Siegerehrung für klinische Relevanz

Exakt 816 Abstracts wurden beim NACFC 2020 vorgestellt. Dazu kamen unzählige (virtuelle) Sitzungen, Workshops und Livestreams. Die Qual der Wahl? Zumindest für Praxisinteressierte gab es eine Lösung: Die von den Organisatoren ausgewählten „Top 3“ Abstracts hinsichtlich der klinischen Versorgung.

Strategien bei schwer kranken CF-Patienten

Hinter dem Kürzel „WSP06” verbarg sich die Session „Top 3 Abstracts in Clinical”, in der die Erstautoren die jeweiligen Arbeiten kurz vorstellten und hinsichtlich ihrer klinischen Relevanz kommentierten. Nachfolgend werden die drei Präsentationen zusammengefasst.

Tripletherapie bei fortgeschrittener Lungenerkrankung

„Die neue CFTR-Modulatoren-Triplekombination, bestehend aus Elexacaftor, Tezacaftor und Ivacaftor, führt zu deutlichen klinischen Verbesserungen bei CF, darunter zu einer verbesserten Lungenfunktion, einer verringerten Exazerbationsrate und einer Zunahme des Body Mass Index (BMI)”, betonte Dr. Brent Bermingham, Medical University of South Carolina, Charleston, SC, USA, bei der Vorstellung seines Abstracts einleitend (Bermingham, #645). Allerdings waren in diesen Phase-III-Studien Patienten mit fortgeschrittener Lungenerkrankung (FEV1<40 %) exkludiert. Der Autor erinnerte, dass unter einem FEV1-Wert von 50 % regelmäßig die Lungentransplantationsindikation geprüft werden sollte.

In der retrospektiven Kohortenstudie wurden der kurzfristige Nutzen, die Sicherheit und allfällige Implikationen auf den Transplanatationsbedarf der neuen Tripletherapie bei schwer lungenkranken CF-Patienten untersucht (n=64). Das mittlere Alter dieser Patienten war 31,5 Jahre, 53% waren F508del-homozygot. Bei drei Viertel lag eine chronische Pseudomonas-aeruginosa-Kolonisierung vor. Alle Patienten erhielten die Therapie nach Zulassung in den USA. Outcome-Parameter wurden in einem Zeitraum von zwei bis zwölf Wochen nach Beginn der Dreifachkombination erhoben, als Kontrollgruppe dienten Patienten mit CF-Mutationen, die von der Tripletherapie nicht abgedeckt werden. In der Gruppe mit Dreifachkombination kam es trotz der vorbestehenden strukturellen Lungenschäden zu einer statistisch signifikanten Verbesserung der Lungenfunktion (mittlerer FEV1 +8,2%). Bermingham ergänzte, dass Patienten mit besseren Ausgangswerten verhältnismäßig mehr profitierten. Der mittlere BMI nahm um 0,65kg/m2 zu. Bei 18% der Patienten wurden unerwünschte Wirkungen beobachtet, die aber nicht als schwerwiegend eingestuft wurden. Der Autor berichtete in der Session zusätzlich, dass der Anteil der Patienten mit Indikation für eine Lungenfunktion durch die Tripletherapie in diesem kurzen Zeitraum von 66% auf 33% verringert werden konnte. Weitere Untersuchungen und Registerdaten müssten nun den langfristigen Nutzen der Tripletherapie auch bei schwer lungenkranken CF-Patienten dokumentieren.

Antibiotika bei pulmonalen Exazerbationen

Pulmonale Exazerbationen wären eine häufige Komplikation bei CF, so Erstautor Dr. Jonathan Cogen, Seattle, USA, zu Beginn seiner Präsentation (Cogen, #136). CF-Patienten mit chronischer Pseudomonas-aeruginosa-Infektion erhielten bei Exazerbationen routinemäßig und gemäß CFF-Leitlinie zwei intravenöse (iv) Antibiotika, so der Pädiater. Seine Arbeitsgruppe untersuchte, ob ein adaptiertes Antibiotika-Regime ausreichend wäre.

In der retrospektiven Kohortenstudie wurden knapp 3.300 CF-Patienten im Alter von sechs bis 21 Jahre ausgewertet, die wegen einer Exazerbation hospitalisiert waren und in den zwei Jahren zuvor zumindest zweimal einen positiven Pseudomonas-Befund hatten. Die Auswertung zeigte keine klinisch relevanten Unterschiede im Lungenfunktionsoutcome (prä- zu post-ppFEV1), wenn statt zwei iv-Antibiotika nur ein iv-Antibiotikum plus ein inhalatives Antibiotikum verabreicht wurde. Fazit von Cogen: Möglicherweise könnten unter bestimmten klinischen Voraussetzungen intravenöse Antibiotika eingespart werden. Diese Strategie müsste natürlich umfassender untersucht werden.

Heimspirometrie

In der dritten ausgewählten Arbeit wurde die Genauigkeit von Heimspirometrien untersucht (Paynter, #643). Diese werden mithilfe von portablen Geräten von den Patienten selbst, ohne medizinisches Personal, durchgeführt. Dr. Alex Payntner vom Seattle Children’s Hospital, USA, betonte in seiner Zusammenfassung, dass solche Geräte in der aktuellen Pandemiesituation und zur zwischenzeitlichen Dokumentation der Lungenfunktion einen Stellenwert hätten und zweifelsohne eine Zukunftstechnologie darstellten. Die Studie hätte aber ergeben, so Payntner, dass die mit dieser Methode erhobenen Werte im Moment noch nicht ausreichend zuverlässig wären, um regelmäßige Spirometrien unter ärztlicher Aufsicht zu ersetzen.

 

Alle mit # gekennzeichneten Arbeiten wurden als Abstracts beim NACFC 2020 veröffentlicht.