Die rezent publizierten ESMO-Guidelines 2021 bringen grundlegende Änderungen in der Erstlinientherapie des Multiplen Myeloms mit sich, bei Patienten im Transplant-Setting, aber auch bei Patienten, die nicht für eine autologe Stammzelltransplantation (ASZT) in Frage kommen – etwa dahingehend, dass CD38-Antikörpern nun ein fixer Stellenwert zugesprochen wird. Bei Patienten, die für eine Hochdosistherapie mit ASZT geeignet sind, wird eine Induktionstherapie mit Bortezomib/Lenalidomid/Dexamethason (VRD) und Bortezomib/Thalidomid/Dexamethason (VTD) klar empfohlen. Die Induktionstherapie hat einen großen Stellenwert für das Erreichen tiefer Remissionen, wobei MRD-Negativität nachweislich mit einem besseren Outcome vergesellschaftet ist. Die Rolle von CD38-Antikörpern zur Verstärkung einer solchen MRD-Negativität konnte in zahlreichen Studien nachgewiesen werden. Darüber hinaus ist die Rolle der ASZT klar gefestigt als Therapieempfehlung für fitte Patienten.
Auch im relapsierten Setting ergibt sich durch die aktualisierten ESMO-Guidelines einiges an Neuerungen. Herausfordernd in diesem Setting sind Bortezomib- oder Lenalidomid-refraktäre Patienten, für die grundsätzlich zwischen IMiD-freien und IMiD-basierten Therapieoptionen gewählt werden kann. Bei den IMid-basierten Kombinationen bildet Pomalidomid den Schwerpunkt (in Kombination mit Daratumumab, Isatuximab oder Elotuzumab). Fällt die Entscheidung auf eine IMiD-freie Option, zeigt Carfilzomib/Dexamethason in Kombination mit Daratumumab (CANDOR-Studie) bzw. Isatuximab (IKEMA-Studie) beeindruckende und in diesem Setting noch kaum gesehene PFS-Daten. Belantamab-Mafodotin (eine BCMA-spezifische Substanz) und Selinexor (ein XPO1-Inhibitor) sind weitere neue Substanzen, die mittlerweile in Kombinationsstudien im relapsierten Setting untersucht werden. Zahlreiche (frühe) Daten liegen auch zu bispezifischen Antikörpern (gegen BCMA oder andere Oberflächenantigene gerichtet) vor. Mit Idecabtagen Vicleucel (Ide-Cel; KarMMa-Studie) und Ciltacabtagen Autoleucel (Cilta-Cel; CARTITUDE-Studie) stehen für sehr stark vorbehandelte Patienten zudem zwei Anti-BCMA-CAR-T-Konstrukte zur Verfügung, deren Zulassung bald erwartet wird.
Wie der Stellenwert dieser einzelnen, vor allem der neuen Substanzen einzuordnen ist und wo diese optimal zum Einsatz kommen, bleibt mit Spannung abzuwarten.
OeGHO 2021, MULTIPLES MYELOM
Maria Krauth, Wien: Therapieoptionen beim MM: die nächste Generation – neue Konzepte und Möglichkeiten in der Entwicklung