Transkript:
Late-Breaking Abstr. #1 – JAVELIN Bladder 100
Revolutionär für das Urothelkarzinom war die Präsentation einer Studie als Late-breaking Abstract Nr. 1 in der ASCO Plenary Session, nämlich der Phase-III-Studie JAVELIN Bladder 100. In diese Studie wurden über 700 Patienten eingeschlossen, die nach Ansprechen auf eine platinhältige Standard-Chemotherapie (Komplettremission, partielle Remission, stable disease) eine Erhaltungstherapie mit Avelumab (i.v. alle 2 Wochen 10mg/kg KG) erhielten oder Best Supportive Care (BSC) alleine. Der primäre Studienendpunkt war das Gesamtüberleben, sekundäre Endpunkte waren das progressionsfreie Überleben und die Gesamtansprechrate.
Es konnte gezeigt werden, dass die Avelumab-Erhaltungstherapie eine hochsignifikante Verlängerung des Gesamtüberlebens erreicht (HR: 0,69). Subgruppenanalysen zeigen, dass alle Patientenpopulationen von der Erhaltungstherapie profitierten, unabhängig vom PD-L1-Status. Es besteht ein Trend, dass Patienten mit höherer PD-L1-Expression noch stärker von einer Überlebensverlängerung profitieren; das mediane Gesamtüberleben ist derzeit noch nicht erreicht (vs. 17,1 Monate mit BSC). Es profitieren aber alle Patienten bei adäquater Toxizität, sodass die Avelumab-Erhaltungstherapie nach Abschluss der Chemotherapie als Standard beim metastasierten Urothelkarzinom anzusehen ist.
Immuntherapie im adjuvanten Setting
IMvigor010 ist eine Phase-III-Studie mit über 800 Patienten, in der gezeigt wurde, dass bei Patienten mit Hochrisiko-Urothelkarzinom nach Zystekomie – mit oder ohne vorangegangener neoadjuvanter Therapie – das krankheitsfreie Überleben und das Gesamtüberleben durch Hinzugabe einer adjuvanten Atezolizumab-Therapie nicht verlängert werden konnte.
Oft stellt man sich die Frage, wie es weitergeht, wenn die Immuntherapie in die Erstlinie vorrückt. Zu dieser Frage wurden am ASCO einige Updates zu den bekannten zielgerichteten Substanzen wie Erdafitinib, zu den Antikörper-Drug-Konjugaten Enfortumab vedotin und Sacituzumab govitecan präsentiert. Diese Daten haben zeigen können, dass nach Versagen der Erstlinientherapie oder von mehreren Therapielinien es durchaus Optionen für unsere Patienten gibt. Zusammenfassend kann für das Urothelkarzinom gesagt werden, dass durch die Avelumab-Erhaltungstherapie in der JAVELIN-Bladder-100-Studie spätestens jetzt die Immuntherapie in die Erstlinie Einzug gehalten hat.
Update der KEYNOTE-426-Studie – mit Landmarkanalyse
Beim Nierenzellkarzinom wurde ein Update der Studie KEYNOTE-426 präsentiert. Es handelt sich um eine Erstlinientherapie-Studie beim metastasierten klarzelligen Nierenzellkarzinom, in der Pembrolizumab plus Axitinib versus Sunitinib verglichen wurde.
Das 2-Jahres-Update zeigt, dass der primäre Endpunkt Gesamtüberleben weiterhin hochsignifikant (HR 0,68) erreicht wird. Die Überlebensrate nach 24 Monaten liegt zugunsten der Kombinationsgruppe bei 74% vs. 66% in der Monotherapiegruppe mit Sunitinib. Auch die Ansprechrate als sekundärer Endpunkt ist weiterhin erhöht mit 60,2 % vs. 39,9%, bzw. konnte die komplette Remissionsrate noch etwas weiter erhöht werden auf fast 9% (vs. 3% in der Monotherapiegruppe).
Darüber hinaus wurde in dieser Studie untersucht, ob die Tiefe des Ansprechens mit dem Gesamtüberleben korreliert. Eine Landmark-Analyse nach 6 Monaten zeigt, dass dies der Fall ist.
