Zu den Arbeiten, die möglicherweise schon in naher Zukunft die Klinik beeinflussen werden, zählen zwei Late-Breaking-Abstracts. Eine Arbeit aus dem Münchner Leukämie-Labor, die anhand molekularer Analysen bei über 1.300 Patienten neue genetische Veränderungen aufzeigt, die mit funktionellen Pathways korreliert werden sollen. Dieser enorme Datenschatz wird wohl in Zukunft dann auch klinisch gehoben werden. Die zweite Arbeit ist eine randomisierte Studie zur Erhaltungstherapie bei AML-Patienten in kompletter Remission nach Induktionschemotherapie. Bei diesen Patienten, die für eine Stammzelltransplantation nicht geeignet waren, wurde orales Azacitidin gegen Placebo untersucht und konnte das Gesamtüberleben um etwa 10 Monate verbessern, auf 24,7 Monate. Die Verträglichkeit der Therapie wird als akzeptabel geschildert. Denkbar ist, dass eine Zulassung erfolgen wird und damit erstmals bei AML eine Erhaltungstherapie am Horizont erscheint. Die Besonderheit besteht darin, dass man in den letzten 50 Jahren mit der Etablierung von Induktions- und Konsolidierungstherapien immer wieder auch versucht hat, eine Erhaltungstherapie zu etablieren, was bislang aber nicht gelungen ist. Ergänzt wird diese Präsentation auch mit Daten zur Erhaltungstherapie mit anderen, parenteral verabreichten hypomethylierenden Substanzen.
Ein immunologischer Therapieansatz bei AML erfolgt mit bispezifischen Antikörper-Konjugaten, die auf AML-Stammzellen wirken (CD33, CD123, CD70 als Target). Checkpoint-Inhibitoren werden in vielen Programmen weiter untersucht, die richtige Patientenselektion dürfte dabei wesentlich sein. Zu den neuen immunmodulierenden Targets zählt TIM3 mit MPG453 als investigativem Antikörper gegen dieses Target.
Besonders interessant in diesem Kontext ist Magrolimab, ein CD47-Antikörper, dem aktuell von der FDA eine Fast-track-Designation bei AML zugesprochen wurde. Das Makrophagen-Immuncheckpoint-Molekül CD47 ist als “Don’t eat me”-Signal bei malignen Zellen wirksam. Magrolimab richtet sich gegen dieses Target und wird derzeit in frühen Studien bei MDS und AML untersucht. Nach ersten Daten kann von einer hohen Ansprechrate bei guter Verträglichkeit ausgegangen werden.
Bei MDS war einmal mehr Luspatercept ein Thema, nachdem die MEDALIST-Studie im letzten Jahr in der Plenary Session vorgestellt wurde. Heuer wurden mehrere Updates dieser Studie präsentiert, aus denen bei längerer Nachbeobachtung z.B. eine höhere Ansprechrate im Sinne des primären Endpunkts hervorgeht. Patienten, die einmal eine Transfusion benötigen, können danach weiter auf die Substanz ansprechen. Der Zeitraum der „hämatologischen Verbesserung“, wie er in der Studie als Effizienzkriterium definiert ist, wird mit über 80 Wochen beschrieben. Das Nebenwirkungsprofil der Substanz liegt auf Placeboniveau, sodass mit der Zulassung, die 2020 erwartet wird, für transfusionsbedürftige MDS-Patienten mit Ringsideroblasten eine valide Option zur Verfügung stehen wird.
APR246 ist deswegen interessant, weil damit auch p53-mutierte Patienten ein Ansprechen zeigen, die eine sehr schlechte Prognose haben. Die investigative neue Substanz führt zu einer Konformationsänderung des mutierten p53 und kann damit die Funktion wiederherstellen. Bei etwa 100 behandelten Patienten aus zwei Studien wurden bisher Gesamtremissionsraten von über 80% berichtet bei einer CR-Rate von über 50%. Die Ansprechdauer scheint eher kurz, eine Bridging-to-Transplant-Option damit denkbar.
Last not least wird das Abstract #1 des diesjährigen ASH-Meetings als wichtige Neuerung für strammzelltransplantierte Patienten berichtet.