Eine Reihe von Studien konnte Veränderungen des Mikrobioms bei Patient:innen mit Erkrankungen des Ösophagus nachweisen, wobei nach wie vor unklar ist, ob diese Ursache oder Ergebnis sind. Patient:innen mit einer eosinophilen Ösophagitis (EOE) zeigen eine erhöhte Anzahl an Mikroben in der Speiseröhre, insbesondere Haemophilus- und Aggregatibacter-Spezies. Andere Arten wie Firmicuten können seltener in Biopsien von EOE nachgewiesen werden. Eine kontinuierlich zunehmende Dysbiose konnte auch bei Patient:innen mit gaströsophagealer Refluxerkrankung, Barrett-Ösophagus bzw. Adenokarzinom dokumentiert werden.
Neue Daten untermauern die Bedeutung der Darm-Hirn-Achse. Im Rahmen einer populationsbasierten Kohortenstudie wurden Patient:innen, bei denen eine Eosinophilie im Duodenum nachgewiesen wurde, für 10 Jahre nachbeobachtet und Angst mittels „hospital anxiety and depression scale“ bestimmt. Es zeigte sich, dass das Vorliegen einer Duodenum-Eosinophilie mit einem 12-fach höheren Risiko für Ängstlichkeit assoziiert war.
Die United European Gastroenterology und European Society for Neurogastroenterology and Motility haben gemeinschaftlich eine Leitlinie für die Behandlung der funktionellen Dyspepsie herausgegeben, mit Empfehlungen hinsichtlich diagnostischer Abklärung und medikamentöser Therapie. Dieselben Fachgesellschaften haben eine Empfehlung zur Behandlung von funktionellen Darmstörungen mit Diarrhoe veröffentlicht, die neben Änderungen der Diät und medikamentöser Therapie auch bauchgerichtete Hypnosetherapie vorsieht. Weitere Hinweise auf einen Nutzen von psychotherapeutischer Intervention auf die klinische Symptomatik bei Reizdarm liefert eine Studie, bei der Patient:innen, die über 8 Wochen 12 webbasierte Verhaltenstherapie-Sitzungen absolvierten, eine signifikante Verbesserung des IBS-SSS zeigten.
Die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) veröffentlichte Leitlinien zur Behandlung intestinaler Motilitätsstörungen und chronischer Obstipation sowie Pankreatitis. Patient:innen mit chronischer Pankreatitis weisen eine um 38,8 % erhöhte Letalität aufgrund von Ko-Morbiditäten auf. Häufige Begleiterkrankungen wie Diabetes mellitus, Lungen-, Herz- und Nierenerkrankungen oder ein Magenulkus müssen bedacht und ggf. therapiert werden. Das Risiko für die Entstehung eines Pankreaskarzinoms ist im Zuge einer chronischen Pankreatitis 16-fach erhöht, bei Raucher:innen sogar 25-fach.
Seit Jahren herrscht Unklarheit über die bestmögliche Prophylaxe zur Vermeidung einer Pankreatitis nach einer endoskopischen retrograden Cholangiopankreatikografie (ERCP). Eine Metaanalyse von 55 randomisierten, kontrollierten Studien basierend auf Daten von über 17.000 Patient:innen spricht für die rektale Applikation von 100 mg Diclofenac. Andere Formen der Applikation (oral, intravenös) und andere NSAR, z. B. Indometacin, weisen eine schwächere Wirksamkeit auf. Der Zeitpunkt der rektalen Applikation von Diclofenac spielt ebenfalls eine Rolle. Erfolgt die rektale Applikation 30 Minuten vor Beginn statt nach Ende der ERCP ist das Risiko für eine Pankreatitis im Vergleich um den Faktor 2,32 reduziert. Eine intensivierte intravenöse Flüssigkeitszufuhr im Rahmen einer Hochvolumentherapie hat zusätzlich zur Gabe von NSAR keinen Effekt auf das Auftreten einer Post-ERCP-Pankreatitis.
Quelle: basierend auf einem Vortrag von Christine Kapral (Linz) im Rahmen der 55. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Gastroenterologie und Hepatologie (ÖGGH), Sitzung 6: 12 Monate in 90 Minuten: Was haben wir im vergangenen Jahr an klinisch Relevantem dazugelernt?; 9. 9. 2022