Für mich persönlich war es ein Highlight, zu sehen, dass Therapieentscheidungen für Myelompatienten nun sehr viel differenzierter getroffen werden. Nicht nur krankheitsspezifische Faktoren wie Zytogenetik und Endorganschäden, sondern auch patientenbezogene Faktoren wie Alter, Komorbiditäten und aktuelle Lebenssituation beeinflussen die Therapiewahl. Zudem wird dem Krankheitsverlauf – ob rasch und mit klinischer Symptomatik progredient oder eher langsam und serologisch relapsierend – mehr Bedeutung zugemessen. Ein Highlight war für mich auch, dass nun auch wieder die allogene Stammzelltransplantation, die in der Myelomtherapie nur noch eine untergeordnete Rolle gespielt hat, als Therapieoption für jüngere Hochrisikopatienten im 1. Rezidiv erwähnt wurde. Es wurden Langzeitüberlebensdaten gezeigt, welche das kurative Potenzial dieser Therapie bei vertretbaren Mortalitäts- und Graft-versus-Host-Disease-(GvHD-)Raten demonstrieren. Man sollte trotz der vielen neuen Behandlungsmöglichkeiten inklusive Chimeric Antigen Receptor-(CAR-)T-Cells nicht vergessen, dass diese bislang keine Heilung des Myeloms versprechen können.
Meiner Einschätzung nach wurde als wichtiger Punkt für den klinischen Alltag in diesem Symposium unter anderem die Bedeutung der minimalen residuellen Resterkrankung (MRD) für Prognose und Krankheitsverlauf der Patienten hervorgehoben. Es wurde betont, dass die MRD-Messung zudem stets mit einer entsprechenden Bildgebung korreliert werden sollte. Auch die Standardisierung der Qualität der MRD-Messung bleibt im Alltag noch oft eine Herausforderung. Was für mich in den Präsentationen weiterhin nicht beantwortet wurde, ist die Frage, ob es entscheidend ist, ob die MRD-Negativität mit Doublet-, Triplet- oder Quadrupeltherapie erreicht wurde. Mehr Therapie führt in den Studien zwar konsistent zu höheren Raten an MRD-Negativität, aber ich frage mich dennoch, ob hier nicht ein Teil der Patienten „übertherapiert“ wird. Abgesehen von den Kosten, die mit solchen Therapiestrategien verbunden sind, bedeuten Mehrfachkombinationen auch eine höhere Therapie-Toxizität für die Patienten. Und wir stehen bereits früh in der Rezidivsituation vor dem Problem, Optionen für multiexponierte und vielleicht multirefraktäre Patienten anbieten zu müssen.
Was Patienten betrifft, die initial nicht für eine Stammzellentransplantation in Frage kommen, finde ich es spannend, dass Daratumumab (Dara) auch in den internationalen Guidelines vermutlich bald in der ersten Linie empfohlen werden wird. Begründet wird das durch die sehr überzeugenden Daten der MAIA-Studie, die eine 45%ige Reduktion des Risikos für Tod und Progression für die Kombination mit Dara bei einem beeindruckenden PFS von über 30 Monaten gezeigt hat. Ich glaube, dass diese Patienten sehr von einem frühen Einsatz dieser Substanz profitieren können, welche sich gerade auch bei weniger fitten Patienten durch eine gute Verträglichkeit auszeichnet. Allerdings werden damit auch finanzielle Herausforderungen schlagend.
Abschließend würde ich sagen, dass die Myelomtherapie durch rasche und sehr spannende Entwicklungen charakterisiert ist. Die große Aufgabe liegt nun darin, herauszufinden, welche Therapiekombination in welcher Reihenfolge und für welchen Patienten den größten Benefit bringt. Zudem müssen viele der neuen Behandlungsoptionen erst im klinischen Alltag ankommen. Im Hinblick beispielsweise auf CAR-T-Cells und bispezifische Antikörper würde ich mir wünschen, dass auch in Österreich klinische Studien zugänglich werden. Zudem wird die Erhaltungstherapie zur Konsolidierung von Therapieerfolgen wichtiger werden. Dafür brauchen wir gut verträgliche, im Idealfall orale Substanzen, um die Compliance der Patienten in der Erhaltung zu fördern. Zudem werden künftig – über Lenalidomid hinaus – auch andere Substanzklassen eine zusätzliche Rolle in der Erhaltung spielen.