Priv.-Doz. DDr. Jakob Riedl
Klinische Abteilung für Onkologie, Universitätsklinik für Innere Medizin, Medizinische Universität Graz
Können bei PatientInnen mit fortgeschrittener und therapierefraktärer Krebserkrankung anhand einer molekulargenetischen Blutuntersuchung von zirkulierender Tumor-DNA (ctDNA) molekulare Therapieziele für eine zielgerichtete personalisierte Tumortherapie gefunden werden und wenn ja, bringt diese Therapie einen klinischen Benefit? Die an der Medizinischen Universität Graz durchgeführte „Individualized cancer treatment (ICT)“ Phase-II-Pilot-Studie hat dieses innovative Konzept erstmals untersucht.
Design
In die Studie eingeschlossen wurden 24 PatientInnen mit unterschiedlichen Krebserkrankungen nach Ausschöpfung aller evidenzbasierten Therapielinien, welche sich noch in einem guten Allgemeinzustand präsentierten und als therapietauglich eingestuft wurden. Zur Erstellung eines molekularen Tumorprofils wurde eine Blutabnahme zur Analyse von ctDNA durchgeführt und den PatientInnen eine optionale Tumorbiopsie zur molekulargenetischen Untersuchung des Tumorgewebes angeboten. Nach Vorliegen der Sequenzierungsergebnisse wurde für jeden Patienten/jede Patientin ein individueller molekulargenetischer Bericht erstellt, dieser im Rahmen eines molekularen Tumorboards diskutiert und anhand des molekularen Tumorprofils eine Therapieempfehlung ausgesprochen. Primärer Endpunkt der Studie war das progressionsfreie Überleben (PFS) unter der zielgerichteten Therapie verglichen mit dem PFS der letzten evidenzbasierten Therapielinie, wobei das Erreichen einer PFS Ratio > 1,2 als Erfolg festgelegt wurde. Die sekundären Endpunkte waren der Anteil an PatientInnen, für welche passend zum molekularen Profil eine zielgerichtete Therapie definiert werden konnte, die radiologische Ansprechrate sowie das Gesamtüberleben.
Ergebnisse
Anhand der molekulargenetischen ctDNA-Analyse konnte bei 17 der 24 PatientInnen ein molekulares Tumorprofil erstellt werden, und bei 11 PatientInnen wurde anhand des molekularen Profils eine zielgerichtete Therapie festgelegt. Schlussendlich haben acht PatientInnen die geplante Therapie erhalten und bei zwei davon konnte ein numerisch längeres PFS gegenüber der letzten evidenzbasierten Therapie erreicht werden. Hinsichtlich des primären Endpunkts der Studie konnte bei keinem der acht therapierten PatientInnen das vorab definierte Ziel einer PFS Ratio >1,2 erreicht werden und die Studie wurde daher vorzeitig beendet.
Ausblick
Trotz des fehlenden Erreichens des primären Endpunkts zeigen die Ergebnisse der ICT-Studie, dass die Analyse von ctDNA großes Potenzial für zukünftige Präzisionsonkologie-Studien in sich birgt. Aufbauend auf den Erkenntnissen durch die ICT-Studie initiieren wir nun eine multizentrische Studie, die unter dem Namen SOUND laufen wird und neben einem 324 Gene umfassenden Cancer Gene Panel noch weitere Biomarker wie die Tumor-mutational-burden in die Therapiefindung miteinbezieht.
OeGHO 2021, POSTER KLINISCHE STUDIEN
Jakob Riedl, Graz: Molecular-biological tumor profiling for drug treatment selection in patients with advanced and refractory carcinoma: a prospective Phase II trial