Die mikrobielle Besiedelung der Vagina beginnt bereits mit der Geburt durch die orale Aufnahme der mütterlichen Keime. Im Laufe des Lebens variiert die Zusammensetzung der Flora jedoch beträchtlich und ist von verschiedenen Lebensstadien, Lebenssituationen und vom Hormonstatus abhängig. Die hormonellen Veränderungen beeinflussen auch die Barrierefunktion der vaginalen Mikrobiota und gehen somit auch mit veränderten Infektionsrisiken einher. Das Risiko für eine vaginale Infektion kann beispielsweise während der Schwangerschaft oder der Menopause erhöht sein. Gleiches gilt bei Einnahme oraler Kontrazeptiva. Auch ein Diabetes mellitus oder ein geschwächtes Immunsystem begünstigen die Entstehung von Infektionen. Nicht zu unterschätzen ist weiters der Einfluss von Stress, der sich nicht nur im intestinalen Mikrobiom manifestieren kann, sondern auch im vaginalen. Bestimmte Arzneimittel und hier im Besonderen Antibiotika können zu einer Dezimierung der Mikrobiota führen. Auch eine übertriebene Intimhygiene mit aggressiven Reinigungsprodukten stört das bakterielle Gleichgewicht in erheblichem Maße. Einer professionellen Beratung und Aufklärung in der Apotheke kommt daher eine bedeutende Rolle zu.
Im Rahmen des „APOkongress“ der Österreichischen Apothekerkammer in Schladming („Schwanger werden – schwanger sein. Reproduktionsmedizin, Schwangerschaft, Sexualmedizin“) hielt Mag. pharm. Astrid Janovsky einen vielbeachteten Vortrag zu Kontrazeption und Vaginalinfektionen und sprach dabei zur Apotheke als Erstanlaufstelle. Sie nannte dabei die MUSS-Fragen sowie die KANN-Fragen, die in der Apotheke gestellt werden sollten, Maßnahmen im Falle eines Infekts und wertvolle begleitende Tipps für Betroffene.
Wenn eine Frau mit entsprechendem Beschwerdebild vorstellig wird, sind in jedem Fall die Einnahme von Medikamenten, die jeweiligen Begleitumstände und etwaige Stressoren abzufragen. Natürlich stellt auch ungeschützter Geschlechtsverkehr einen Risikofaktor dar. Und in vielen Fällen kommt es zu einer falschen Intimhygiene. Gerade Frauen mit Rezidiven neigen zu einer übertriebenen Intimhygiene mit den falschen Reinigungsprodukten, weiß Janovsky aus Erfahrung. Duschgele für den Körper sind auf einen Haut-pH-Wert von 5,5 ausgelegt. Der Vaginalbereich ist allerdings deutlich saurer. Hier ist der Hinweis wichtig, dass lauwarmes Wasser oder spezielle Produkte mit Milchsäure gut geeignet sind.
Von Hausmitteln wie Spülungen mit Apfelessig (zu alkalisch), lokale Anwendung von ätherischen Ölen (ein No-Go) und Joghurt („Kuhmilch hat mit Döderlein-Bakterien wenig zu tun“) zur Bekämpfung einer Infektion muss dringend abgeraten werden. Ein wichtiger Tipp für Kundinnen betrifft außerdem die Verwendung des Tampons. Was in der Bevölkerung nämlich nur wenig bekannt ist: Befindet sich der Tampon zu lange in der Vagina, sinkt der pH-Wert.
Bei vielen Vaginalinfektionen handelt es sich um Mischinfektionen aus Kandidose und bakterieller Vaginose. Der Scheidenpilz hat jedoch einen deutlich höheren Bekanntheitsgrad als die Vaginose. Bei entsprechenden Symptomen im Intimbereich vermuten viele Frauen daher, an einer Kandidose zu leiden. Als Konsequenz aus diesen Aspekten kauft einer Studie zufolge nur jede dritte Frau das für sie richtige Produkt, erklärte Janovsky in ihrem Vortrag. Eine KANN-Frage wäre daher, ob die Beschwerden schon vom Arzt abgeklärt wurden. Diese Frage ist umso wichtiger, wenn eine Kundin mit einem konkreten Produktwunsch in die Apotheke kommt. Eine weitere KANN-Frage und ein mögliches Unterscheidungsmerkmal der Besiedelung ist die Frage nach einem veränderten Ausfluss.
Treten die Beschwerden in der Schwangerschaft auf, ist ein Arztverweis notwendig. Gleiches gilt bei starkem Schmerz, Fieber, Bläschen im Intimbereich, Blutungen, Geschwüren und einem allgemeinen Krankheitsgefühl. Auch Frauen unter 18 Jahren müssen an einen Arzt verwiesen werden. Kommt es zu häufig wiederkehrenden Symptomen (> 4-mal pro Jahr), ist eine gute Beratung in der Apotheke von ganz großer Bedeutung.
Wichtige Maßnahmen bei Vaginalinfektionen sind die orale oder vaginale Anwendung von Laktobazillen, die sorgsame Intimhygiene (lauwarmes Wasser oder spezielle Produkte) und die Verwendung von Unterwäsche aus atmungsaktiven und natürlichen Materialien. Auch ein Hinweis auf die richtige Monatshygiene (z. B. Menstruationstassen) und ein Blick auf das Immunsystem lohnen sich.