Der Österreichische Apothekerverband hat wie berichtet mit 1. Jänner ein neues Präsidium. Der oberösterreichische Apotheker Mag. pharm. Thomas Veitschegger hat das Präsidentenamt für die Funktionsperiode von fünf Jahren übernommen.
Ihm zur Seite stehen als 1. Vizepräsident der niederösterreichische Apotheker Mag. pharm. Andreas Hoyer und als 2. Vizepräsident der Wiener Apotheker Mag. pharm. Dr. med. Alexander Hartl.
Als Präsident des Apothekerverbandes vertritt Veitschegger rund 95 Prozent aller Apothekeninhaberinnen und -inhaber in Österreich.
Im Apotheker Krone-Interview skizzieren die drei ihre Pläne.
Sie waren schon bisher im Präsidium, welche Pläne haben Sie jetzt als Präsident des Apothekerverbandes?
Thomas Veitschegger: Gerade aufgrund der hervorragenden Arbeit der österreichischen Apothekerinnen und Apotheker in der Corona-Pandemie haben wir in ganz Österreich ein neues, stärkeres Bewusstsein für die wichtige Rolle der Apotheken als niederschwellige Erstanlaufstelle im Gesundheitssystem geschaffen. Und auch wenn einiges erreicht wurde: Es liegen noch große Herausforderungen vor uns, und das erstklassige System der selbständigen Apotheken in Österreich wird von vielen Seiten angegriffen.
Das klingt noch sehr allgemein. Konkreter?
Veitschegger: Unsere Ziele sind klar: beste wirtschaftliche Rahmenbedingungen, das beste Service für unsere Mitgliedsbetriebe, vor allem aber für die Bevölkerung und die beste Vertretung für uns Apothekerinnen und Apotheker in der Politik und im Gesundheitssystem. Die wirtschaftliche Lage der Apotheken war durch verschiedene Parameter gekennzeichnet. Viele haben durch die Corona-Tests sicherlich gute Ergebnisse erzielt; rechnet man das aber weg, entwickelt sich die wirtschaftliche Lage nicht berauschend. Die Spannen sinken laufend und haben zuletzt einen Tiefstand erreicht. Die Apotheken müssen auch ohne Corona-Tests wirtschaftlich halbwegs sinnvolle Erträge erzielen können. Die Umsatzzuwächse kommen durch hochpreisige Medikamente, die aber sehr niedrige Spannen haben.
Andreas Hoyer: Das Testangebot war sicherlich gut, die eigentlichen Probleme sind durch die Pandemie aber größer geworden. Unter anderem weil auch der Druck durch die Digitalisierung als Folge der Pandemie größer geworden ist.
Stichwort: „Digitalisierung“. Der Versandhandel hat von der Pandemie profitiert und meldet Zuwächse. Der Apothekerverband diskutiert seit Jahren Antworten auf die Versandentwicklung, es hat sich aber wenig bewegt. Kommt da jetzt etwas Konkretes?
Veitschegger: Wir haben hier schon viel Vorarbeit geleistet. Wir mussten da wettbewerbsrechtlich und bei der AGES einiges abklären. Zur Jahresmitte wird eine gemeinsame Plattform in den Testbetrieb gehen, sodass wir sie im vierten Quartal 2022 ausrollen können. Damit wollen wir ein digitales Angebot für unsere Mitgliedsbetriebe schaffen, bei der die Möglichkeit der Zustellung von Arzneimitteln nach einer Online-Bestellung im Fokus steht.
Die Idee ist: Eine Apotheke kann sich für eine reduzierte AGES-Gebühr mit ihrem eigenen Webshop mit der Plattform verlinken. Landingpage ist www.deineapotheke.at.
Das wird dann aber nicht das Ende der Fahnenstange sein, sondern erst der Anfang. Es kommt ja auch das E-Rezept auf uns zu. Ziel ist es jedenfalls nicht, Onlinekäufer zu erreichen, die nur auf niedrige Preise schauen – für uns ist eben vor allem die Hauszustellung wichtig. Es gab viele Überlegungen, wir haben in unseren demokratischen Strukturen viel diskutiert und sind aber letztlich über diesen Aushandlungsprozess zu einem guten Ergebnis gekommen – auch wenn das etwas gedauert hat. Ergänzend dazu arbeiten wir mit drd doctors daran, Onlinesprechstunden mit Ärzten in die Apotheke zu holen.
Der Telemedizinanbieter drd doctors kooperiert bereits mit einigen Apotheken, und wir bauen das aus. Die drd-Plattform hat lauter Österreichische Wahlärzte, die Patienten online beraten. In Apotheken, die mitmachen, bekommt der Patient einen abgetrennten Bereich und kann so in einer Privatatmosphäre mit einem Allgemeinmediziner oder Facharzt reden.
Alexander Hartl: Wir müssen und wollen Mittel und Wege finden, wie wir mit unseren Kunden digital ins Gespräch kommen. Wir müssen schauen, dass wir den Kunden helfen können – über Funktionen einer Suchmaschine hinaus. Das Ziel ist es, den Kontakt zu verbessern, aber auch die Anbahnung eines Kontaktes zu erleichtern.
Hoyer: Zentral ist die Stärkung der persönlichen Beratung. Die Nähe ist unseren Kunden sehr wichtig. Ob Apotheken dann Hauszustellung anbieten, werden wir sehen. Es gibt ja auch Click-and-Collect-Möglichkeiten. Vor der Pandemie gab es da noch Hemmungen. Aber unsere Kunden haben das jetzt gelernt.
Generell zeigt sich, dass die Digitalisierung von Apotheken eher skeptisch gesehen wird. Umfragen der Apotheker Krone und des Newskanals RELATUS PHARM zeigen, dass sich maximal ein Viertel der Apotheken dafür begeistert.
Hartl: Die Apotheken sind sicher keine Digitalisierungsverweigerer. Wir haben ja auch viele elektronische Systeme in der Apotheke. Wir sind also sehr stark digitalisiert, kennen aber auch die Alltagsprobleme.
Veitschegger: Viele Apotheken sind permanent mit den laufenden Problemen der Systeme konfrontiert. Das sorgt natürlich für Ärger, wenn Dinge nicht funktionieren – etwa in der E-Medikation und bei ELGA. Die Apotheken sind sehr früh digital geworden, aber sie sind auch sehr früh mit allen Hürden der Digitalisierung konfrontiert gewesen. Wenn das Angebot einmal da ist – und es funktioniert –, wird der Anteil auch höher.
Ein anderes Thema ist die angespannte Personalsituation in den Apotheken. Es gibt viel mehr offene Stellen als Nachwuchs.
Veitschegger: Ja, die Personalsituation und der Arbeitsmarkt sind eine riesige Herausforderung. Wir haben aktuell mehr als 300 offene Stellen. Es wird immer schwieriger, PKA zu bekommen. Wir müssen hier eine Ausbildungsoffensive setzen.
Hoyer: Die Leute sind auch müde – sie haben während der Pandemie Großartiges geleistet. Durch Corona kommt auch von den Universitäten weniger Nachwuchs, weil es etwa im Laborbereich Verzögerungen gegeben hat. Die PKA bleibt zudem nach der Lehre vom Ausbildungsniveau auf einer Stufe stehen. Wir müssen hier bessere Verdienstmöglichkeiten schaffen und auch Ideen entwickeln, welche anderen Stufen man machen kann.
Hartl: Es fällt uns auch die gesamtwirtschaftliche Entwicklung auf den Kopf: Die Work-Life-Balance geht mehr Richtung Life.