Anfang Juni ist Salzburg Schauplatz einer der wichtigsten Veranstaltungen des Landes im Bereich der Chirurgie. Das Hauptthema „Chirurgie im Wandel der Zeit – Tradition und Paradigmenwechsel“ soll aufzeigen, welche Innovationen zum heutigen Stand der Spitzenchirurgie geführt haben und derzeit Standard sind sowie welche Zukunftsperspektiven es gibt. „Wir werden mit Vorträgen und Abstracts darstellen, was sich in den letzten zwei Jahrzehnten gewandelt hat – auch auf dem Gebiet der Medizinprodukte“, gibt Kongresspräsident Univ.-Prof. Dr. Hans Werner Waclawiczek, Paracelsus Privatuniversität Salzburg (PMU), Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Chirurgie und Vorsitzender der Fortbildungsakademie, Einblick.
Medizinprodukte spielen in der Chirurgie eine wesentliche Rolle. „Alleine in der Allgemeinchirurgie durch Einführung der laparoskopischen Methoden gibt es eine enorme Bandbreite von Medizinprodukten“, weiß Waclawiczek. Diese Vielfalt macht eine laufende Weiterbildung im Rahmen von Kongressen und Veranstaltungen notwendig, um am Ball zu bleiben. Nicht nur in der laparoskopischen Chirurgie, auch in der Endoskopie bzw. bei innovativen minimal-invasiven Eingriffen sind neuartige Medizinprodukte erforderlich. Hier kommt es laut Waclawiczek zu einer derartigen Fülle an neuen Produktentwicklungen, dass sich mancher Chirurg dadurch regelrecht überschwemmt fühlt.
„Derzeit drängen viele neue Produkte auf den Markt“, ergänzt der Kongresspräsident. „Viele aus Asien zu Dumpingpreisen, die bis zu 30 Prozent billiger sind.“ Gerade in Zeiten, in denen auch im Gesundheitswesen jede Investition gut überlegt werden muss, macht diese Schwemme die Angelegenheit im Krankenhaus nicht leichter. „Wir Chirurgen müssen uns darauf verlassen können, dass die Qualität der Produkte stimmt – immerhin handeln wir im Auftrag der Gesundheit unserer Patienten“, erläutert Waclawiczek die Problematik, wenn die Qualität anhand von Erfahrungswerten noch nicht gesichert ist.
„Erst kürzlich habe ich in The Lancet gelesen, dass Medizinprodukte eine Halbwertszeit von 2,7 Jahren aufweisen“, erläutert der versierte Chirurg. „Das bedeutet, dass ein gutes Produkt nach nur 2,7 Jahren zur Hälfte schon wieder überholt ist.“ Die Budgetlage der Krankenhäuser bedingt, dass nicht mehr bestellt werden kann, was man will. Anschaffungsgenehmigungen durchlaufen vorab diverse Gremien, um festzustellen, ob der Erwerb notwendig ist. „Dieser zunehmende administrative Aufwand braucht Zeit und kann dazu führen, dass man Entwicklungen verschläft“, warnt Waclawiczek und hat damit eines der schlagendsten Argumente für den Kongress bzw. dessen Produktpräsentationen in der Hand. „Der Chirurgenkongress deckt alle chirurgischen Fächer ab“, sagt der Kongresspräsident. „Und alle diskutieren über die Innovationen im Bereich der Medizinprodukte.“
Waclawiczek ist außerdem seit 18 Jahren Leiter der Fortbildungsakademie und sieht es als wichtige Aufgabe, junge, in der Ausbildung stehende Chirurgen wie in einer „theoretischen Berufsschule“ durch die Seminare zu begleiten. Für sie stellt der Chirurgenkongress ein optimales Forum für die Aneignung von hochaktuellem Know-how dar – über Methoden, Trends, Probleme sowie das technische Equipment, die Medizinprodukte. „Die Chirurgie befindet sich in einem gigantischen Fluss. Die nächsten 20 Jahre Chirurgie werden wieder ganz anders aussehen als die letzten 20“, resümiert Waclawiczek. „Was ich mir allerdings wünsche ist, dass wir die Jungen fördern und wieder vermehrt zu unserem Beruf animieren können. Wir haben bereits ein latentes Nachwuchsproblem in den chirurgischen Fächern und sind damit in Europa nicht alleine.“ Auch das wird ein wichtiges Thema des Kongresses sein.