Übergewicht und Adipositas machen auch vor der CF-Bevölkerung nicht Halt, auch im Lichte der neuen, hochwirksamen CFTR-Modulatoren. Beim NACFC 2022 wurde daher mit Nachdruck auf die Bedeutung von ausreichender und regelmäßiger Bewegung für CF-Patienten verwiesen.
Bewegungstherapie ist ein integraler Bestandteil der physiotherapeutischen Versorgung von CF-Patienten. Nach Ansicht von Prof. Dr. Elizabeth Tullis, Direktorin der Toronto Adult Cystic Fibrosis Clinic am St. Michael’s Hospital in Toronto, Kanada, wird die Bewegungstherapie künftig eine viel größere Rolle als bisher im Rahmen der physiotherapeutischen Aufgaben einnehmen (Session P3, 5.11.2022).
Auch einige beim NACFC 2022 vorgestellte Arbeiten untermauerten erneut die Bedeutung der Bewegungstherapie zur Unterstützung der Lungenfunktion. Als Beispiel seien die Ergebnisse der randomisierten, kontrollierten Studie INSPIRE-CF genannt, an der 71 CF-Patienten zwischen 6 und 15 Jahren (Schnitt: 10 Jahre) teilnahmen (#270 [Ledger et al]). Sie wurden über einen Zeitraum von 104 Wochen hinsichtlich ihrer Teilnahme an professionell gestalteten Bewegungseinheiten evaluiert.
Fazit der Autoren: Nur regelmäßiges Training trug dazu bei, den Abfall der Lungenfunktion zu verringern, unabhängig vom Schweregrad der Lungenerkrankung. Sporadische oder halbherzige Teilnahme an den Trainingseinheiten hingegen konnten die Lungenfunktion nicht unterstützen. Sie appellierten daher erneut an Betreuungsteams, Kinder und Jugendliche mit CF mit besonderem Engagement zu regelmäßiger Teilnahme an Bewegungstherapie zu motivieren.
Ein Zusatznutzen dieser Bewegungstherapie könnte eine verbesserte psychische Gesundheit sein, wie aus einer weiteren Studie hervorging (#273 [Edelschick et al]). Die adoleszenten CF-Patienten (10 bis 23 Jahre alt) nahmen ebenfalls an einem Bewegungsinterventionsprogramm teil. Fazit dieser beim NACFC 2022 präsentierten Arbeit: Die Teilnehmer litten nach acht Wochen deutlich seltener an generalisierten Angststörungen (gemessen mit der GAD-7-Skala) als vor Beginn der Intervention.
Ausreichende Bewegung ist auch der Schlüssel für eine Optimierung der Körperzusammensetzung unter CFTR-Modulatorentherapie, so das Fazit einer Arbeitsgruppe aus Ohio (#198 [Dress et al]). Die Autoren hielten eingangs fest, dass das Erreichen der 50. Perzentile viele Jahre lang das deklarierte Ernährungsziel bei CF-Patienten war. Allerdings hat auch in der CF-Population die Zahl der Kinder mit Übergewicht und Adipositas in den letzten Jahren zugenommen, so die Autoren dieser beim NACFC 2022 vorgestellten Arbeit. Zwar wäre ein (maßvoll) höherer Body Mass Index (BMI) grundsätzlich mit einer besseren Lungenfunktion assoziiert, es käme jedoch nicht so sehr auf das Körpergewicht per se, sondern auf die Körperzusammensetzung an, erinnerten die Autoren. Demnach ist der BMI kein guter Indikator für den Ernährungsstatus von CF-Patienten.
Sie untersuchten daher den Einfluss einer Triple-Therapie mit Elexacaftor/Tezacaftor/Ivacaftor (ELX/TEZ/IVA) auf BMI und Körperzusammensetzung, wobei letztere mittels bioelektrischer Impedanzanalyse bestimmt wurde. CF-Kinder zwischen 6 und 11 Jahren wurden vor Beginn der ELX/TEZ/IVA-Therapie in zwei Gruppen geteilt: Modulatoren-naiv und Modulatoren-vorbehandelt (im Schnitt über 3,7 Jahre). Schon bei den Baseline-Daten zeigten sich Unterschiede in der Körperzusammensetzung: Modulator-vorbehandelte Kinder hatten zu Baseline im Schnitt einen höheren BMI (mittlere BMI-Perzentile 73% versus 54%) und einen höheren Anteil an Körperfett (25,5% versus 16,9%) als die Modulator-naiven Patienten. Die Muskelmasse war vergleichbar (7,1 und 6,9kg/m2). Die Autoren folgerten, dass eine ausgedehntere Modulatorentherapie mit einem anhaltenden Anstieg des Körpergewichts und des Fettanteils, nicht aber der Muskelmasse von präpubertären Kindern assoziiert sein könnte. Sie fordern daher dringend verstärkte ernährungs- und bewegungstherapeutische Interventionen, um den Gesamtnutzen einer CFTR-Modulatorentherapie zu optimieren.
Übergewicht bei CF-Patienten war auch der Fokus einer nordirischen Studie, die beim NACFC 2022 präsentiert wurde (#212 [Lynch et al]). Die Autoren untersuchten Auswirkungen einer CFTR-Modulatorentherapie (inklusive einer Subgruppe mit Triple-Therapie) auf den BMI einer erwachsenen CF-Kohorte. 159 dieser Patienten (medianes Alter 32) waren auf die Triple-Therapie (ELX/TEZ/IVA) eingestellt worden. Der mediane BMI vor Beginn der Triple-Therapie betrug 22,8kg/m2.
Nach drei bis zwölf Monaten Triple-Therapie war dieser auf 24kg/m2 angestiegen. Der Anteil der untergewichtigen Patienten (BMI <20kg/m2) unter Triple-Therapie war von 15% vor auf 6% abgefallen, der Anteil der übergewichtigen Patienten (25-30kg/m2) von 23% auf 28% angestiegen. Fazit der Autoren: Auch in Nordirland steigt der Anteil der CF-Patienten mit Übergewicht an, und der zunehmende Einsatz der Triple-Therapie dürfte diesen Trend weiter verstärken.
Auch Keynote-Sprecherin Prof. Dr. Elizabeth Tullis, Toronto, sprach in der Session P3 am 5.11.2022 die aktuellen Herausforderungen rund um das Thema Ernährung an. „Wir betreuen viele CF-Patienten, die ihr ganzes Leben lang gewohnt waren, möglichst fettreich zu essen. Nun profitieren die meisten von einer Therapie mit hochwirksamen CFTR-Modulatoren und müssen plötzlich auf ihr Gewicht achten.“ Viele dieser Patienten wären verunsichert, berichtete die Leiterin eines der weltweit größten CF-Zentren für Erwachsene aus ihrem klinischen Alltag. Ihr Rat: „Es liegt an uns als CF-Team, uns selbst zu diesem Thema fortzubilden und Betroffene rechtzeitig hinsichtlich einer gesunden und zeitgemäßen CF-Ernährung zu schulen!“
Dieser Bericht umfasst ausgewählte Inhalte aus den angeführten NACFC-2022-Sessions sowie aus den mit # gekennzeichneten Arbeiten, die als Abstracts vor dem NACFC 2022 und als Posters während des NACFC 2022 veröffentlicht wurden