Durchaus positive Stimmung brachten die beiden Keynotespeaker Arnold Herzog, Head of Business Development and Invoice Processing in der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES), sowie Mag. Gregor Mandlz, Abteilung Innovation medizinischer Versorgung und Arzneimittel im Dachverband der Sozialversicherungsträger, mit.
Sie präsentierten das Konzeptionsprojekt für Bewertungskriterien von DiGA und künftige Erstattungsentscheidungen. „Sowohl Patientinnen und Patienten als auch Ärztinnen und Ärzte werden sich die Frage stellen, wo der Nutzen der App liegt oder wie es mit dem Datenschutz und der Sicherheit aussieht. Für uns ist es daher wichtig, im Erstattungsprozess beide Zielgruppen mit an Bord zu haben“, sagt Herzog. Gleichzeitig gilt es, wichtige Eckpunkte der Gesundheitspolitik wie die Entwicklungen rund um ELGA, die Ergebnisse des Finanzausgleichs oder die E-Health-Strategie einzubeziehen. „Die Systeme müssen interoperabel sein. Einen Medienbruch wie in Deutschland, bei dem Anwenderinnen und Anwender einen ausgedruckten Code erhalten, wollen wir auf jeden Fall vermeiden“, sagt Mandlz. Die Kosten hat der Sozialversicherungsvertreter jedenfalls immer im Blick: „Anders als zum Beispiel der Krankheitsbegriff der WHO ist der Krankheitsbegriff der Sozialversicherung in der Krankenbehandlung ausreichend zweckmäßig, das Maß ist notwendig, nicht überschreitend, und das ist unsere Messlatte für den Aufwand, der auch mit der App nicht aus dem Ruder laufen darf. Das Budget ist begrenzt, daher stehen der medizinische Nutzen und die Compliance der Userinnen und User immer im Fokus.“
„Uns ist wichtig, dass es der Prozess keine Blackbox ist. Die Einreichung wird künftig wahrscheinlich über eine Plattform funktionieren, wo auch eine technische und fachliche Validierung sowie das Nachreichen von Fehlendem möglich sein werden“, sagt Herzog.
Projektziel ist es, einen Prozess für die Bewertung von qualitätsgesicherten Gesundheitsanwendungen zu entwickeln. Dazu müssen digitale Gesundheitsanwendungen, Schnittstellen und die Assessment-Kriterien, die bewertet werden sollen, definiert werden. Das erfolgt anhand von ausgewählten Pilotanwendungen. In dieser Phase soll auch festgestellt werden, ob und welche Gesetzesänderungen erforderlich sind. „Beim Assessment liegen wir nicht weit weg von den in Deutschland geforderten Kriterien. Das heißt, wer dort schon den Prozess durchlaufen hat, wird kein großes Problem haben, das in Österreich durchzubekommen“, so Herzog. Die Einbindung aller relevanten Akteurinnen und Akteuren die Schaffung rechtlicher Rahmenbedingungen und die Sicherstellung der Interoperabilität zwischen den Systemen sind wesentliche Punkte, die in den kommenden Monaten im Fokus stehen werden.
„Klar ist, dass DiGA Medizinprodukte sind, die zur Erkennung, Überwachung, Behandlung und Verhinderung von Krankheiten oder Erkennung, Behandlung und Kompensierung von Verletzungen eingesetzt werden, aber nicht der Primärprävention dienen sollen. Ihre Hauptfunktion ist die Herstellung des medizinischen Nutzens und dieser soll eben durch die Technologien erbracht werden können“, ergänzt Mandlz. Grundsätzlich soll die DiGA von Patientinnen und Patienten allein oder auch gemeinsam mit den Leistungserbringenden genutzt werden können. DiGA sind mobile Applikationen, die telemedizinische Funktionen beinhalten können, aber: „Reine Telemedizin schließen wir aus“, so Mandlz.
Ein zentraler Punkt ist die Abgrenzung zwischen den Begriffen „Bewertung“ und „Erstattungsentscheidung“: „Während sich die Bewertung auf die qualitative und funktionale Analyse der digitalen Anwendungen konzentriert, bezieht sich die Erstattungsentscheidung auf die Frage, ob und wie diese Anwendungen in das österreichische Gesundheitssystem integriert werden können“, betont Mandlz.
Insgesamt erhoffen sich Herzog und Mandlz eine schnelle Durchlaufzeit des Bewertungsprozesses. Die Erstattung der ersten DiGA könnten 2026 erfolgen. Für die Pilotierungsphase wurden 4+1 Anwendungen ausgewählt. „Die Länder wollten auch die Herz-Mobil-App integrieren, die per se kein Medizinprodukt ist, aber vor allem im Hinblick auf die Verbindung zu ELGA und dem telemedizinischen Bereich Erfahrungen bieten kann“, erklärt Herzog das „Plus 1“.
In der anschließenden Podiumsdiskussion, moderiert von AUSTROMED Vorständin Mag.a (FH) Christine Stadler-Häbich, sagt Mag.a Dr.in Maria-Luise Plank, Juristin bei GP-LAW, dass der Weg, wie DiGA tatsächlich bis zu den Userinnen und Usern kommen, noch spannend ist und es auch Rechtsmittel braucht, wenn eine Zulassung abgelehnt wird. Daniel Amann, stellvertretender Sprecher der AUSTROMED-Arbeitsgruppe DiGA, hofft auf grenzüberschreitendes Denken: „Es wäre hilfreich, wenn eine DiGA-Anerkennung aus Deutschland auch für Österreich und dann diese für das übrige Europa möglich wäre. Das würde den Herstellern den Markteintritt wesentlich erleichtern.“ Philipp Steininger, Sprecher der AUSTROMED-Arbeitsgruppe DiGA, beobachtet, dass die Hersteller zwar noch verhalten sind, jedoch viele schon in den Startlöchern stehen: „Deutsche Hersteller beobachten genau, wie es in Österreich mit der Erstattung weitergehen wird, und es formen sich bereits erste Vertriebskooperationen. Wichtig ist, und das zeigt sich, DiGA können Innovationen schnell zu den Betroffenen bringen.“ Wie der aktuelle Prozess zeigt, scheint ein gemeinsamer Wille zu raschen und flexiblen Lösungen bei den Stakeholdern zumindest gegeben.