Dapagliflozin und Empagliflozin sind am weitesten verbreitet, neben anderen Vertretern wie Canagliflozin und Ertugliflozin. Der Wirkmechanismus dieser Substanzgruppe basiert auf der Hemmung des natriumabhängigen Glukosetransporters SGLT2 in den Nieren, was zu einer erhöhten Glukoseausscheidung über den Harn führt. Der genaue kardioprotektive und nephroprotektive Wirkmechanismus ist noch nicht vollständig verstanden.
SGLT2-Hemmer bei Diabetes mellitus:
Leitliniengetreu werden SGLT2i, wenn ein hohes kardiovaskuläres Risiko, kardiovaskuläre Vorerkrankungen oder ein renales Risiko besteht, im ersten Therapieschritt bei T2DM eingesetzt und erst im 2. Schritt mit Metformin ergänzt.
SGLT2-Hemmer bei Herzinsuffizienz:
Laut dem neuesten ESC Guideline Update sollen alle Patient:innen, die an einer chronischen Herzinsuffizienz leiden (in allen Stadien), SGLT2i bekommen, da gezeigt wurde, dass sie das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen und die Mortalität reduzieren können.
SGLT2-Hemmer bei chronischer Niereninsuffizienz:
In Österreich sind derzeit Dapagliflozin und Empagliflozin zur Behandlung der chronischen Niereninsuffizienz zugelassen. Es konnte eine nephroprotektive Wirkung festgestellt werden.
Derzeit decken sich bzgl. des Einsatzes von SGLT2i bei chronischer Niereninsuffizienz die Fachinformationen (Dosisreduktion bei Empagliflozin bei GFR < 60 ml/min/1,73 m2 und Kontraindikation bei einer GFR < 30 ml/min/1,73 m2 sowie für Dapagliflozin-Kontraindikation < 25 ml/min/1,73 m2 GFR) nicht ganz mit den KDIGO-Leitlinien (Kidney Disease: Improving Global Outcomes), die einen Therapiebeginn bis GFR ≥ 20 ml/min/1,73 m2 empfehlen.
Rezidivierende Harnwegsinfekte stellen eine Gegenanzeige zum Einsatz von SGLT2i dar. Zur Behandlung von Typ-1-Diabetes dürfen SGLT2i aufgrund eines erhöhten Risikos für diabetische Ketoazidosen (siehe Rote-Hand-Brief!) nicht eingesetzt werden.
Die Substanzklasse kann die Wirkung von Diuretika verstärken und das Risiko für Hypotonie und Dehydratation erhöhen. Die Kombination mit Insulin oder anderen blutzuckersenkenden Medikamenten erfordert eine sorgfältige Dosisanpassung, um das Risiko von Hypoglykämien zu minimieren.
SGLT2i können eine moderate Gewichtsabnahme (Glukosurie) unterstützen und haben kardiovaskuläre Vorteile, was sie zu einer attraktiven Wahl für viele diabetische Patient:innen macht. Sie zeigen eine positive Auswirkung auf den Blutdruck, insbesondere bei hypertensiven Diabetiker:innen. Zu Beginn einer SGLT2i-Therapie kann es zu einem vorübergehenden Anstieg des Harns und Gewichtsverlust kommen.
Aufgrund ihres Wirkmechanismus sind SGLT2i anfällig für Verordnungskaskaden. Auf wiederkehrende Urogenitalinfektionen bei Patient:innen mit SGLT2i-Verordnung sollte vermehrt achtgegeben werden. Da die Wirkstoffe den Urin „anzuckern“, siedeln sich dort gerne verschiedene Mikroben an. Pilzinfektionen – aber auch bakterielle Infektionen – kommen daher häufiger bei Patient:innen mit Gliflozinverordnung vor. Sieht man wiederholte Antibiotikaverordnungen oder Langzeitantibiotikaprophylaxen für Harnwegsinfektionen sowie Antimykotika gegen Pilzinfektionen, sollte man dringend den Ursprung des Problems hinterfragen.
Außerdem kann die vermehrte Diurese, besonders bei älteren Patient:innen, ein Problem darstellen. Das kann einerseits zu Inadhärenz führen, andererseits dazu, dass generell weniger getrunken wird und dadurch die Gefahr einer Exsikkose steigt. Ist ein Anticholinergikum zur Verbesserung der Blasenkontinenz verordnet, sollte auch da immer nachgeforscht werden, ob das in kausalem oder zeitlichem Zusammenhang mit dem SGLT2i verordnet wurde.