Erstmals wurden am diesjährigen ESC-Kongress kardio-onkologische Guidelines präsentiert, damit das Risiko kardiologischer Nebenwirkungen, die im Rahmen von Tumortherapien auftreten, noch vor der Behandlung stratifiziert werden kann. Ein weiterer Aspekt in den mehr als 250 Empfehlungen umfasst die Frage, welche Follow-ups während und nach der Therapie notwendig sind. Das Ziel der Richtlinien ist dabei, die onkologischen Behandlungen nicht zu erschweren, sondern eine möglichst wirksame Therapie zu ermöglichen.
Viele Tumortherapien wie Anthracycline, 5-Flourouracil, Wachstums- oder Checkpoint-Inhibitoren weisen ein kardiotoxisches Risiko auf und können zu Folgeerkrankungen wie Ischämien, Plaquerupturen, Verlängerungen der QT-Zeit oder Myokarditis führen. Die ESC-Guidelines empfehlen hier noch vor Beginn der Tumortherapie ein umfassendes kardiales Assessment, um Vorerkrankungen zu evaluieren und betroffene Patient:innen in Risiko- und Hochrisikogruppen (z. B. verringerte Ejektionsfraktion, Hypertonie, Diabetes mellitus) einzuordnen. Eine zentrale Rolle spielt hier das Echokardiogramm, um symptomatische und asymptomatische kardiale Dysfunktionen zu diagnostizieren.
Die Guidelines empfehlen weiters regelmäßige Kontrollen, die neben Echokardiogrammen auch Biomarker (z. B. BNP, Troponin) umfassen. Beim Auftreten von Herzinfarkten während der Therapie, wird die Durchführung eines Herzkatheters und ggfs. Stenting in Abhängigkeit der Prognose empfohlen. Ebenfalls werden Therapieabbrüche thematisiert. Follow-ups sollen je nach Risikoeinstufung regelmäßig (einmal pro Jahr nach Therapieabschluss) durchgeführt werden. Einen hohen Stellenwert nehmen auch Patientenedukation und Lifestyle ein: so wird bereits vor der Therapie eine Umstellung auf eine gesündere Ernährung, Sport und bei Bedarf der Einsatz von Blutdrucksenkern oder Statinen empfohlen, damit das Langzeitrisiko gesenkt wird.