Knapp zwei Jahre ist es her, seit aescuvest, die erste europäische Crowdinvesting-Plattform speziell für Beteiligungen an Unternehmen im Gesundheitsmarkt, ihren erfolgreichen Start gefeiert hat. Im Mittelpunkt des Business steht die Förderung von Geschäftsideen im medizinischen, technischen und dienstleistungsbezogenen Gesundheitssektor – abseits der klassischen Förder- und Finanzierungsschienen. Start-up-Unternehmer präsentieren online ihre Geschäftsidee und werden durch Crowdinvesting in die Lage versetzt, die Realisierung zu finanzieren. Jeder Anleger kann sich selbst auf Basis der Präsentation von einer Idee überzeugen lassen und entscheidet, wie viel er investieren will. Die Mindestbeteiligung beträgt 250 Euro. Höhere Summen können in 10-Euro-Schritten investiert werden.
Die Idee steht und fällt mit der „Crowd“, also der Masse der Internetuser, ohne die das Finanzierungskonzept wohl nie zu seinem Hype gelangen konnte. Sie wird als Quelle nicht nur für künftiges Kapital, sondern auch für die Einschätzung des Marktpotenzials genutzt, denn die sogenannte „Intelligenz des Schwarms“, also der Masse der User, kann schon als potenzieller Testmarkt bewertet werden. Marktforscher nützen längst das Wissen und die Macht der „Crowd“, um ihre Produktentwicklungen an die Bedürfnisse der Käufer zu adaptieren, oder sammeln aus Foren und Netzwerken wichtige Information für ihr Business. Auch bei Crowdfunding oder Crowdinvesting setzen die Jungunternehmer auf das Wissen dieser User und ihre Bereitschaft, eine Idee auch finanziell zu unterstützen. Je mehr Menschen den Businessplan schon im Vorfeld gut finden, umso eher ist auch ein künftiger Erfolg zu erwarten. Taugt eine Geschäftsidee nicht, wird sie die erforderliche „Like“-Hürde in Form von Kapital nicht schaffen.
Während für Bankkredite oder -darlehen Sicherheiten nötig sind, die gerade Jungunternehmer oder Gründer nicht immer mitbringen können, ganz zu schweigen von positiven Bilanzen oder Erfolgszahlen, braucht man gegenüber der Crowd vor allem eines: Sympathie. Ein Wert, der, in Zeiten, in denen staatliche Fördergelder und die Kapazitäten für Mikrokredite knapp werden sowie die Konkurrenz an Jungunternehmern mit kreativen Ideen wächst, Crowdfinanzierungen zu einer attraktiven Alternative werden lässt. So manche Zahl – wenn auch nicht im Gesundheitswesen – lässt aufhorchen: Innerhalb von nur 32 Stunden wurden für „Omi’s Apfelstrudel“, dem weltweit ersten Apfelstrudelsaft, von 231 Investoren immerhin 249.990 Euro lockergemacht. Schon mit 250 Euro werden Fans zu Investoren und erhalten einen Anteil am Gewinn und Wert des Unternehmens.
Crowdfunding war lange Zeit vor allem im Kreativ- und Sozialbereich erfolgreich, mittlerweile gibt es kaum eine Sparte, die davon nicht profitiert. So hat sich etwa in Österreich vor knapp zwei Jahren mit www.inject-power.at die erste Plattform für Wissenschaftsfinanzierung etabliert. Als Partner sind die Ludwig Boltzmann Gesellschaft (LBG), das Naturhistorische Museum Wien (NHM), das Österreichische Archäologische Institut (ÖAI), das Institut für Molekulare Biotechnologie IMBA und DEBRA Austria – Hilfe für Schmetterlingskinder mit im Boot. Die Projekte reichen von neuen Heilungsmethoden bei Kreuzbandriss bis hin zur Dokumentation privater historischer Dokumente. Jedoch kaum ein Projekt hat derzeit mehr als 500 Euro Unterstützung erhalten, ein Blick auf die „Media Relations“-Seite zeigt möglicherweise auch den Grund dafür: Die letzte Presseaussendung ist Jahre alt, die Seite nicht gewartet und ein adäquater Ausdruck der Wertschätzung – zum Beispiel in Form von Rendite, Beteiligung oder Testprodukten – für die einzelnen Geldgeber fehlt. Das Beispiel zeigt deutlich, dass Crowdfunding mehr braucht als nur eine gute Idee und einen Eintrag auf einer Crowdfunding-Plattform. Am Anfang steht ein Pitch-Video, in dem die Idee der Community präsentiert wird. Zentrales Element ist die klare Abgrenzung für den Investor, also wie viel Geld wofür genau aufgestellt werden soll. Das zu finanzierende Projekt muss dem potenziellen Geldgeber etwas wert sein, daher zählt ein gelungener Mix aus Sympathie und Argumenten – und die intensive Beschäftigung mit klassischer Online-PR.
