Gastroösophageale Tumoren – Hot Topic der ASCO-Plenarsitzung

Auf dem diesjährigen ASCO-Kongress wurden zwei sehr wichtige Arbeiten vorgestellt, die hochrelevante klinische Fragen zu gastroösophagealen Tumoren beantworten.

Die erste Arbeit zu gastroösophagealen Tumoren, die ESOPEC-Studie, wurde als Late Breaking Abstract #1 für die Plenarsitzung ausgewählt. In dieser Arbeit wollten Kollegen aus Deutschland die Frage beantworten, welche Behandlungsoption, das CROSS- (41,4 Gy + Carboplatin/Paclitaxel) oder das FLOT (5-FU/Leucovorin/Oxaliplatin/Docetaxel)-Protokoll, für das resektable Adenokarzinom des Ösophagus oder gastroösophageale Übergangstumoren besser wäre. Wie wir aus der Vergangenheit wissen, wurden beide Optionen für Patient:innen angewendet, wobei bisher keine Head-to-Head Vergleichsdaten verfügbar waren.

In dieser Studie wurden Patient:innen mit cT1 cN+ oder cT2-4a cNany cM0-Adenokarzinomen rekrutiert. Die Patient:innen wurden entweder einer perioperativen FLOT-Therapie (n = 221) oder einer neoadjuvanten Radiochemotherapie mit CROSS (N = 217) randomisiert. Die Ausgangscharakteristika und das chirurgische Outcome waren vergleichbar. Nach einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 55 Monaten betrug das mittlere Gesamtüberleben (OS) 66 Monate im FLOT-Arm und 37 Monate im CROSS-Arm. Die 3-Jahres-OS-Raten betrugen 57,4 % für FLOT und 50,7 % für CROSS. Ein pathologisches komplettes Ansprechen wurde bei 35 (19,3 %) Patient:innen in der FLOT-Gruppe und bei 24 (13,5 %) Patient:innen in der CROSS-Gruppe erreicht. Daten zur Verträglichkeit wurden nicht berichtet.

Zusammengefasst führte FLOT zu einem signifikanten Überlebensvorteil im Vergleich zu CROSS, das als Standardbehandlung für Patienten mit operablem Ösophagus oder gastroösophagealem Übergangskarzinomen bevorzugt werden sollte.

Auch das zweite präsentierte Abstract stammte aus Deutschland (IKF-575/RENAISSANCE, LBA4001) und zielte darauf ab, eine weitere sehr relevante klinische Frage zu beantworten, nämlich ob Patient:innen mit limitiert metastasierten gastroösophagealen Tumoren tatsächlich von einer chirurgischen Resektion nach systemischer Induktionstherapie profitieren. Der limitierte Metastasierungsstatus wurde definiert als nur retroperitoneale Lymphknotenmetastasen (RPLN) oder maximal eine betroffene Organstelle, die potenziell resezierbar oder lokal kontrollierbar ist, mit oder ohne retroperitoneale Lymphknoten. Geeignete Patient:innen wurden randomisiert und erhielten 4 Zyklen FLOT mit entweder Trastuzumab bei HER2+ oder Nivolumab bei PD-L1-Positivität. Nach 4 Zyklen wurden Patient:innen ohne Progression randomisiert und erhielten eine zusätzliche systemische Behandlung (Arm B) oder eine radikale vollständige chirurgische Resektion des Primärtumors und der Metastasen, gefolgt von der gleichen Behandlung (Arm A). Letztendlich konnten 139 Patient:innen in Arm A (n = 67) oder Arm B (n = 72) randomisiert werden. 20 % hatten nur RPLN-Metastasen, 58 % hatten nur Organmetastasen und 22 % hatten beides.

Die Ergebnisse sollten sorgfältig interpretiert werden. Der primäre Endpunkt der Studie, nämlich das OS wurde aufgrund der erhöhten Frühmortalität im chirurgischen Arm nicht erreicht, was zu sich kreuzenden Überlebenskurven führte. Patient:innen mit RPLN-Metastasen schienen am meisten vom chirurgischen Ansatz zu profitieren (medianes OS 30 vs. 17 Monate; 5-Jahres-OS 38 % vs. 19 %), während Patient:innen, die nicht auf die initialen Chemotherapie ansprachen, oder Patient:innen mit peritonealer Beteiligung hatten eine nachteilige Wirkung. Post-operative chirurgische Komplikationen waren im Vergleich zu historischen FLOT-Studien bei Patient:innen mit resektablen Tumoren deutlich höher.

Fazit: RENAISSANCE ist formal eine negative Studie, liefert aber viele wertvolle Informationen für die zukünftige klinische Forschung. Die Kolleg:innen vom Deutschen Institut für Klinische Forschung folgern, dass sich zukünftige Studien auf Patient:innen mit reiner Lymphknotenbeteiligung konzentrieren und Patient:innen, die nicht auf die initialen Chemotherapie ansprechen, oder solche mit peritonealen Metastasen ausschließen sollten. Es ist auch wichtig zu beachten, dass nur eine Minderheit der Patient:innen mit Nivolumab behandelt wurde, da die Studie lange vor der Zulassung dieser Behandlung in Europa konzipiert wurde.