Urothelkarzinom des oberen Harntraktes (UTUC)

Birte A.J. et al., Results of POUT – a phase III randomised trial of peri-operative chemotherapy versus surveillance in upper tract urothelial cancer (UTUC) – Abstract #1017

Die von Alison Birtle präsentierte POUT-Studie war eines der Highlights am diesjährigen EAU. Die Phase-III-Studie POUT evaluierte den Nutzen einer adjuvanten Chemotherapie nach einer Nephroureterektomie (NU) bei Patienten mit Urothelkarzinom des oberen Harntrakts (UTUC). Behandlungsstandard in dieser Indikation ist die NU gefolgt von Nachbeobachtungen. POUT ist die größte randomisierte Studie in dieser Indikation (248 eingeschlossene Patienten (Mai 2015 – Sept. 2017) aus 57 britischen Zentren).

In der Studie wurden 124 UTUC (pT2-T4 N0-3 M0)-Patienten mit adjuvanter Chemotherapie mit 129 Patienten unter Nachbeobachtung nach radikaler NU verglichen. Die NU durfte nicht länger als 90 Tage zurück liegen. Die Patienten erhielten randomisiert entweder 4 Zyklen Gemcitabin-Cisplatin (oder Gemcitabin/Carboplatin bei einer glomerulären Filtrationsrate von 30-49 ml/min) oder unterzogen sich einer Überwachung mit anschließender Chemotherapie bei Bedarf. Innerhalb der ersten 2 Jahre wurde halbjährlich, danach jährlich bis zu 5 Jahre eine Schnittbilddiagnostik und eine Zystoskopie durchgeführt.

Das Ergebnis: Eine Chemotherapie nach der NU führte nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 17,6 Monaten zu einer signifikanten Verlängerung des krankheitsfreien Überlebens (DFS), dem primären Endpunkt. Im Chemotherapie-Arm hatten 29/124 Patienten ein DFS-Ereignis, im Beobachtungs-Arm waren es 47/123 Patienten (HR= 0,47; p=0,0009). Das 2-Jahres-DFS betrug 70% im Chemotherapie-Arm vs. 51% im Beobachtungs-Arm. Beim sekundären Endpunkt progressionsfreies Überleben (PFS) war die Chemotherapie der Nachbeobachtung ebenfalls überlegen (HR=0,49; p=0,003).

Auch hinsichtlich des metastasenfreien Überlebens zeigte sich ein klarer Vorteil für die Patientengruppe mit adjuvanter Chemotherapie. Nach zwei Jahren wiesen 74 % der Patienten mit erfolgter adjuvanter Chemotherapie keine Metastasen auf. Die Rate an unerwünschten Ereignissen der Schweregrade ≥3 war im Prüfarm höher (60% vs. 24%). In der Subgruppenanalyse zeigte sich, dass u.a. N0-Patienten und Patienten unter Gem/Cis-Therapie von einer adjuvanten Chemotherapie profitierten. Die Gesamtüberlebensdaten sind noch ausständig – gemäß A.J. Birtle sind die Aussichten sehr gut.

Kommentar Univ.-Prof. Dr. S. F. Shariat: In der Studie erhielt ein sehr hoher Anteil der Patienten eine Gem/Cis-Therapie (2 /3), das heißt, es handelt sich um eine hochselektierte Studienpopulation. Theoretisch sollte es sich in der Studienpopulation um 1/ 4 Gem/Cis- und 3/ 4 Gem/Carbo-Patienten handeln. Nichtdestotrotz – die Studie ist positiv. Die adjuvante Chemotherapie wird als Empfehlung in die Guidelines eingehen.

 


 
Kubota Y et al., The impact of neoadjuvant chemotherapy on locally advanced upper tract urothelial carcinoma: A multicenter study – Abstract #1030

In dieser retrospektiven Studie aus Japan (5 Zentren, 1995-2017) wurde der Einsatz der neoajjuvanten Chemotherapie (NAC) bei lokal fortgeschrittenem UTUC untersucht. Von 426 eingeschlossenen Patienten (cT3-4 oder cN+) erhielten 234 Patienten eine NAC; davon 75% Gem/Cis, 21% Gem/Carbo. 131 Patienten stellten die Kontrollgruppe dar.

Das Ergebnis: Eine NAC war mit einem signifikant verlängerten rezidivfreien (HR 0,57; p=0,021) und karzinomspezifischen Überleben (HR 0,48; p= 0,016) assoziiert.

FAZIT: Diese verheißungsvollen Daten sollten noch durch eine randomisiert-kontrollierte Studie bestätigt werden.

 


 
Rundstedt F-C et al., Postoperative chemotherapy instillation after nephroureterectomy: A survery from YAU urothelial cancer group survey and ESOU

Diese Umfrage kann als Denkanstoß verstanden werden. Befragt wurden EAU-Mitglieder zur intravesikalen Chemotherapie nach NU. Die Online-Umfrage mit 15 Fragen ging zwischen April und Juni 2017 via online-Newsletter, Twitter- und Facebook-Account an 16.000 EAU-Mitglieder, es antworteten 127.

 Das Ergebnis:

 47% führen eine postoperative Chemo-Instillation durch
 66% wissen, dass die Evidenz durch randomisierte kontrollierte Studien gegeben ist.
 Grund für die Nicht-Gabe:
     – 27% sind nicht überzeugt
     – 13% haben Angst vor Nebenwirkungen
     – 11% sind schlecht organisiert
     – 13% haben andere Gründe
 34% fürhren ein Zystogramm durch
 39% klären über eine mögliche Peritonitis auf

Anmerkung: An der Universitätsklinik für Urologie kommt eine intravesikale Chemotherapie nach NU zum Einsatz. Wichtig: daran denken.

