Zur Verbesserung der Klassifikation von myelodysplastischen Syndromen (MDS) legen die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und die „Internationale Konsensus-Klassifikation“ (ICC) Vorschläge vor, die sich zum Teil überlappen, aber auch Unterschiede aufweisen. Das molekulare Prognoseinstrument IPSS-M (Molecular International Prognostic Scoring System) ist das mittlerweile dritte Tool zum Thema Einschluss molekularer Daten in die Prognoseabschätzung. Diese rezent publizierten Vorschläge standen am ASH auf dem Prüfstand: Validierungskohorten wurden unter anderem von Moffitt, MLL und GenoMed4All präsentiert.
Zur Klassifikation bestätigen Moffitt-Daten (n = 2231) die genetisch definierten Entitäten (SF3B1, Deletion 5q, biallelisches TP53). Ein Cut-off-Wert für Blasten von 5% korreliert besser mit dem Outcome als 10%. MDS-F (Fibrose) lässt sich als Entität bestätigen. Vorgeschlagen wird eine Definition des bi-TP53: VAF >50%, zwei TP53-Mutationen, isoliert -17 oder komplexer Karyotyp. Zum IPSS-M bestätigen alle Kohorten die nominell höhere Vorhersagekraft im Vergleich zum IPSS-R. Die präsentierten Kohorten zeigten neben dem vom IPSS-M beschriebenen ein Upgrading vieler Patienten in Richtung schlechtere Prognose, wenn auch seltener ein Downstaging. Bezüglich fehlender Daten zur Berechnung des IPSS-M wird ein Core-Mutationsset (15 Gene) vorgeschlagen, mit dem eine 80% Genauigkeit erreicht werden kann. Die Evaluierung der 735 MLL-Patienten schlägt aus einer Clusteranalyse eine Hierarchie von neun biologisch definierten Entitäten mit prognostischer Bedeutung vor.
Bedeutung für die Praxis: Das gleichzeitige Bestehen verschiedener Klassifikationen und Prognosesysteme ist für die Praxis und für klinische Studien problematisch, und es ist zu hoffen, dass ein Konsens gefunden werden kann. Bis dahin sollten möglichst alle relevanten Parameter erhoben werden – die Evaluierung einzelner Patienten bleibt individuell. Generell werden mehr Patienten mit höherem Risiko identifiziert, die vermutlich einer intensiveren Behandlung zugeführt werden. Der entsprechende Benefit einer solchen Strategie bleibt derzeit offen und müsste erst in klinischen Studien gezeigt werden. Prinzipiell sind brauchbare Klassifikationen, die klinische Entitäten mit therapeutischer Konsequenz definieren, wichtiger als Prognosescores für heterogene Krankheitsgruppen.