Die Früherkennung der Alkoholproblematik stellt nicht nur Ärzt:innen, Psycholog:innen und Therapeut:innen vor große Herausforderungen, sie ist das zentrale Problem der Suchtbehandlung. Zwischen dem Auftauchen suchtspezifischer Probleme und der Inanspruchnahme von Hilfsleistungen vergehen bei Männern durchschnittlich 11,3 Jahre, bei Frauen 6,5 Jahre.
Strukturierte, validierte Screening-Instrumente: Die Diskussion über Alkoholkonsum kann für Patient:innen abschreckend sein und bedarf deshalb eines nichtwertenden, offenen und akzeptierenden Interviewstils. Das National Institute on Alcohol Abuse and Alcoholism empfiehlt ein Screening mit einer Frage: „Wie oft haben Sie im vergangenen Jahr 5 oder mehr Drinks an einem Tag (für Männer) oder 4 oder mehr Drinks an einem Tag (für Frauen) getrunken?“ Wenn Patient:innen auch nur eine einzige Episode melden, wird die Durchführung des Alcohol Use Disorders Inventory Test (AUDIT) empfohlen. Diese Screening-Tests stellen keine Diagnose eines schädlichen Alkoholgebrauchs dar, sondern weisen vielmehr auf die Notwendigkeit einer formellen Beurteilung hin. Es hat sich gezeigt, dass Screenings in Allgemeinmedizin- und Spezialkliniken dazu beitragen, ALD frühzeitig zu erkennen. Wenn dies mit einer Aufklärung über die Auswirkungen auf Lebererkrankungen gekoppelt wird, kann es eine Motivation für eine Alkoholreduzierung sein. Obligatorisches Alkoholkonsum-Screening bei stationären Patient:innen und in Notaufnahmen identifiziert effektiv starke Konsument:innen, unterstützt die Diagnose einer alkoholassoziierten Lebererkrankung und verbessert die multidisziplinäre Behandlung.
Biomarker im Urin, Blut oder Haar messen Metaboliten oder Surrogate des Alkoholkonsums und können den Zeitraum des Alkoholkonsums in der jüngeren Vergangenheit abschätzen. Biomarker können als Diagnosehilfe, zur Unterstützung der Genesung und als Katalysatoren für die Diskussion mit den Patient:innen dienen, aber sollen nicht eingesetzt werden, um Patient:innen zu „überführen“ und zu „strafen“:
Die Lebererkrankung selbst wird durch eine Bestimmung der Leberwerte sowie eine Ultraschalluntersuchung – wenn verfügbar inklusive Lebersteifigkeitsmessung z. B. durch transiente Elastografie – erkannt. Erhöhte Leberenzyme, Bilirubin oder Gamma-Glutamyltransferase (GGT) oder Hinweise auf eine makrozytäre Anämie können auf Alkoholkonsum hinweisen, reichen jedoch allein nicht aus, um Alkoholkonsum als Ursache zu belegen. Daher muss bei erhöhten Leberwerten immer eine Abklärung hinsichtlich Virushepatitiden, hereditärer oder autoimmunologischer Lebererkrankungen bzw. metabolisch bedingter Lebererkrankungen erfolgen. Die Leberbiopsie kann notwendig sein, um eine alkoholische Steatohepatitis zu diagnostizieren.
Reduktion des Alkoholkonsums beziehungsweise Alkoholkarenz sind bei schädlichem Alkoholkonsum unabdingbar. Patient:innen ohne Lebererkrankung sollten über sichere Mengen an Alkoholkonsum – für Männer nicht mehr als 2 Standardgetränke (Abb.) pro 24 Stunden und Frauen nicht mehr als ein Standardgetränk pro 24 Stunden – aufgeklärt werden.
Patient:innen mit ALD oder anderen Lebererkrankungen müssen darauf hingewiesen werden, dass es keinen sicheren Alkoholkonsum gibt und dass sie komplett auf Alkohol verzichten müssen, um das Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern. Eventuell kann es dadurch auch zu einer Rückbildung der Fibrosierung kommen.
Eine multidisziplinäre, integrierte Behandlung von ALD und schädlichem Alkoholkonsum wird empfohlen und verbessert die Alkoholabstinenzrate. Die Behandlungsoptionen der Suchterkrankung sind die Kombination aus psychotherapeutischen, motivationalen und verhaltenstherapeutischen Ansätzen sowie die Verwendung von Medikamenten zur Vermeidung eines Rückfalls (z. B. Acamprosat, Naltrexon oder Baclofen). Das Erkennen von psychischen Begleiterkrankungen und Vulnerabilitäten sowie das Einbeziehen von Ressourcen für die individuelle Therapieplanung im Sinne eines Tailored Treatment sind von großer Bedeutung für den Behandlungserfolg. Wichtig ist es, eine empathische Haltung einzunehmen, um die suchttypischen Abwehrmechanismen möglichst gering zu halten.
Für die alkoholassoziierte Steatose gibt es aktuell leider keine medikamentöse Therapie. Ein klarer Therapieerfolg konnte für die Antioxidanzien Silymarin (Mariendistel), Vitamin A, Vitamin E, S-Adenosyl-L-Methionin und das durchblutungsfördernde Medikament Pentoxifyllin nicht nachgewiesen werden. Bei schwerer alkoholassoziierter Hepatitis können in bestimmten Fällen Steroide eingesetzt werden. Bei alkoholassoziierter Leberzirrhose stehen die Vermeidung von Komplikationen und die Surveillance hinsichtlich des hepatozellulären Karzinoms im Vordergrund. In einem fortgeschrittenen Stadium der Leberzirrhose kann eine Lebertransplantation notwendig werden.
Unterstützende Maßnahmen sind in allen Erkrankungsstadien sinnvoll: z. B. eine gesundheitsfördernde Ernährung, eine ausreichende Zufuhr von Vitaminen und Spurenelementen sowie bei Entzugssymptomen die Verabreichung von Medikamenten zur Beruhigung und psychischen Entlastung.