Das Schlusswort: Denken Sie innovativ!

Ich führe oft Gespräche mit jungen Forschern oder Gründern von Start-ups und bin immer wieder beeindruckt von ihrem Engagement und ihrem Zug zum Erfolg, den sie an den Tag legen. Auch wenn sich die ältere Generation selten etwas von den Jüngeren abschauen möchte, so plädiere ich doch dafür, diese Neugier, mit der die junge Generation an Neues herangeht, doch auch einmal in den Arbeitsalltag einfließen zu lassen. Neue Perspektiven werden sich eröffnen, die Sichtweisen ändern sich und wir werden plötzlich wieder Lösungen für Probleme finden, die uns längst aufgrund der scheinbaren Aussichtslosigkeit zermürbt haben. Viele der jungen Forscher oder Gründer sind überzeugt, dass sie Gutes tun wollen und können, haben einen positiven Blick auf den Markt und die Zukunft; im Mittelpunkt steht doch der Patient und nicht die Geschäfte. Erinnern Sie sich noch, dass auch Sie einmal am Beginn der Karriere diesen Zugang hatten? Was hindert uns daran, heute noch einmal allen Mut zusammenzunehmen und ausgetretene Pfade zu verlassen, um nicht dieselben Fehler zu machen, die uns zu einem Status quo geführt haben, der uns nur mehr die negativen Entwicklungen wahrnehmen lässt?

Ich beobachte, dass Institutionen, die bisher die Regeln für unsere Branche, ja für die gesamte Wirtschaft, gemacht haben, längst von der Geschwindigkeit des Marktes überholt werden. Die Regeln hinken weit hinter dem her, was in der Realität tagtäglich stattfindet. Da werden Apps programmiert und bewähren sich erfolgreich am Markt, die keine Rücksicht auf Gewerbeordnungen oder Medizinprodukte-Verordnung nehmen. Uber, AirBnB oder zahlreiche Gesundheits-Apps werden von den Konsumenten angenommen, ohne die Frage nach der „Rechtmäßigkeit“ zu stellen. Für etablierte Unternehmen muss sich das natürlich wie ein Schlag ins Gesicht anfühlen – die einen scheitern an dem Fehlen einer Benannten Stelle in Österreich, die aufgrund zunehmender Bürokratie ihren Dienst quittiert hat, gleichzeitig sprießen Start-ups aus dem Boden, die bestehende Regeln hinterfragen oder auf den Kopf stellen. Innovation ist gut und wichtig, doch dürfen wir diese Entwicklung nicht aus den Augen lassen und müssen eine Symbiose zwischen denen finden, die sich an die geltenden Gesetze halten, und jenen, die ausgetretene Pfade verlassen und heute Marktnischen erschließen, an die wir morgen noch nicht einmal gedacht haben. Start-ups verändern die Wirtschaft überaus dynamisch und positiv, das ist aber dann auch von den Institutionen einzufordern, die heute die Spielregeln dafür festlegen – sie müssen ebenso flexibel, schnell, agil und positiv agieren lernen, sonst verlieren sie den Anschluss an die marktwirtschaftliche Realität.

Dass die Medizinprodukte-Branche und in Folge die Anwender und Patienten trotz allem künftig nicht benachteiligt werden, hat Sektionschef Mag. Dr. Andreas-Ulrich Schuh vom Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft anlässlich unserer Veranstaltung „Medizinprodukte als Erfolgsbeispiel für den Hochtechnologiestandort Österreich“ bekräftigt. Ziel der Strategie ist es, Österreich zu einem weltweit führenden Life Sciences- und Pharmastandort auszubauen. Über 250 Expertisen und Meinungen von Hochschulen, Forschungseinrichtungen, Förderagenturen, Wirtschaft und administrativen Stellen wurden bei der Erstellung des Papiers berücksichtigt. Die Life Sciences-Strategie umfasst ein Paket aus 27 konkreten Maßnahmen in neun Handlungsfeldern wie Grundlagenforschung, Forschungsinfrastruktur, Big Data oder Klinische Forschung. Bleibt zu hoffen, dass diese Strategie auch dazu beiträgt, dass Innovationen am österreichischen Gesundheitsmarkt ankommen und angenommen werden. Dazu ist es erforderlich, dass sich auch diejenigen mit dem Thema intensiv auseinandersetzen, die für die Kostenübernahme verantwortlich zeichnen und erkennen: Innovationen sind möglicherweise ein wenig teurer, sparen aber im Behandlungsprozess deutlich Geld ein!

Ihr

Gerald Gschlössl