Versandhandel in Österreich – was kommt auf die Apotheken zu?

Eines der Hauptprobleme der ersten deutschen Versandhändler war – neben der unklaren Rechtslage – die Warenbeschaffung. Der Großhandel wie auch die Industrie hatte zunächst kein strategisches Interesse, den Versandhandel zu beliefern. Schließlich fanden sich doch einige Apotheken, die die Ware für schnellen Profit weiterverkauften. Durch die stark steigenden Umsätze sind dann mit der Zeit auch viele Großhändler (zunächst indirekt) schwach geworden. Nach dem EuGH-Urteil und der darauffolgenden kompletten Freigabe im Jahr 2004 haben sich Industrie und Großhandel schließlich offiziell auf die neue Kundengruppe eingestellt. OTC-Firmen begannen eigens ausgebildete Key-Accounter zu den Versandapotheken zu schicken, um exklusive Aktionen zu besprechen; die Großhändler wiederum versuchten mit Serviceangeboten, wie „endverbrauchergerechte Kommissionierung“, die Versandhändler enger an sich zu binden. Drogeriemärkte haben „Pick-up“-Stellen in Kooperation mit Online-Apotheken eingerichtet, um im Gesundheitsmarkt stärker Fuß zu fassen.

Die neuen Spielregeln

Anders als in Österreich wurde in Deutschland der Versandhandel komplett freigegeben. In Deutschland ist es jedoch deutschen Apotheken nicht erlaubt, durch Rabatte auf erstattungsfähige Medikamente den einheitlichen Abgabepreis zu unterschreiten. Das führte dazu, dass Rabatte im Rx-Versandhandel nur für im Ausland beheimatete Apotheken rechtlich möglich war. Die inländischen Apotheken konzentrierten sich dafür umso intensiver auf die OTC- und Freiwahlprodukte, deren Preise frei kalkuliert werden konnten.
Zunächst meinten viele, im Wachstumsmarkt mitmischen zu müssen und haben um eine Versandhandelserlaubnis angesucht. Es stellte sich aber sehr bald heraus, dass es mehr bedarf als einen bloßen Webshop auf die Homepage zu stellen und auf die Bestellungen zu warten. Es zeigte sich, dass erfolgreiche Versender nicht nur die neuen Spielregeln des Internet wie z. B. Suchmaschinen-Optimierung oder Social-Media-Marketing erlernen müssen, sondern auch neue Formen der gezielten Kundenansprache und der Kundenbindung beherrschen sollten.
Auch wurde vielen bald klar, dass sie ihre gesamten Prozesse und die räumliche und technische Infrastruktur neu organisieren müssen. Nicht zuletzt haben jedoch die meisten unterschätzt, dass es nicht reicht, auf Preissuchmaschinen, wie „medizinfuchs.de“, ganz oben zu erscheinen, sondern dass es profunde Kenntnisse des „Pricings“ und des „Web-Category-Managements“ bedarf, um auf eine profitable Mischkalkulation zu kommen. Es ist kein Geheimnis, dass nahezu alle Versender anfangs rote Zahlen geschrieben haben.

Nach der Euphorie erfolgt die Ernüchterung

Nach der anfänglichen Euphorie ist in Deutschland heute wieder mehr Realitätssinn anzutreffen. Der Markt wächst laut IMS Health mit 8,5 % zwar weiterhin überdurchschnittlich, eine Marktbereinigung ist jedoch inzwischen eingetreten. Celesio und MedCo haben sich – teilweise unter erheblichen Verlusten – wieder von DocMorris bzw. Europa Apotheek getrennt, und auch „dm“ hat inzwischen den Versandhandelspartner gewechselt. Mit „Sanicare“ musste einer der größten innerdeutschen Versender letztes Jahr Konkurs anmelden. Innovative Dienstleister wie „ordermed“ bieten inzwischen sog. Multi-Channel- Lösungen für Präsenzapotheken an, damit diese auch den großen Versendern Paroli bieten können.