Wundmanagement nach Operationen

Operationswunden gehören in die Gruppe der iatrogenen Wunden, die als Verletzungen definiert werden, die durch operative, diagnostische oder therapeutische Eingriffe hervorgerufen werden. Dazu zählen auch Inzisionen, Punktionen, Gewebeentnahmen und Laserbehandlungen. Der Schnitt ist durch scharfe, saubere, regelmäßige Wundränder gekennzeichnet und wird vom medizinischen Fachpersonal präzise unter sterilen Bedingungen durchgeführt.

Mit Hilfe von Nähten, Kleber oder Klammern wird die entstandene Verletzung mechanisch verschlossen und anschließend mit einem geeigneten Verband abgedeckt, um die körpereigene Wundheilung optimal zu unterstützen. Diese wird als komplexer biologisch-chemischer Prozess ­verstanden, der sich in mehrere ineinandergreifende Phasen gliedert. Die 1. Exsudationsphase (auch Entzündungs-, Inflammations- oder Reinigungsphase genannt) beginnt unmittelbar nach der Wundsetzung. Bedingt durch die Absonderung von Wundsekret kommt es zunächst zu einer Reinigung der Wunde sowie zu einem vorläufigen Verschluss mit dem „Fibrinnetz“.
Anschließend folgt die 2. Granulationsphase (proliferierende Phase) etwa 24 Stunden nach Entstehung der Wunde und erreicht nach 72 Stunden ihr Maximum. Neues Gewebe bildet sich und füllt die Wunde vom Grund und den Rändern ausgehend auf.
Nach 3 bis 4 Tagen startet die 3. Reparative Phase, die bis zu mehreren Wochen dauern kann. Es bildet sich über dem Granulationsgewebe eine neue Hautschicht aus Epithelzellen. Durch die Epithelisation kommt es zum Wundverschluss mit anschließender Narbenbildung.
Diese letzte Phase wird als 4. Narbenreifungs- oder Remodellierungsphase bezeichnet.

Verbandmaterial

Anforderungen an das abdeckende Verbandmaterial sind:

  • Sterilität
  • Gewährleistung einer guten Barriere
  • Absorption von Flüssigkeiten oder Exsudaten
  • gute Haftung an der Haut, jedoch ohne Verklebung mit der Wunde
  • Reduktion der Narbenbildung

Die Größe des Verbandes und der Wundauflage sollte immer im Verhältnis zur Wundgröße gewählt werden, um eine vollständige Abdeckung gewährleisten zu können.
Das Kriterium der Sterilität als Anforderung an den Verband ist hinsichtlich postoperativer Wundinfektionen elementar, da die Wundheilung durch das Eindringen pathogener Keime maßgeblich gestört/verhindert wird. Die häufigsten Erreger von postoperativen Wundinfektionen sind Bakterien der Haut-, Nasen-/Rachen- und Darmflora der Patient:innen (z. B. Staphylococcus aureus, Enterococcus spp., E. coli). Man geht davon aus, dass die Keime im Moment der Hautinzision oder während der Operation in die Wunde gelangen.

Verbandwechsel

Die primär verschlossene, nichtsezernierende Operationswunde wird am Ende des Eingriffs mit einer geeigneten Wundauflage für mindestens 48 bis 72 Stunden steril abgedeckt. Bei jedem folgenden Wechsel der Wundabdeckung (im 2- bis 3-tägigem Intervall, je nach Zustand der Wunde) und bei der Entfernung des Nahtmaterials sollte entweder die Non-Touch-Technik (dabei kommt die Hand der durchführenden Person nicht in Kontakt mit der Wunde/sterilen Wundauflage, sondern nur sterile Instrumente) zur Anwendung kommen oder mit sterilen Handschuhen gearbeitet werden.

Folgende Punkte sind beim Verbandwechsel unbedingt einzuhalten:

  • hygienische Händedesinfektion für 30 Sekunden für die durchführende und assistierende Person
  • Schutzkleidung anlegen (MNS, Haarschutz, Handschuhe, Schürze)
  • Entfernung des alten Verbandes inklusive Klebereste z. B. mit Ringerlösung sowie Begutachtung des Verbandes: Exsudatmenge, -farbe und -geruch geben Hinweise auf das Heilungsgeschehen
  • anschließend direkte Entsorgung von Verband und Handschuhen
  • erneute Händedesinfektion für 30 Sekunden
  • Wundinspektion: Rötung, Schwellung, Schmerz und Überwärmung beachten
  • Durchführung der Wundreinigung; sofern die Wunde keine Infektionszeichen zeigt, ist eine Antiseptik nicht erforderlich
  • Anbringung eines frischen Verbandes
  • anschließend direkte Entsorgung von Handschuhen und hygienische Händedesinfektion
  • Desinfektion der Arbeitsfläche

Körperhygiene

Die operierten Patient:innen dürfen bei geeigneter wasserdichter Abdeckung der betroffenen Stelle bereits 48 Stunden nach dem Eingriff wieder (kurz) duschen – sofern der Kreislauf stabil ist. Baden ist erst nach Abheilen der Wunde (ca. 10 Tage nach der OP) empfehlenswert. Die Verwendung eines pH-neutralen Duschgels ist ratsam, ein „Abschrubben“ der operierten Stelle ist zu unterlassen.

Entfernung von Nahtmaterial

Wenn die Wunde ausreichend fest verheilt ist, können Hautklammern gezogen bzw. die Nähte entfernt werden. Der genaue Zeitpunkt der Entfernung ist abhängig von der Art der Operation, Lokalisation der Wunde sowie weiteren Faktoren (Wundheilungsstörungen der Patient:innen etc.). Bei Wunden am Hals können bereits nach 6 bis 8 Tagen die mechanischen Verschlüsse entfernt werden, während dies bei Hautstellen in Gelenknähe bis zu 21 Tage dauern kann.

Sport nach der OP

Der Zeitpunkt, ab wann die operierten Patient:innen wieder Sport betreiben dürfen, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab und wird von den Operateur:innen festgelegt. Für eine optimale Wundheilung und um ein Auseinanderklaffen der Wundränder (Dehiszenz) nicht zu provozieren, sollte das betroffene Gewebe nicht zu früh und nur bis zur Schmerzgrenze belastet werden. Moderate Spaziergänge an der frischen Luft sind bald nach dem Eingriff empfehlenswert, während Dauerlauf, Schwimmen oder sportliches Fahrradfahren je nach Operation und Schmerzen erst nach 2 bis 3 Wochen wieder möglich sind. Nach Operationen im Abdominalbereich sollten für mindestens 4 Wochen nicht mehr als 10 kg gehoben werden. Bei Eingriffen an Schultern, Rücken oder Füßen ist hinsichtlich des Sports besondere Vorsicht anzuraten, da diese Regionen einer ständigen Bewegung ausgesetzt sind.

Nachsorge und Reduktion der Narbenbildung

Die Applikation von Salben bzw. Cremen mit Wirkstoffen wie Dexpanthenol, Lebertran, Hyaluronsäure, medizinischem Honig, Hamamelis- und Kamillenextrakt gilt als geeignete postoperative Maßnahme, sobald die Wunde gut verschlossen ist. Die lokale Anwendung sollte in ausreichender Menge erfolgen, um das Gewebe an den Wundrändern elastisch zu halten. Sonnenbäder und/oder Solarienbesuche sind in den ersten Phasen der Wundheilung zu vermeiden, da die UV-Strahlung ungünstige Auswirkungen auf Regenerationsprozesse, Beschaffenheit sowie Farbe der Narbe haben kann.