Unter dem Begriff „Probiotika“ versteht man genau definierte, lebende Mikroorganismen, die dem Wirtsorganismus einen wissenschaftlich erwiesenen gesundheitlichen Nutzen bringen, wenn sie in ausreichender Menge verabreicht werden. Um eine probiotische Wirkung entfalten zu können, müssen diese Mikroorganismen vermehrungsfähig und stoffwechselaktiv sein. Durch galenische Maßnahmen ist es möglich, sowohl die Dauer der Haltbarkeit entsprechender Keime im Produkt („shelf-life“) zu erhöhen als auch die Überlebensfähigkeit im Verdauungstrakt, die durch Einwirkung von Magensäure oder Gallen- und Pankreassaft vermindert werden kann, zu gewährleisten. Gemäß Definition der Food and Agriculture Organization of the United Nations und World Health Organization (FAO/WHO) aus dem Jahr 2013 werden probiotische Zubereitungen nicht mehr ausschließlich peroral eingenommen, vielmehr gibt es in zunehmendem Maße eine Palette an bukkalen, vaginalen oder topischen Formulierungen.
Stabilitätsbeeinflussende Faktoren
Bei der Herstellung von Probiotika sind eine Reihe von Faktoren zu beachten, die gleichermaßen die Keimstabilität bei der Verarbeitung zu entsprechenden Produkten, die Lagerung, die Belastungen im Gastrointestinaltrakt und somit insgesamt die Wirksamkeit betreffen. Stressfaktoren stellen hohe und niedrige Temperaturen, hohe Wasseraktivität (aw-Wert), Sauerstoff, eventuell andere Mikroorganismen oder Magensäure dar.
Bereits bei der Herstellung von Stammkulturen kann es zu beträchtlicher Beeinflussung der Haltbarkeit kommen, da die Trocknung der Bakteriensuspensionen meist durch Lyophilisation oder Sprühtrocknung erfolgt. Um hohe Überlebensraten bei der Gefriertrocknung zu gewährleisten, müssen spezielle Hilfsstoffe, wie Kryo- und Lyoprotektoren eingesetzt werden. Der Nachteil bei der kostengünstigeren Sprühtrocknung liegt bei der hohen Temperaturbelastung der Keime während des Wasserentzugs, wodurch diese Technologie nur bei weniger thermosensitiven Stämmen zum Einsatz gelangt. Die Wasseraktivität im Endprodukt ist bestimmend für die Lagerstabilität und sollte zwischen 0,1 und 0,25 betragen.
Daraus ergibt sich, dass der Konsument unter Beachtung der Gebrauchsinformation eine kühle und trockene Lagerung des Probiotikums, allenfalls vor direktem Sonnenlicht geschützt, vornehmen sollte.
Die gute Eignung trockener Zubereitungen ist dadurch erklärbar, dass eine ausreichende Lagerstabilität erzielt werden kann (bis zu 3 Jahren), hohe Dosen an probiotischen Keimen verabreicht werden können und eine Kombination mit weiteren Wirkstoffen möglich ist; sie sind weiters praktisch anwendbar für reisende Personen, geeignet für Säuglinge und Kleinkinder und darüber hinaus ist eine einfache Bevorratung möglich.
Bei wasserfreien Formulierungen, wie zum Beispiel ölige Suspensionen, können Mikroorganismen zwar in lipophilen Medien überleben, zur notwendigen Vermehrung benötigen sie jedoch ein wässeriges Medium mit Wuchsstoffen.
Um Unverträglichkeiten nicht Vorschub zu leisten, ist man heute bestrebt, Produkte frei von speziellen Zuckern, Gluten oder tierischem Eiweiß herzustellen. Bereits häufig eingesetzte Präbiotika als Zusatzstoffe sind unbedenklich und fördern das Wachstum probiotischer Keime im Darm.
Trockene Zubereitungen mit probiotischen Keimen
Weitverbreitet sind Hartkapseln, deren Hüllen entweder aus Gelatine oder Hydroxypropylmethylcellulose (HPMC) gefertigt sind und deren Inhalt in trockener Form als (kompaktiertes) Pulver oder Granulat vorliegt. Zum Schutz vor Magensäure ist entweder die gesamte Kapsel magensaftresistent überzogen (zum Beispiel mit Methacrylsäure-Methylmethacrylat-Copolymer, 1 : 1) oder der Kapselinhalt selbst ist gegen Einflüsse des Gastrointestinaltraktes geschützt.
HPMC-Kapseln weisen einen Schutz gegenüber der Magensäure auf, entsprechen aber nicht den Bestimmungen des Europäischen Arzneibuches hinsichtlich Magensaftresistenz. Bei einem Wassergehalt von 4–6 % bei Lagerungsbedingungen von 50 % relativer Luftfeuchtigkeit können diese Kapseln die Stabilität hygroskopischer Pulver signifikant erhöhen.