Trotz innovationshemmender Sparpläne und dem verständlichen Wunsch nach neuartigen Finanzierungquellen fehlen im heimischen Gesundheitssektor nach wie vor also kreative Plattformen wie etwa die deutsche aescuvest. Die erste Investmentchance wurde hier im Herbst 2015 vorgestellt, seitdem wurden Geschäftsideen mit insgesamt über 700.000 Euro finanziert. Die Crowdinvesting-Plattform als ein digitaler Marktplatz will die Gesundheitsversorgung in Deutschland verbessern – und zwar mit Unterstützung jedes einzelnen Bürgers. Als „Geburtshelfer für gute Ideen“ bringt aescuvest Innovatoren im Medizinbereich mit Geldgebern zusammen und schafft eine klassische Win-win-Situation. Auf der Website www.aescuvest.de präsentieren Gründer aus der Medizin ihre innovativen Ideen. Private und institutionelle Anleger können sie mit Investments ab 250 Euro unterstützen. Das gesammelte Kapital von meist 100.000 Euro bis 400.000 Euro verwenden die Gründer dazu, ihre Produkte vom Prototypen bis zur Marktreife zu entwickeln. Die Investoren profitieren von attraktiven Renditekonditionen.
So wurden zum Beispiel zwei Medizintechnik-Projekte mit über 350.000 Euro erfolgreich finanziert. Insgesamt 363.650 Euro steckten Investoren in snakeFX, ein neuartiges Fixationssystem zur Erstversorgung offener Knochenbrüche, das unter anderem in Krisengebieten zum Einsatz kommen soll, sowie Activoris, eine Strategieberatung, die junge Start-ups in der Medizintechnik-Branche berät. Auch der elektrische Rollator „ello“ überzeugte die Crowd. Er basiert auf einem handelsüblichen Rollator und wird mit elektrischem Antrieb, Bremse, GPS-Notruf und Licht nachgerüstet. Aufgrund des großen Erfolges wurde im Oktober 2016 das Biotechnologie-Portal BIOstartr.com übernommen, um das Know-how im wachstumsstarken Biotech-Sektor zu schärfen und auch Start-ups aus diesem Bereich anzusprechen.
Für die europaweit einzige auf den Healthcare-Sektor spezialisierte Plattform sind Vertrauen und Transparenz besonders wichtig. Anleger erhalten die treuhänderische Absicherung der bereitgestellten Mittel und eine attraktive Verzinsung bei erfolgreichen Projektverläufen. Im Gegenzug erhält jedes Start-up nicht nur Zugang zu einer Finanzierungsquelle, sondern auch zu einem Netzwerk in der Gesundheitswirtschaft, das ein wichtiger Starthelfer bei der Realisierung einer Geschäftsidee bzw. beim Marktstart eines neuen Produkts sein kann.
Im Gespräch mit Dr. Patrick Pfeffer, Geschäftsführer, aescuvest
Ja sicher! Man muss sich aber der Tatsache bewusst sein, dass wir im Risikokapitalbereich unterwegs sind, die Menschen sind auch hier angehalten, das Risiko zu streuen und auf ein entsprechend breites Portfolio zu setzen. Wer gute Projekte fördert, wird sich auch über gute Rendite freuen können.