Patienten mit sehr gutem Ansprechen, mit einer ≥80%igen Reduktion der Targetläsionen innerhalb von 6 Monaten, profitieren besonders. Der Outcome dieser Patienten kann mit dem Outcome nach einer Komplettremission gleichgesetzt werden. Super-Responder haben tatsächlich ein langes Überleben mit Pembrolizumab plus Axitinib.
Bedeutet Erstlinientherapie immer auch Kombinationstherapie?
In der Erstlinientherapie des metastasierten Nierenzellkarzinoms ist die Kombinationstherapie eigentlich unerlässlich, nämlich Immuntherapie kombiniert (IO-IO) oder Immmuntherapie mit TKI kombiniert (IO-TKI), dennoch stellt sich die Frage, ob alle Patienten eine Kombination benötigen oder ob es reichen würde, mit einer Monotherapie zu beginnen und bei Bedarf den CTLA4-Inhibitor Ipilimumab zu ergänzen.
Zu dieser Fragestellung wurden zwei kleinere Phase-II-Studien präsentiert.
Michael Atkins stellte eine Phase-II-Studie vor, in der bei Patienten mit gutem Ansprechen auf eine Nivolumab-Erstlinientherapie diese als Monotherapie fortgeführt wurde bzw. bei Krankheitsprogression durch Ipilimumab ergänzt wurde. Ein ähnliches Studienkonzept wurde in der Phase-II-Studie OMNIVORE verfolgt, wo ebenfalls bei gutem Ansprechen auf Nivolumab der Checkpointinhibitor als Monotherapie fortgeführt wurde und nur bei einem Nicht-Ansprechen oder bei stable disease über 48 Wochen durch Ipilimumab ergänzt wurde.
Aus beiden Studien geht hervor, dass eine Nivolumab-Monotherapie aktiv ist, die Aktivität allerdings zwischen 17 und 32% pendelt. Ähnliche Daten sind aus der TITAN-Studie vom letztjährigen ESMO bekannt. Man hat gesehen, dass durch die Hinzugabe von Ipilimumab die Ansprechrate zwischen 4 und 13% liegt und dass diese Patientengruppe keine Komplettremission erreicht. Man muss daher sagen, dass initial in der Erstlinientherapie bei fitten Patienten sehr wohl die Kombination zu bevorzugen ist, weil damit höhere Ansprechraten und mehr Komplettremissionen möglich sind. Auch deswegen, weil sonst bei Patienten, die rasch progredient werden und bei denen die Hinzugabe von Ipilimumab nicht mehr möglich ist, eine Therapieoption wegfallen würde. Ob die Monotherapie mit Nivolumab bei älteren, weniger fitten Patienten sinnvoll ist, kann – ähnlich wie bei Pembrolizumab – durchaus diskutiert werden.
Wie weiter nach vorangegangener Kombinationstherapie?
Wird in der Erstlinie eine doppelte Immuntherapie (IO-IO) oder eine IO-TKI-Kombinationstherapie eingesetzt, stellt sich immer wieder die Frage nach der optimalen Zweitlinientherapie.
Hierzu wurden am ASCO einige kleinere Studien präsentiert. In der Studie FRACTION-RCC (Abstract 5007) konnte gezeigt werden, dass nach Versagen einer IO-Therapie (alleine oder in Kombination) mit einer Reinduktion der Immuntherapie (Nivolumab+Ipilimumab) Ansprechraten von ca. 15% zu erreichen sind. Auch in dieser Studie mit einer relativ kleinen Patientenpopulation konnte keine Komplettremission erreicht werden.
Im Gegensatz dazu zeigte das Update einer hochinteressanten Phase-II-Studie (Study 111/KEYNOTE-146), in der Lenvatinib plus Pembrolizumab nach Progression auf IO-Therapielinien kombiniert eingesetzt wird, dass damit je nach Vortherapie Ansprechraten von bis zu 59% möglich sind. Diese hochpotente Kombination ist nach der Erstlinie sehr sinnvoll, auch wenn es sich hierbei nur um Phase-II-Daten handelt. Eine größere Phase-III-Studie im früheren Therapiesetting ist am Laufen.
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