Aktuellen Schätzungen zufolge haben 5 % der Allgemeinbevölkerung in westlichen Ländern eine unbemerkte fortgeschrittene Fibrose oder sogar Zirrhose. In Populationen mit Risikofaktoren für Lebererkrankungen ist die Prävalenz noch höher (18–27 %). Zwei aktuelle Leitlinien geben für ein mögliches Screening konkrete Empfehlungen ab. Bei Patient:innen mit entsprechendem Risikoprofil (Alkoholabusus, metabolisches Syndrom) sollte im ersten Schritt der FIB4-Wert bestimmt werden. Bei Patient:innen mit einem Score ≥ 1,45 sollte eine Bestimmung der Lebersteifigkeit mittels Fibroscan durchgeführt werden. Liegt eine erhöhte Steifigkeit vor (≥ 8 kPa), sollten weitere diagnostische Maßnahmen angedacht werden.
Die Kombination von Cilofexor und Firsocostat zur Behandlung der nichtalkoholischen Steatohepatitis und fortgeschrittenen Fibrose (F3/F4) konnte Histologie und Entzündungsaktivität nicht verbessern. Damit bleiben Änderungen des Lebensstils die einzigen wirksamen Interventionen. Patient:innen mit NAFLD und gleichzeitig bestehendem Typ-2-Diabetes sollten eine GLP-1-Rezeptor-Agonisten-Therapie erhalten, die mit einer Abnahme der Serumkonzentration von Gamma-GT, einer Abnahme der Steatose und einer Verbesserung der Entzündungsaktivität und Fibrose assoziiert ist. Eine Cholesterin- und fettreiche Diät führte bei Mäusen im Gegensatz zu einer Cholesterin-armen, fettreichen Diät oder Kontrollfutter über 14 Monate zur Entstehung einer Steatose, NASH und Fibrose sowie von HCC. Die Hemmung der körpereigenen Cholesterin-Synthese mithilfe von Atorvastatin konnte die Dysbiose korrigieren und die Entstehung von Tumoren verhindern.
Mit Bulevirtid steht in Europa erstmals eine zugelassene Behandlung für die Therapie der Hepatitis D zur Verfügung, die bei einem Großteil der Patient:innen zu einem signifikanten Abfall der Viruslast und einer Normalisierung des Serum-ALTs führt.
Ein wiederkehrender Aszites stellt im klinischen Alltag eine häufige Komplikation bei zirrhotischen Patient:innen dar, die nur durch Anlage eines transjugulären intrahepatischen portosystemischen Stent-Shunts (TIPSS) kontrolliert werden kann. Die Behandlung des rekurrenten Aszites mit TIPSS führt zu einer Reduktion der Mortalität, des Bedarfs an Albumin-Infusionen und der Zahl an Krankenhaustagen. Ein Stent, dessen Durchmesser auch nach Anlage entsprechend der Symptome verändert werden kann, verbesserte im Vergleich zu TIPSS mit fixem Durchmesser die 1-Jahres-Mortalität, verringerte die Anzahl an Enzephalopathie-Episoden und stabilisierte die Herzfunktion.
Durvalumab ist ein neuer PDL1-Inhibitor für die Behandlung des fortgeschrittenen HCC. Im Rahmen der HIMALAYA-Studie wurde die Wirksamkeit einer Durvalumab-Monotherapie bzw. die Kombination mit einmaliger Gabe des CTLA-4-Inhibitors Tremelimumab hinsichtlich der Verlängerung des Gesamtüberlebens mit Sorafinib verglichen. Die Monotherapie mit Durvalumab war der Behandlung mit Sorafinib nicht unterlegen. Die duale CPI mit einmaliger Gabe von Tremelimumab war mit einer signifikanten Verbesserung des Gesamtüberlebens verbunden. Die Bestimmung von CRP und AFP kann helfen, Patient:innen zu identifizieren, die von einer Therapie mit CPI profitieren.
Quelle: basierend auf einem Vortrag von Thomas Reiberger (Wien) im Rahmen der 55. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Gastroenterologie und Hepatologie (ÖGGH), Sitzung 6: 12 Monate in 90 Minuten: Was haben wir im vergangenen Jahr an klinisch Relevantem dazugelernt?; 9. 9. 2022