 


 
Yoneyama T et al., Clinical implication of bacillus Calmette-Guérin (BCG) perfusion therapy in patients with carcinoma in situ (CIS) of the upper urinary tract: A comparison with nephroureterectomy – Abstract #1020

In einer Studie aus Japan wurde das langzeit-onkologische Outcome von BCG im Vergleich zu einer radikalen NU bei Carcinoma-in-situ (CIS) des oberen Harntrakts untersucht. Es handelt sich um eine retrospektive Studie, in der 34 Patienten eine BCG-Therapie und 21 Patienten eine radikale NU erhielten, medianes Follow Up: 57 Monate. Die retrograde BCG-Instillation erfolgte mittels DJ oder MJ sechs Mal wöchentlich.

Die Gründe für den Einsatz einer BCG-Therapie waren, dass 50% der Patienten ein bilaterales CIS hatten, 26% eine Einzelniere und 34% hatten andere Gründe. Ein komplettes Ansprechen wurde als eine zweimalig negative Zytologie nach dem BCG-Zyklus definiert, dies war bei 82% der Fall.

Das Ergebnis: Im 5-Jahres progressionsfreien-, karzinomspezifischen und Gesamt-Überleben zeigte sich kein signifikanter Unterschied zwischen BCG und radikaler NU.

Anmerkungen: Die Studie wirft etliche Fragen auf, diese betreffen die BCG-Applikationstechnik, die BCG-Dosis (keine Angabe), die Patientenselektion und das Thema Zytologie.

 


 
Hassler M.R. et al., Genome-wide DNA methylation profiling of upper tract urothelial carcinoma – Abstract #1143 

In dieser Studie untersuchten Melanie Hassler et al in einer retrospektiven Analyse das DNA-Methylierungsprofil von 10 UTUC-Patientenproben im Vergleich zu 2 gesunden Kontrollen.

Das Ergebnis: Es waren 3.874 CpG-Stellen verändert, hauptsächlich wiesen diese eine erhöhte Methylierung auf. Zudem wurden 10 UTUC-Patientenproben mit 68 Blasenkarzinom-Proben verglichen. Es konnten unterschiedliche DNA-Methylierungssignaturen zwischen UTUC und Blasenkarzinom-Proben festgestellt werden. Unterschiedliche DNA-Methylierung fand sich insbesondere im Bereich der HOX-Genfamilie.

FAZIT: UTUC and Blasenkarzinome zeichnen sich durch eine unterschiedliche DNA-Methylierungs-Signatur aus und unterscheiden sich damit auf molekularer Ebene.

 


 
Förster B et al., Value of repeated ureterorenoscopy within the first 3 months after endoscopic treatment in upper tract urothelial carcinoma (UTUC) – Abstract #1027

In dieser retrospektiven Multicenter-Studie wurde der Wert einer Second-look-Ureterorenoskopie innerhalb der ersten 3 Monate nach primärer endoskopischer Laserablation bei UTUC untersucht. In die Studie wurden 216 Patienten mit endoskopischer Laserablation und Ureterorenoskopie innerhalb von 3 Monaten zwischen 2000 und 2017 eingeschlossen.

Das Ergebnis: 125 Patienten hatten ein Rezidiv, 13 Patienten verstarben nach einem Follow-Up von 22,1 Monaten. Bei knapp 37% zeigte sich ein Rezidiv im Second-look. Gemäß multivariater Analyse war das Rezidiv im Second-look ein starker negativer Prädiktor für das rezidivfreie (p<0,001)- und progressionsfreie Überleben (p<0,001).  Eine Second-look-Ureterorenoskopie innerhalb von 8 Wochen nach primärer endoskopischer Laserablation galt als unabhängiger protektiver Faktor für das progressionsfreie Überleben (p=0,039)

FAZIT: Ein Second-look innerhalb von 8 Wochen nach primärer Therapie könnte die Prognose bei UTUC-Patienten verbessern.

Anmerkung Univ.-Prof. Dr. S. F. Shariat: Diese Untersuchung ist ein Gamechanger.

 


 
Förster B et al., Validation of pre-treatment risk stratification parameters according to EAU Guidelines on upper tract urothelial carcinoma (UTUC) – Abstract #1147

In dieser retrospektiven Multicenter-Studie von 406 Patienten nach diagnostischer Ureterorenoskopie und radikaler NU wurden die Parameter der EAU-Risikostratifizierung des UTUC hinsichtlich der Prädiktion eines muskelinvasiven Stadiums untersucht.

Das Ergebnis: In der multivariaten Analyse zeigte sich, dass eine high-grade-Biopsie und –Zytologie, eine Tumorgröße > 2cm und die Invasivität im Urographie-CT die stärksten prädiktiven Faktoren zur Prädiktion eines ≥pT2-Stagings waren. Eine vorangegangene Zystektomie, Multifokalität und Hydronephrose waren nicht mit einem ≥pT2-Stadium assoziiert. Dieses Prädiktionsmodell (der 4 prädiktiven Faktoren) überzeugt mit einem negativen prädiktiven Wert von 89% (verglichen mit 90% des gesamten EAU-Risikostratifizierungsmodell).

Anmerkung Univ.-Prof. Dr. S. F. Shariat: Eine sehr gute Studie, die auch die EAU-Guidelines verändern könnte.