Wir sind ein Team von Healthcare-Spezialisten, die sehr gut mit Acceleratoren oder Förderinstitutionen vernetzt sind. Wir wissen, dass der Bedarf an medizinischen Lösungen laufend steigt. Der Markt ist sehr stark reguliert und dass er überhaupt „crowdfähig“ wird, hat auch einen hohen edukativen Anspruch. Menschen haben zunehmend besseres Wissen über ihre Gesundheit und werden ihre eigenen Gesundheitsmanager. Da muss es doch auch möglich sein, sie zu motivieren, in ihre medizinische Versorgung zu investieren.
Einen Antrag auf Fördergelder zu schreiben kommt einer Dissertation gleich, der Aufwand ist ungleich höher als bei Crowdinvesting. Zusätzlich haben wir hier auch gleich einen wichtigen Marketingaspekt integriert, der den Start-ups immer wichtiger wird. Folgefinanzierungen kamen leichter, Bestellungen sind sofort eingelangt, der Markteintrittseffekt war ungleich größer. Wer einen Kreditvertrag ausfüllt, bekommt vielleicht Geld, aber keine Publicity.
Alle eingehenden Projektvorschläge werden von einem wissenschaftlichen Beirat geprüft, der passende Ideen auswählt. Das Expertengremium setzt sich aus Fachleuten der Gesundheitsbranche wie zum Beispiel Medizinrecht, Medizintechnik und Digital Health zusammen. Ein Investorenbeirat prüft die betriebswirtschaftlichen Voraussetzungen. Nur rund fünf Prozent der Finanzierungsanfragen landen so überhaupt auf der Plattform. Im Jahr 2017 werden 15 neue Projekte auf die Plattform kommen – das ist der Faktor 3 zu bisher, der Trend zeigt steil nach oben!
Wir begleiten die Unternehmen nicht nur über die Kampagnendauer von acht Wochen, sondern auch über den gesamten Finanzierungszeitraum über drei bis sieben Jahre. In diesem Zeitraum berät aescuvest vor allem in der Kommunikation mit den Anlegern. Start-ups, die bei aescuvest um Investitionsmittel werben, profitieren von vielen Kooperationen, die wir haben. PR-Begleitung, Social Media Marketing, aber auch Newsletter direkt zu über 200.000 Entscheidungsträgern sind dabei inkludiert. Wir wollen, dass sich das Start-up um das Kerngeschäft kümmert, alles andere übernehmen wir.
Es gibt welche in den USA und Frankreich, eine deutsche steht kurz vor dem Start.
Wir wollen uns heuer überhaupt in Europa breiter aufstellen, da wird die DACH-Region sicher im Vordergrund stehen.
Weil man sehr viel Spezialwissen braucht, um die richtige Entscheidung treffen zu können. Außerdem dauern Produktentwicklungen gerade in der Pharmaindustrie viele Jahre. Wir haben uns daher auf den Medizintechnik-Markt und Digital Health spezialisiert, wo auch die Zeitspanne bis zur Marktzulassung kürzer ist.
Wir nehmen das sportlich. Natürlich wird es mit Regulierungen immer enger, aber das heißt nicht, dass der Bedarf an Innovationen weniger wird. Und der Erfolg gibt uns bereits recht: Einige Start-ups zahlen bereits ihre ersten Zinsen an die Anleger zurück. Die Zeit ist auf unserer Seite!
Doch, das kommt. Zwei Themen stehen auf der Warteliste für das heurige Frühjahr. Unsere Entwicklungsthemen für 2017 sind neben der Medizintechnik die digitale Gesundheit, Dienstleistungen, Biotechnologie und Gesundheitsimmobilien.
Ich würde mir auf EU-Ebene wünschen, dass die Voraussetzung für eine Finanzierung von Start-ups erleichtert wird. Die Prospektbefreiung wäre hilfreich, denn es ist ein echter Innovationskiller, wenn ohnehin kein Kapital vorhanden ist und um 50.000 Euro ein Prospekt aufgelegt werden muss. Eine EU-weite Harmonisierung würde auch die Voraussetzung sein, dass wir mit manchen Produkten und Leistungen nicht an den Landesgrenzen haltmachen müssten.