„Das Gesundheitswesen im Allgemeinen und die chirurgischen Fächer im Speziellen stehen vor wachsenden Herausforderungen“, stellte der Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Chirurgie Prof. Dr. Dietmar Öfner-Velano zur Eröffnung des diesjährigen Chirurgenkongresses fest. Nicht wenig verwunderlich daher, dass der roten Faden durch das umfangreiche Kongressprogramm dem Hauptthema „Leadership“ gewidmet war. Führungspersönlichkeiten sind nach Ansicht der Experten dringend gefragt, um Lösungen für die vielfältigen Anforderungen – allen voran die Ressourcenknappheit – zu finden. Fragen der Qualität und Sicherheit wurden ebenso diskutiert wie die Arbeitszeitregelungen oder die kommenden Änderungen der EU-Medizinprodukte-Verordnung, die von AUSTROMED-Geschäftsführer Mag. Philipp Lindinger vorgestellt wurden.
Doch was steckt hinter der Forderung nach Führung, nach einem Alphatier, dem es sich zu folgen lohnt? Derartige Vorbilder gab es in der Chirurgie schon immer, wie etwa Theodor Billroth, Julius von Hochenegg oder Franz Schuh. Ihnen gemeinsam waren die Entschlossenheit, die Zuversicht und der Mut, mit dem sie Ziele verfolgten und Verantwortung übernahmen und – neuzeitlich formuliert – „Mitarbeiter zu Fans“ machten.
Gerade in der Chirurgie ist der Anspruch besonders hoch, denn Chirurgen überschreiten tagtäglich Grenzen zwischen Leben und Tod, sind mit einer weitreichenden Patientenverantwortung konfrontiert und gezwungen, rasch und unter hoher körperlicher und psychischer Belastung Entscheidungen zu treffen. Die Autorität des Chirurgen im OP ist ungebrochen und gleichzeitig stellt sich die Frage, wie zeitgemäß das noch ist. Vor allem jüngere Mitarbeiter erwarten Autoritäten, aber auch Vorgesetzte, die auf Augenhöhe kommunizieren. Sie fordern klare Vorgaben, aber auch möglichst viel persönlichen Entfaltungsraum. Sie wollen Transparenz und klare Strukturen sowie vorgegebene Ausbildungspfade. Umso mehr müssen ältere Chirurgen Vorbilder, Mentoren und Kommunikatoren sein und weit mehr „bringen“, als nur hervorragende medizinische Expertise zu haben und gut operieren zu können. Doch für all diese emotionalen und persönlichen Skills fehlt vor allem eines: die passende Ausbildung. Ein Umstand, auf den es sich zu reagieren lohnt! In diesem Sinne dürfen wir gespannt sein, was der Chirurgenkongress 2017 bringen wird.