nach seiner namensgebenden Wiederentdeckung in Gallensteinen im Jahr 1815 war Cholesterin häufig – mehr oder wenig bewusst – Bestandteil der medizinischen Forschung.
Eine Episode begann im Jahr 1907 mit einem kuriosen Experiment des russischen Arztes Alexander I. Ignatowski: Um zu beweisen, dass Proteine in hoher Dosis toxisch sind und eine frühe Alterung bewirken, setzte er Kaninchen auf eine proteinreiche Diät, die zu großen Teilen aus Vollmilch, Eiern und Fleisch (!) bestand. Für die jungen Kaninchen erwies sich diese nicht unbedingt artgerechte Kost als giftig, die adulten Exemplare entwickelten eine Atherosklerose der Aorta.
Sein Landsmann Nikolai Anitschkow reproduzierte Ignatowskis Experiment mit dem gleichen Resultat für adulte Tiere, allerdings verwendete er statt der tierischen Proteine Cholesterin. So konnte er nachweisen, dass die atherosklerotischen Veränderungen nicht auf die Proteine, sondern auf das (später) als Lipoprotein identifizierte Cholesterin zurückzuführen waren.
Später hat vor allem der Umstand, dass Cholesterin die Ausgangssubstanz der Steroide ist, zu dessen Erforschung beigetragen. Während des Zweiten Weltkriegs gab es ein veritables Wettrennen um die Synthese von Cholesterin, die schließlich aber erst 1951 gelang. Nach dem Zweiten Weltkrieg sah sich die medizinische Wissenschaft auch mit einer Zunahme von Herz-Kreislauf-Erkrankungen konfrontiert. In weiterer Folge empfahlen kardiologische Fachgesellschaften auf Basis epidemiologischer Untersuchungen u. a. den Verzicht auf fettreiche Kost zur Vermeidung kardialer Ereignisse.
Cholesterin-Krieg: Daraufhin regte sich Widerstand: Seit den 1950er-Jahren herrschte in der kardiologischen Gemeinschaft (insbesondere in UK) der sogenannte „Cholesterol War“, bei dem sich zwei Lager gegenüberstanden, die die Rolle der Blutfette für die (Herz-)Gesundheit kontrovers diskutierten. Seinen Gipfel erreichte dieser Meinungskrieg Anfang der 1970er: In einem Brief an The Lancet widersprach der Kardiologe John McMichael evidenzbasierten Ernährungsempfehlungen energisch – und hatte Erfolg. Seine wissenschaftlich nicht sonderlich fundierten Ansichten wurden aufgrund seiner Popularität „gut publiziert“.
Die Eminenz hatte die Evidenz herausgefordert – und verloren, wenngleich erst nach einigen Jahren. Nachdem bereits Mitte der 1980er niemand mehr ernsthaft den Zusammenhang zwischen kardialen Ereignissen und hohen Cholesterinwerten anzweifelte, machte spätestens die 1994 nachgewiesene Senkung der Gesamtmortalität unter Simvastatin „Meinungen“ zu diesem Thema überflüssig. Weitere Erkenntnisse folgten (wie z. B. die Relativierung der positiven Wirkung des HDL-Cholesterins) und fanden Niederschlag in Leitlinien und Empfehlungen, wie im Interview mit Prim. Univ.-Prof. Dr. Peter Fasching nachzulesen ist, das Sie auf den Seiten 7–9 finden können.
Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Herbstbeginn und eine anregende Lektüre!