Anton Kellner: Natürlich suchen wir alle nach größeren Einheiten, weil wir unter Kostendruck stehen und auch die Tarife kaum steigen. Wir sind aber auch auf die Apotheken angewiesen und suchen die Zusammenarbeit. Etwa wenn es um die Aufnahme von kurzzeitigen Bewohnern geht. Da brauchen wir die Apotheken auch als Schnittstellen zu den Ärzten. Blistersysteme entlasten sicherlich unser Personal – etwa in der Nacht. Da gibt es Kooperationen. Aber ich kann mir nicht vorstellen, ohne die Apotheken vor Ort auszukommen.
Wir brauchen jeden, der Heime beraten kann und mit uns Lösungen erarbeitet. Wir kaufen nicht die Medikamente, sondern vor allem die Beratung. Diese Expertenstellung müssen die Apotheken aber auch wahrnehmen und anbieten. Wir entwickeln derzeit etwa mit Apotheken in einem Projekt zur Polymedikation neue Lösungen. Für uns ist nicht der günstige Einkauf wichtig, sondern wie wir etwa bei Patienten unnötige Medikamente reduzieren beziehungsweise deren Einsatz zum Wohle der Patienten verbessern können. Dafür haben wir etwa auch ein eigenes Schmerzmanagement entwickelt.
Wir kooperieren seit Jahren mit der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität Salzburg und haben im November 2015 ein wissenschaftliches Forschungsprojekt gestartet mit dem Titel „Sicherheit in der Medikamententherapie bei Altenheimbewohnern“ – kurz „Simba“. Die wissenschaftliche Leitung obliegt dem Vorstand des Institutes für Pflegewissenschaft und -praxis an der PMU, Univ.-Prof. Dr. Dr. h. c. Jürgen Osterbrink, in Kooperation mit dem Institut für Allgemein-, Familien- und Präventivmedizin. Eingebunden sind auch insgesamt sechs Apotheken in Kärnten und Niederösterreich, die mit unseren dortigen Einrichtungen zusammenarbeiten.
Die Verordnung und Überwachung der Medikation ist ein zentraler therapeutischer Aspekt in der Allgemeinmedizin. Vor allem bei gleichzeitiger Anwendung mehrerer Medikamente steigt das Risiko für potenziell unerwünschte Arzneimittelereignisse. Dies betrifft vor allem ältere Menschen, die einerseits eine veränderte Pharmakokinetik und -dynamik und andererseits ein höheres Risiko für Multimorbidität und einen entsprechend höheren Arzneimittelgebrauch aufweisen. Eine besondere Herausforderung stellt die Arzneimittelüberwachung bei Bewohnern von Pflegeheimen dar, die aufgrund häufiger körperlicher und kognitiver Einschränkungen als besonders vulnerable Population anzusehen sind. Zugleich ist die ärztliche Versorgung und regelmäßige interprofessionelle Abstimmung zwischen Ärzten, Apothekern und Pflegenden in vielen Einrichtungen unzureichend.
Durch das Projekt Simba soll die Arzneimitteltherapiesicherheit in Altenpflegeheimen der SeneCura-Unternehmensgruppe durch eine Optimierung der interprofessionellen Kooperation und Kommunikation zwischen den an der Gesundheitsversorgung beteiligten Berufsgruppen sowie durch die Etablierung einer strukturierten Dokumentation und Reflexion der Medikation der Altenheimbewohner verbessert werden. Das Projekt soll dazu beitragen, eine strukturierte Erfassung und Überwachung der Medikation in Altenpflegeheimen sowie eine verbesserte Kommunikation zwischen den Berufsgruppen dauerhaft zu etablieren.
Mit „Simpl“, einer eigens für das Projekt entwickelten Onlineplattform zum Austausch zwischen den Berufsgruppen, wird diese Kommunikation systematisiert und der Informationsfluss verbessert. Die Rolle des Hausarztes als entscheidende Person in der Therapieentscheidung wird mit dieser Plattform gefestigt. Die erste Erhebung der medikamentenbezogenen Daten fand zu Beginn des heurigen Jahres statt. Nun findet systematischer Informationstransfer und Kommunikation über die Simpl-Plattform statt. Im Spätherbst 2017 wird die nächste Datenerhebung durchgeführt, sobald die Auswertungen der ersten Analysephase vorliegen. Die Auswertung der Studienergebnisse und Projektevaluation wird bis zum Sommer 2018 fertiggestellt sein. Danach erfolgt die Planung des Roll-outs auf alle Häuser der Gruppe.