Bis zu 1.000 Bakterienarten leben in der Mundhöhle. Auf einem Quadratmillimeter leben dort Millionen Keime. Viele sind harmlos und erfüllen wichtige Funktionen in der Mundflora, andere sind gefährlich und verursachen Entzündungen. Zu den gefährlichen Keimen zählt zum Beispiel Aggregatibacter actinomycetemcomitans, der Substanzen produziert, die Abwehrzellen des Immunsystems ausschalten. Zahnfleisch und Zahnknochen können durch diesen Keim zersetzt werden. Ein übler Bewohner des Mundraumes ist auch Porphyromonas gingivalis, der das Immunsystem dazu bringt, körpereigene Zellen abzubauen. Der berüchtigte Streptococcus mutans ist nicht nur Kariesauslöser, sondern kann auch zu Herzklappenentzündungen führen. Die Reihe ließe sich noch weiter fortsetzen. Das Beispiel von Streptococcus mutans zeigt jedenfalls: Entzündungen bleiben nicht lokal. Bakterien wandern aus der Mundhöhle in die Gefäße, üben dort proinflammatorische Effekte aus und erhöhen damit das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Außerdem sind bestimmte Stoffwechselprodukte von Bakterien als Mitauslöser für rheumatoide Arthritis in Diskussion.
Eine ernste Erkrankung ist die Parodontitis, die ab 40 für die meisten Zahnresektionen verantwortlich ist. Sie entsteht häufig aus einer chronischen Entzündung der Gingiva, die durch Plaqueablagerungen verursacht wird. Es kommt zu Veränderungen von Farbe und Oberflächenstruktur der Mukosa. Im Gegensatz zur Parodontitis beschränkt sich die Gingivitis auf Schleimhaut und Weichgewebe.
Um all dies zu verhindern, ist eine regelmäßige und umfassende Pflege des Mundraumes und derer Zähne notwendig. Sie basiert auf mehreren Säulen: richtiges Zähneputzen, nach Mahlzeiten den Mund mit Wasser spülen, Zahnseide und Interdentalbürsten, Mundspüllösungen, Mundhygienebehandlung beim Zahnarzt. Auch die Ernährung spielt eine wesentliche Rolle. Zucker- und stärkehaltige Nahrungsmittel sind das ideale „Futter“ für Bakterien des Mundraumes. Bakterien bauen niedermolekulare und fermentierbare Kohlenhydrate zu organischen Säuren ab, was zum Absinken des pH-Wertes in der Mundhöhle führt. Das dadurch entstehende Säuremilieu führt zur Ablösung von Kalziumphosphat aus dem Zahnschmelz und von Dentin. Säuren können den Zahnschmelz jedoch auch direkt angreifen, indem sie die Zahnoberfläche aufweichen. Daher sollten die Zähne nicht unmittelbar nach dem Konsum säurereicher Speisen oder Getränke wie Obst, Wein, Fruchtsaft und Limonaden geputzt werden, weil es sonst zu mechanischen Verletzungen kommt.1
Mit dem Speichel steht eigentlich ein natürlicher Schutz vor unerwünschten Bakterien und Karies zur Verfügung. Gegen Fehlstellungen der Zähne, Furchen und Fissuren kann jedoch auch der Speichel nichts ausrichten. Zudem werden in der Nacht nur 20 ml Speichel produziert – zu wenig, um Zähne und Zahnfleisch zu schützen. Das zuvor beschriebene Absinken des pH-Wertes in der Mundhöhle wirkt sich auch auf den Speichel aus. Es kommt dadurch zu einer erhöhten Entzündungsbereitschaft und erhöhter Schmerzempfindlichkeit der weichen Gewebe im Mund.
Welche Tipps für das richtige Putzen kann man Kunden nun geben? Die schwierigen Stellen sollte man zuerst reinigen, wenn die Motivation noch am größten ist. Leichte Stellen wie die Kauflächen kann man sich für den Schluss aufheben. Beginnen sollte man mit den Innenflächen, zuerst unten, dann oben. Die Borstenachse sollte zur Zahnkrone einen Winkel von 45 bis 60 Grad bilden. Zahnoberfläche und Zahnfleisch sollten von der Borste zu etwa gleichen Teilen bedeckt sein. Mit leichtem Druck übt man anschließend kreisende Bewegungen aus.2
Zahnzwischenräume sollten mit Interdentalbürsten und Zahnseide gereinigt werden. Mit der Zahnseide wird weicher Belag und Speiserest durch sanfte und vorsichtige Auf- und Abbewegungen entfernt. Interdentalbürsten kommen in Fällen zum Einsatz, in denen die Zwischenräume etwas offener sind. Auch für die Reinigung von festsitzendem Zahnersatz, kieferorthopädischen Geräten und Implantaten bieten sie sich an.2
Prinzipiell sollte nach jeder Mahlzeit der Mund mit Wasser gespült werden, um Bakterien keine Nahrung anzubieten. Außerdem sollte nach jedem Zähneputzen eine Mundspüllösung verwendet werden. Das gilt besonders bei Gingivitis und Parodontitis. Sehr bewährt hat sich der Wirkstoff Chlorhexidin, der sowohl gegen grampositive als auch gramnegative Bakterien wirkt. Chlorhexidin ist positiv geladen und hat eine Anziehungskraft zu negativ geladenen Anteilen der Mundschleimhaut und der Zähne. Auch Bakterien im Zahnbelag haben an der Außenseite negative Ladungen. Chlorhexidin lagert sich dort an, vermindert die Anheftung der Bakterien und tötet sie ab. Auch geruchsbildende Substanzen in der Mundhöhle werden damit beseitigt. Gleiches gilt für Zink. Diese Substanz wirkt unangenehmem Mundgeruch (Halitosis) entgegen, indem Schwefelverbindungen gebunden werden. Auch Fluor ist ein wertvoller Inhaltsstoff. Die Remineralisierung des entkalkten Zahnschmelzes wird bei lokaler Anwendung gefördert.
Auch wenn all diese Maßnahmen sorgfältig durchgeführt werden, sollten Kunden sich einer gelegentlichen Mundhygienebehandlung beim Zahnarzt unterziehen. Zahnbelag selbst kann nämlich nur durch diese Methode völlig entfernt werden. Auch die Versiegelung der Zähne sorgt wieder für nachhaltigen Schutz.
Literatur:
1 Österreichische Gesellschaft für Ernährung
2 Universitätsmedizin Greifswald
Die Kariogenität ist ein Maß für das Vermögen eines Stoffes, Karies hervorzurufen. Dabei reicht die Menge an leicht abbaubaren Kohlenhydraten nicht für die Bestimmung aus. Es zählen auch andere Komponenten im Lebensmittel dazu – Fett hat etwa eine reinigende Wirkung, Proteine neutralisieren den pH-Wert. Auch die Verweildauer im Mund spielt eine wesentliche Rolle, wenn man an klebrige zähe Konsistenz mit langer Verweildauer im Mund denkt. Früchte sind prinzipiell kariogen, wenngleich ihre Zufuhr natürlich erwünscht ist. Hier gilt es, nach dem Konsum mit Wasser nachzuspülen. Konsistenzunterschiede sind allerdings zu berücksichtigen – so sind Bananen durch ihre klebrige Konsistenz kariogener als Äpfel. Lebensmittel mit Saccharose, aber auch Getränke mit Fruktose sind ebenfalls sehr kariogen. Stärke und Maltodextrin haben eine ähnliche Kariogenität wie normaler Zucker. Auch Frühstückszerealien dürfen nicht unterschätzt werden.
Leitzmann C et al., Hippokrates Verlag 2009