Prim. Univ.-Prof. Dr. Felix Keil
3. Medizinische Abteilung für Hämatologie und Onkologie, Hanusch Krankenhaus, Wien
Von der EBMT wurde eine neues Schema zur Risikostratifizierung erarbeitet und der im Jahr 2014 von Armand und Kollegen entwickelte Disease-Risk-Index durch molekulare Parameter ergänzt, um damit die Prognose der Patienten nach Stammzelltransplantation besser vorhersagen zu können.
Es werden heute zunehmend auch ältere Patienten transplantiert. Das heißt in der Praxis etwa bei der akuten myeloischen Leukämie, dass bei verwandten Spendern sowohl die Patienten als auch die Spender älter sind. Dabei kommt zunehmend das Problem der CHIP-Mutationen zum Tragen, der klonalen Hämatopoese unklarer Bedeutung. Bei gesunden Menschen steigt die Mutationslast ab dem 60. Lebensjahr und ist mit einem höheren Risiko für das Auftreten hämatologischer Neoplasien assoziiert. Vor diesem Hintergrund zeigt eine aktuelle Studie, dass Spender mit einer derartigen Hämatopoese beim Empfänger das Risiko einer Graft-versus-Host-Erkrankung erhöhen. Beim Myelom des ältere Patienten konnte gezeigt werden, dass jene Patienten, bei denen CHIP-Mutationen im Graft nachweisbar waren, ein deutlich höheres Rezidivrisiko aufweisen, also etwa ein progressionsfreies Überleben nach der Transplantation von 20 Monaten gegenüber 40 Monaten bei Patienten ohne CHIP-Mutationen. Als Hintergrund wird vermutet, dass CHIP-Mutationen das Mikroenvironment, die Immunosurveillance beeinträchtigen.
Eine Arbeit beschäftigt sich mit der optimalen Konditionierung bei allogener HSCT. In Europa wird bevorzugt ein Schema mit Busulfan und Fludarabin verwendet, in den USA bevorzugt Fludarabin und Melphalan. Registeranalysen zeigen, dass ältere MDS-Patienten, auch mit einem höheren Komorbiditätsindex, auf Fludarabin/Melphalan besser ansprechen. Trotz einer etwas höheren transplantassoziierten Mortalität war das Gesamtüberleben dieser Patienten länger und das Rezidivrisiko geringer. Gleiches konnte auch bei AML-Patienten gezeigt werden.
Eine aktuelle Studie zur haploidenten Transplantation zeigt, dass diese bei Patienten mit aplastischer Anämie nicht nur im Rezidiv, sondern auch Upfront eine kurative Option darstellt. Bei den damit behandelten Patienten war das Outcome mit einer Gesamtüberlebensrate von 95% exzellent.
Eine generelle Trendwende bei der Stammzelltransplantation zeichnet sich im Bereich der Immunsuppression ab. Die traditionelle post transplant Standardimmunsuppression wurde von der HOVON-Gruppe in einer prospektiven Studie herausgefordert, die als Abstract #1 den diesjährigen ASH angeführt hat: Das von der HOVON-Gruppe verwendete immunsuppressive Schema mit Post-Transplant-Cyclophosphamid plus Calcineurininhibitor dürfte sich als neue Praxis der Immunsuppression durchsetzen.
Im Rahmen der genaueren Charakterisierung von Rezidiven wurden Daten zur Evolution von Mutationen im Krankheitsverlauf nach einer Stammzelltransplantation diskutiert. Interessant in diesem Kontext ist das Phänomen des HLA-loss bei malignen Blasten, was dazu führt, dass Leukämiezellen nicht mehr erkannt werden und die Immunantwort ausbleibt. Was die Transplantation von Patienten mit hochmalignen Lymphomen betrifft, ist aktuell zu prüfen, welche Patienten mit refraktärer Erkrankung von anderen Maßnahmen wie der CAR-T-Zell-Therapie oder von neuen Antikörpertherapien profitieren können. In einer Analyse zu follikulären Lymphomen hat sich die allogene Stammzelltransplantation im Langzeitergebnis über 10 Jahre gegenüber der autologen HSCT als überlegen herausgestellt, besonders bei jüngeren Patienten mit einem frühen Rezidiv innerhalb von 2 Jahren. Last not least können Patienten mit Hodgkin-Lymphom, die mit Checkpoint-Inhibitoren in Remission sind, laut EBMT nach einer Washout-Phase von 80 Tagen (zur Vermeidung einer akuten GvHD) immer noch transplantiert werden, was zu neuen Überlegungen Anlass gibt.