Die CAR-T-Zell-Therapie hat über die letzten Jahrzehnte eine beeindruckende Entwicklung vollzogen. Seit dem ersten erfolgreichen klinischen Einsatz in der Hämatologie im Jahr 2011 sind mittlerweile sechs Konstrukte für verschiedene hämatologische Neoplasien zugelassen. Beim multiplen Myelom (MM) wurde 2021 mit Ide-cel das erste gegen BCMA gerichtete CAR-T-Zell-Konstrukt zugelassen, 2022 ist Cilta-cel gefolgt.
In die beiden Zulassungsstudien KarMMa1 und CARTITUDE-12 wurden Patient:innen nach zumindest drei vorangegangenen Therapielinien inklusive einem Proteasominhibitor (PI), einer immunmodulatorischen Substanz (IMiD) und einem gegen CD38 gerichteten monoklonalen Antikörper (CD38-Ak) eingeschlossen. In beiden Studien hatten die Patient:innen im Median sechs vorangegangene Therapien, ein Großteil der Patient:innen war Triple-Class refraktär (84 % bzw. 88 % in KarMMa bzw. CARTITUDE-1). Die Ergebnisse der KarMMa Studie zeigten ein medianes PFS von 8,8 Monaten, das Nebenwirkungsprofil mit CRS, ICANS und Hämatotoxizität lag im für eine CAR-T Zell-Therapie erwarteten Bereich. Das mPFS in der CARTITUDE-1-Studie sticht mit 34,9 Monaten besonders hervor und übertrifft alle bisherigen Therapieansätze beim rezidivierten/refraktären MM. Beachtenswert ist die Neurotoxizität bei Cilta-cel, die sich neben dem in der Regel gut kontrollierbaren ICANS durch Parkinson-artige Symptombilder, Hirnnervenausfälle und periphere Neuropathien auszeichnet. Zusätzlich zu den Zulassungsstudien stehen mittlerweile auch Ergebnisse randomisierter Phase-III-Studien zu Ide-cel und Cilta-cel zur Verfügung. Die KarMMa-33 Studie untersuchte Ice-cel bei Patient:innen nach zwei bis vier Therapielinien inklusive PI, IMiD und CD38-Ak im Vergleich zu einer Standardtherapie. Eine Therapie mit Ide-cel resultierte in einem signifikant längeren mPFS von 13,8 Monaten versus 4,4 Monaten im Kontrollarm (HR 0,49; 95%-KI: 0,38–0,63). In die CARTITUDE-44 Studie konnten Patient:innen nach einer bis drei Therapielinien nach Vortherapie mit PI und IMiD und bei Lenalidomid-Refraktärität eingeschlossen werden. Das mPFS wurde hier für die Therapie mit Cilta-cel noch nicht erreicht und betrug im Kontrollarm 11,8 Monate (HR 0,26; 95 %-KI: 0,18–0,38). Randomisierte Vergleichsuntersuchungen von Ide-cel und Cilta-cel stehen nicht zur Verfügung, allerdings wurden indirekte gematchte Analysen (MAIC) durchgeführt, die eine potentere Wirkung mit längerem PFS von Cilta-cel nahelegen.5,6 Weitere Daten aus größeren Studien und mit Real-World Patientenkollektiven bleiben abzuwarten.
Für die Patientenselektion können die Auswahlkriterien der österreichischen CAR-T-Zell-Plattform7 herangezogen werden, wobei vor allem bei Nierenfunktion und ECOG beim MM basierend auf Real-World-Daten großzügigere Grenzwerte akzeptabel sind.8,9 Risikofaktoren für ein schlechteres Ansprechen auf eine CAR-T-Zell-Therapie sind ein ISS III, Hochrisiko-Zytogenetik, hohe Tumormasse und extramedulläre Raumforderungen. Speziell auf die CAR-T-Zellen bezogen wirken sich erhöhte inflammatorische Biomarker (z.B. CRP, Ferritin, IL-6) sowie ein „exhausted“ T-Zell-Profil negativ auf das Ansprechen aus.10,11 Bei der Therapieauswahl sollten darüber hinaus Risikofaktoren für ein erhöhtes Neurotoxizitätsrisiko, wie hohe Tumormasse, CRS ≥ 2, ICANS sowie neurologische Vorerkrankungen, ebenso wie Risikofaktoren für protrahierte Zytopenien mit entsprechend erhöhtem Infektionsrisiko, wie erhöhte inflammatorische Biomarker und präexistente Zytopenien, beachtet werden.12,13