Es gab am diesjährigen EHA 2019 leider keine praxisverändernden Studien, über die man berichten könnte, sagt Professor Michael Pfeilstöcker, aber doch sehr viele Beiträge, die den Weg in die Zukunftaufzeigen können. „Es kann nicht jedes Mal so sein wie am ASH, als das Abstract Nr. 1 in der Plenary Session zeigte, dass Luspatercept in Zukunft für die transfusionsbedürftigen EPO-refraktären Patienten eine Zulassung erhalten wird.“ Gelegentlich müssen die Schritte kleiner gewählt werden, andererseits, so Professor Pfeilstöcker, sind viele, auch Phase-III-Studien am Laufen.
In der Educational Session haben sich zwei wesentliche Aspekte bei myelodysplastischen Syndromen herausgestellt: nämlich einerseits Splicing-Mutationen, die als Target in Frage kommen, und andererseits die angeborene Immunität, die angeborene Infektabwehr, die bei MDS-Patienten beeinträchtigt ist und unter Umständen einen therapeutischen Ansatz bieten kann.
Es wird darüber hinaus ein Poster besprochen, das sich mit der Prognose bei MDS beschäftigt und dabei mit einem Parameter, der bislang noch nicht berücksichtigt wurde, nämlich der EASIX-Score: Dieser setzt sich aus Thrombozytopenie, LDH und Kreatinin zusammen. Von deutschen Kollegen wurde damit eine prognostische Relevanz bei MDS herausgearbeitet, die in Zukunft noch eine Rolle spielen kann.
Was die Therapie betrifft, sind frühe Studiendaten präsentiert worden u.a. zum Telomeraseinhibitor Imetelstat bei eporefraktären, transfusionsbedürftigen Niedrigrisiko-MDS-Patienten. Nachdem Luspatercept aus heutiger Sicht vor allem bei MDS-Patienten mit Ringsideroblasten interessant ist, könnte sich Imetelstat alternativ bei MDS-Patienten ohne Ringsideroblasten etablieren. Eine Phase-III-Studie wird demnächst beginnen.
Eine weitere Substanz in Entwicklung ist Rigosertib, ein polo-like PI3-Kinase-Inhibitor, der bereits in Phase III untersucht wird. Phase-I-Daten zur oralen Formulierung werden von Professor Michael Pfeilstöcker kommentiert.
Last not least wird der IDH1-Inhibitor Ivosidenib besprochen, der in den USA bei AML-Patienten mit IDH1-Mutation bereits zugelassen ist und nunmehr auch bei entsprechenden MDS-Patienten untersucht wird. Ein Vorteil der Substanz könnte darin bestehen, dass auch ältere Patienten mit Komorbiditäten für die Therapie in Frage kommen.
Aus österreichischer Sicht wird nicht zuletzt auf einen Beitrag von Dr. Lisa Pleyer hingewiesen, die es laut Professor Pfeilstöcker geschafft hat, im Rahmen einer großen internationalen Zusammenarbeit über 1600 CMML Patienten für eine retrospektive Analyse zusammenzufassen – mit dem vielleicht nicht überraschenden, aber interessanten Ergebnis, dass Patienten, die für eine Stammzelltransplantation in Frage kommen, davon sehr gut profitieren. Für die Praxis besonders relevant dürften weiters Daten zu Acazitidin sein. So geht aus der Analyse hervor, dass die hypomethylierende Substanz in dieser Indikation ganz klar eine Rolle spielt und für CMML-Patienten von Vorteil ist.