Aufgrund des hygroskopischen Inhalts werden Kapseln oft in Alu-Alu-Blistern verpackt, die völlig wasserdampfdicht sind; bei Glas-, Metall- oder Kunststoffgefäßen als Schüttpackungen können Trocknungsmittel in Schraubverschlüssen integriert bzw. als Trockenmittelbeutel- oder -kapseln vorliegen. Eine innovative Entwicklung stellt die Herstellung von Polypropylen-Röhrchen mit einer dünnen Innenbeschichtung aus Kieselgel und Molekularsieb als Trockenhaltemittel dar.
Weitere trockene Formulierungen sind beispielsweise Sachetfüllungen zur Bereitung von Getränken, nicht überzogene Tabletten, Kautabletten, gepresste Lutschtabletten, Pastillen, Vaginaltabletten, Vaginalkapseln und Kaugummis. Bei der Produktion von Tabletten ist grundsätzlich zu beachten, dass während der Tablettenpressung bedeutende Scherkräfte auf das Tablettiergut einwirken und bei der Anwendung hoher Pressdrücke die Keime um bis zu einer Zehnerpotenz geschädigt werden können. Besondere Nahrungsergänzungsmittel stellen Hartkapseln mit probiotischen Keimen dar, die peroral eingenommen werden und zur Aufrechterhaltung und Stärkung der natürlichen Scheidenflora von Frauen dienen. Derzeit befindet sich neben Vaginalkapseln, die vor der Applikation mit Wasser befeuchtet werden und danach tief in die Scheide eingeführt werden, auch ein „Probiotic Tampon“ im Handel, das lokal angewendet wird und gleichermaßen zur Stabilisierung des vaginalen pH-Wertes sowie des bakteriellen Gleichgewichts dienen soll.
Flüssige Zubereitungen mit trocken gelagerten Keimen
Auf dem Markt erhältlich sind Trinkfläschchen mit Drehverschluss, in dem eine Schutzkammer aus Kunststoff zur Aufnahme trockener Mikroorganismen dient. Durch Drehen wird die Kammer geöffnet, und das Pulver gelangt in die Flüssigkeit, in der dieses suspendiert wird. Einen ähnlichen Mechanismus weisen Verschlüsse von gängigen Trinkflaschen (zum Beispiel Mineralwasserflaschen) auf, wobei die lyophilisierten Keime in einer Trinkvorrichtung verblistert vorliegen; nach Durchstoßen der Aluminiumfolie wird gleichfalls dispergiert.
Flüssige Zubereitungen
Als Nahrungsergänzungsmittel sind Suspensionen erhältlich, bestehend unter anderem aus Maiskeimöl als Vehikel und vermehrungsfähige Milchsäurebakterien. Diese Suspensionen müssen zur Einhaltung der Dosiergenauigkeit vor Gebrauch geschüttelt werden. Die Haltbarkeit nach Anbruch beträgt in diesem Fall nur wenige Wochen.
Bei wässerigen Suspensionen ist zu beachten, dass die Aufbewahrung nach Anbruch kühl und lichtgeschützt erfolgen soll; da die Haltbarkeit im Vergleich zu trockenen Produkten wesentlich geringer ist, sollte das Mindesthaltbarkeitsdatum unbedingt berücksichtigt werden.
Halbfeste Zubereitungen, Suppositorien
Neuere Entwicklungen auf dem Gebiet der topischen Darreichungsformen führten zu einer Ergänzung der Palette bereits bestehender Formulierungen. Es sind diverse Produkte im Handel erhältlich, die zwar als „probiotisch“ bezeichnet werden, die aber keine probiotischen Keime enthalten. Aus Bifidobakterien gewonnene Glykoproteine, hydrolysierte Joghurtproteine, Lysate aus Laktobazillen et cetera können in Salben und Cremes eingearbeitet werden und mögen für das Leben (pro bios) der Haut auch wertvoll sein, aber diese Kosmetikprodukte sind falsch deklariert.
Eine der Definition eines Probiotikums entsprechende Salbe wird als „Probiotische Intimcreme“ (sic!) vermarktet und enthält tatsächlich Laktobazillen, die eine Wiederherstellung der natürlichen Vaginalflora unterstützen sollen.
Zäpfchen, die als Grundlage Hartfett enthalten, können zu stärkerem Ausfluss führen, die Anwendung von Slipeinlagen ist daher empfehlenswert. Die meist in Blisterfolien eingeschweißten Zäpfchen müssen bei Dauerlagerung zur Aufrechterhaltung von ausreichend vielen lebensfähigen Keimen im Kühlschrank aufbewahrt werden. Die am Markt erhältlichen Milchsäurezäpfchen enthalten keine Milchsäurebakterien, sondern Milchsäure und werden nur zur Erhaltung und/oder Wiederherstellung eines natürlichen Scheidenmilieus mit einem pH-Wert von 3,8–4,4 angewandt.
<div class=”fotocredit”>© Archiv