiv sind spezielle Pflegeprodukte auf Milchsäurebasis. Generell ist von übertriebener Hygiene ebenso abzuraten wie von mangelnder Sauberkeit. Stark parfümierte Hygieneartikel wie etwa Intimsprays oder -deos haben eher nachteilige Wirkung und sollten daher vermieden werden. Nach der Reinigung sollte der Intimbereich vorsichtig abgetrocknet werden, auf zu festes Rubbeln mit dem Handtuch ist jedoch zu verzichten. Bei der Intimrasur ist eine Nassrasur zu bevorzugen, Enthaarungscremes sind eher zu vermeiden.

Auch der Toilettenhygiene sollte besondere Aufmerksamkeit gelten. Wichtig ist dabei vor allem, dass die Reinigung immer von vorne beginnend in Richtung After erfolgt. Besondere Vorsicht ist in Schwimmbädern, Thermalbädern, Whirlpools und in der Sauna geboten. Ein warm-feuchtes Milieu ist der ideale Nährboden für Keime und somit eine häufig Infektionsquelle.
Als wichtigster Infektionsschutz gilt die Aufrechterhaltung der physiologischen Vaginalflora. Mikrobielle Präparate zur ­lokalen Applikation auf Basis von Lactobacillus-Arten unterstützen den Wiederaufbau der physiologischen Scheidenflora und können auch über einen längeren Zeitraum bedenkenlos angewendet werden. Empfehlenswert ist auch eine prophylaktische Gabe dieser Präparate. So sollte zu jeder Antibiotikatherapie sowohl ein Probiotikum für die Darmflora als auch für die Scheidenflora empfohlen werden, um Infektionen vorzubeugen. Auch vor und nach Aufenthalten in Schwimm- oder Thermalbädern ist eine derartige Prophylaxe empfehlenswert.

Zur Auswahl stehen einerseits lokal anzuwendende probiotische Präparate (Lactobacillus gasseri, L. casei rhamnosus), die am besten abends vaginal appliziert werden. Einen schützenden Effekt hat auch lokal verabreichtes Vitamin C. Spezielle orale Probiotika gelangen zunächst in den Darm und besiedeln von dort schließlich die Vaginalschleimhaut. Die wichtigsten Stämme zur oralen Einnahme sind: Lactobacillus crispatus, L. rhamnosus, L. gasseri, L. jensenii und L. reuteri. Präbiotische Vaginalgele unterstützen die vaginale Vermehrung physiologischer Laktobazillen.