Was waren für Sie die Highlights der Session?
Der beste Vortrag war meiner Einschätzung nach jener zu den neuen Therapien im Salvage-Setting. Es wurden im Wesentlichen drei Ansätze besprochen: die PET-adaptierte sequenzielle Therapie sowie die Kombination von Brentuximab Vedotin mit Chemotherapien einerseits und Immuncheckpoint-Inhibitoren andererseits. Ich muss dazu festhalten, dass man entgegen der allgemeinen Annahme vermutlich weder die Checkpoint-Inhibitoren noch die Antikörper als Monotherapie verabreichen wird können. Diese Hoffnung hat sich nicht erfüllt, selbst in der Erstlinientherapie können diese Substanzen als Monotherapie keine zufriedenstellenden Raten an kompletten Remissionen erzielen, wie erste Studien dazu zeigen. Somit wird es sich nicht vermeiden lassen, entweder diese beiden Prinzipien miteinander zu kombinieren oder Kombinationen mit Chemotherapie zu verabreichen.
Kombinationen sind also aus Ihrer Sicht den Sequenzen vorzuziehen?
Diese Frage kann noch nicht beantwortet werden, da dazu derzeit erst Pilotstudien laufen. Erste vielversprechende Ergebnisse zeigt die Kombination von Brentuximab Vedotin mit Checkpoint-Inhibitoren. Hier findet eindeutig eine Wirkungsverstärkung mit entsprechend deutlich höheren Remissionsraten statt. Besonders hat mich der Umstand angesprochen, dass die Therapie auch bei Patienten über 60 Jahre aufgrund ihrer niedrigen Toxizität sehr gut machbar ist und eine hohe Aktivität zeigt. Für diese Patienten verfügen wir ohnehin nur über sehr wenige Optionen.
Die TRANSPLANT BRaVE-Studie etablierte Brentuximab Vedotin zusammen mit DHAP als gangbares Schema zur Verbesserung des Ansprechens vor der autologen Stammzelltransplantation. Wie beurteilen Sie die Ergebnisse?
Da ich das Schema nur einmal bei einem Patienten mit relapsiertem Hodgkin-Lymphom angewendet habe, ist es für mich schwierig, eine Aussage zu treffen, allerdings war die von mir beobachtete Toxizität höher als im Vortrag dargestellt. Bei selektierten Patienten könnte das BRaVE-Schema eine Option darstellen, aber in der Praxis sehen wir nur wenige Patienten im relapsierten und refraktären Stadium, die auf Grund ihres ECOG-Status dafür in Frage kommen. Bei Patienten im Alter unter 60 Jahren beobachten wir aufgrund des Einsatzes von BEACOPP eskaliert auch relativ selten Rezidive.
Wo sehen Sie den Stellenwert der allogenen Transplantation?
Für mich persönlich stellt die allogene Transplantation bei M. Hodgkin keine Option (mehr) dar, und gerade im Zusammenhang mit den neuen Substanzen wird sie immer uninteressanter. Sie weist grundsätzlich eine enorm hohe Toxizität auf und ist bei M. Hodgkin ohnehin umstritten, da sie nachweislich keinen Graft-versus-Tumor Effekt zeigt und eine relativ hohe transplantationsbezogene Mortalität aufweist. Nur bei sehr jungen Patienten, denen man alle Optionen bieten möchte, wurde die allogene Transplantation in der Vergangenheit durchgeführt, aber ich erinnere mich lediglich an einen Patienten, der überlebt hat. Hingegen erhält man durch Substanzen wie die Checkpoint-Inhibitoren eine extrem gute Lebensqualität, auch wenn sich der Patient bereits in der x-ten Linie befindet.
Könnte auch die autologe Transplantation obsolet werden?
Die autologe Transplantation wird sicher nicht so schnell verschwinden, da sie schon zu einem früheren Zeitpunkt im Therapiekonzept positioniert ist. Wenn nach BEACOPP eskaliert ein Rezidiv eintritt, muss man in Richtung der autologen Transplantation denken. Vor allem bei jüngeren Patienten wird sie bedeutungsvoll bleiben. Sie weist auch eine wesentlich geringere Toxizität auf als die allogene Transplantation.
Ändert sich angesichts der Fünfjahresdaten der AETHERA-Studie etwas an Ihrer täglichen Praxis?
Die AETHERA-Studie prüfte die Konsolidierung mit Brentuximab Vedotin nach einer autologen Transplantation bei Hochrisikopatienten, allerdings sehen wir insgesamt nur sehr wenige autolog transplantierte Patienten und noch seltener solche mit mehr als zwei Risikofaktoren, die besonders profitieren und somit für die Behandlung in Frage kommen. Natürlich ist der 20%ige Unterschied im progressionsfreien Überleben nach fünf Jahren zugunsten der Therapie mit Brentuximab Vedotin beeindruckend, vor allem angesichts der Plateaubildung der PFS-Kurve. Wenn ich einen Patienten hätte, der nach autologer Transplantation sehr schlechte Karten hat und mehr als zwei Risikofaktoren aufweist, würde ich ihn auf jeden Fall mit dieser Therapie behandeln.